Berlin. Finanzminister Lindner plant Änderungen bei den Steuern – unter anderem das Ehegattensplitting wird angepasst. Was ändert sich für Paare?
- Das Ehegattensplitting steht seit Jahren in der Kritik
- Nun will es Finanzminister Lindner anpassen und die Steuerklassen 3 und 5 abschaffen
- Lesen Sie hier, was das für Paare und Familien bedeutet
Das Bundeskabinett will an diesem Mittwoch mehrere Entlastungen bei der Einkommensteuer auf den Weg bringen. Es berät das zweite Jahressteuergesetz von Finanzminister Christian Lindner (FDP). Darin enthalten ist gleich eine mehrfache Anpassung des Grundfreibetrags und des Kinderfreibetrags – einmal rückwirkend für 2024 und dann auch für 2025 und 2026. Die Bundesregierung will zudem die bei Ehepaaren beliebten Steuerklassen 3 und 5 abschaffen. Die Lohnsteuerbelastung soll dadurch gerechter auf Eheleute und Lebenspartner verteilt werden. Die geplanten Änderungen im Überblick:
Was soll beim Ehegattensplitting passieren?
Millionen Ehepaare nutzen bislang für das Splitting die Steuerklassen 3 und 5. Die Koalition hat sich vorgenommen, diese abzuschaffen und in das sogenannte Faktorverfahren in Steuerklasse 4 zu überführen. Dies schaffe mehr Fairness, heißt es im Koalitionsvertrag. Das Splitting an sich bleibt bestehen. Schon jetzt können Paare das Faktorverfahren wählen, müssen es aber nicht. Ab 2030 soll es die Regel werden, die bisherigen Steuerklassen 3 und 5 fallen dann weg. Finanzminister Christian Lindner (FDP) sagte im vergangenen Jahr im Interview dieser Redaktion: „Das verteilt die Steuerschuld gerechter auf beide Partner.“ Der Übergang dauert so lange, weil erst die IT der Länder-Finanzverwaltungen ertüchtigt werden muss.
Was genau hat es mit dem Faktorverfahren auf sich?
Das Verfahren ist eine Variante im Rahmen des Ehegattensplittings. Es führt dazu, dass die steuermindernde Wirkung des Splitting-Verfahrens besser beim monatlichen Lohnsteuerabzug vom eigenen Gehalt berücksichtigt wird und nicht erst bei der gemeinsamen Steuererklärung zum Jahresende. Wählt ein Ehepaar bislang die Steuerklassen 3 und 5, erhält derjenige Partner mit dem höheren Verdienst und Steuerklasse 3 (meistens der Mann) überproportional mehr Netto vom Brutto. Der Partner mit dem niedrigeren Gehalt und Steuerklasse 5 (meistens die Frau) bekommt hingegen deutlich weniger Netto raus. Das ist oft frustrierend für denjenigen Partner, der weniger verdient: Er – oder besser sie – hat oft den Eindruck, dass sich seine Arbeit kaum lohnt.
Greift die Steuerklasse 4 mit Faktorverfahren, ändert sich die steuerliche Gesamtbelastung des Ehepaares nicht: Der eine Partner erhält monatlich etwas weniger, der andere etwas mehr raus. Die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa, sagte dieser Redaktion, die bisherige Praxis führe zu einer Unterbewertung der Erwerbsleistung der Frau. „Gut, wenn die Koalition die Kombination von Steuerklasse 4 für beide Partner mit einem Faktorabzug zum neuen Regelmodell macht.“
Was war noch mal das Ehegattensplitting?
Der Staat fördert die Ehe auch steuerlich. Geben die Partner eine gemeinsame Steuererklärung ab, wird das gesamte zu versteuernde Einkommen des Paares halbiert, die darauf entfallende Einkommensteuer ermittelt und anschließend die Steuerschuld verdoppelt. Bisher können Eheleute die Steuerklassen 3 und 5 wählen oder die Steuerklassen 4/4 mit und ohne Faktorverfahren. Ohne bedeutet: Jeder Ehepartner wird so besteuert wie ein Alleinstehender. Das ist vor allem relevant für Paare, bei denen beide Partner in etwa gleich verdienen.
Welche Änderungen plant der Finanzminister jetzt überdies?
Vorgesehen ist jetzt auch eine Anhebung des Grundfreibetrags in der Lohn- und Einkommensteuer: Er soll noch in diesem Jahr rückwirkend zum 1. Januar um 180 Euro auf 11.784 Euro steigen. Zum 1. Januar 2025 ist eine weitere Anhebung geplant, und zwar dann um 300 Euro auf 12.084 Euro. Anfang 2026 soll der Grundfreibetrag dann abermals um 252 Euro steigen. Der Grundfreibetrag ist die Einkommensgrenze, bis zu der keine Steuern anfallen. Er wird regelmäßig angepasst und gewährleistet, dass das Existenzminimum steuerfrei bleibt.
Wie sieht es mit dem Kinderfreibetrag aus?
Durch den Kinderfreibetrag wird das Existenzminimum von Kindern steuerlich freigestellt. Der Entwurf für ein neues Jahressteuergesetz sieht jetzt vor, dass dieser für den Veranlagungszeitraum 2025 um 60 Euro auf 6.672 Euro steigen soll und für den Veranlagungszeitraum 2026 um 156 Euro auf 6.828 Euro. Die Zahlen zum Grund- und zum Kinderfreibetrag sind nur vorläufig. Sie können sich im Herbst noch einmal ändern, wenn es eine etwas breitere Datenbasis gibt.
Ebenfalls geplant ist jetzt eine Anhebung des Kindergelds zum 1. Januar des kommenden Jahres – und zwar um fünf Euro pro Monat und Kind auf dann 255 Euro. Darauf hatten sich Finanzminister Lindner, Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) vergangene Woche im Rahmen ihrer Beschlüsse zum Bundeshaushalt 2025 verständigt. Ab dem übernächsten Jahr soll im Einkommensteuergesetz verankert werden, dass Kindergeld und Kinderfreibetrag immer zum selben Zeitpunkt steigen.
Passt Lindner auch die allgemeinen Steuertarife an?
Ja. Auch das spiele bei den jüngsten Festlegungen der Koalitionsspitzen zum Haushalt eine wichtige Rolle. Damit soll der sogenannten kalten Progression entgegengewirkt werden – also dem unerwünschten Effekt, dass die Inflation Lohnzuwächse auffrisst. Lindner will jetzt die Einkommensteuertarife für 2025 und 2026 anpassen. Davon sollen aber nicht Steuerpflichtige profitieren, die die sogenannte Reichensteuer zahlen.
Wie geht es jetzt weiter?
Lindners Gesetzentwurf ist jetzt in der Ressortabstimmung. Die anderen Ministerien sollen sich rasch dazu verhalten: Die Kabinettbefassung ist für den 24. Juli 2024 vorgesehen. Dieser frühe Termin ist notwendig, um das Gesetzgebungsverfahren noch in diesem Jahr abzuschließen.
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