Berlin/New York. Der Angriff auf die Kiewer Kinderklinik hat Entsetzen ausgelöst. Die UN tagte – und Russland provoziert beim anschließenden Dinner.
Angriffe auf Schutzlose gehören zu den übelsten Verbrechen in einem Krieg – zumal wenn es sich dabei um kranke Kinder handelt. So ist es kein Wunder, dass der Raketenangriff auf ein Kinderkrankenhaus in Kiew mit mindestens 31 Toten und 117 Verletzten weltweit für Empörung sorgt und zu einer Dringlichkeitssitzung des Weltsicherheitsrates führt.
Zwar behauptet die russische Seite, eine ukrainische Flugabwehrrakete habe das Krankenhaus getroffen. Doch das glaubt man wohl nur in Russland. Selbst China, das im Ukraine-Krieg bislang zumindest keinen Grund sah, den Verbündeten Wladimir Putin vom Hof zu jagen, rang sich eine vorsichtig kritische Note ab.
Die Kämpfe hätten sich in letzter Zeit verschärft, es gebe brutale Angriffe mit vielen Opfern, stellte Peking vorsichtig fest. „China ist darüber zutiefst beunruhigt“, hieß es vom stellvertretenden UN-Botschafter, Geng Shuang.
Ukraine: Russland provoziert mit Geschmacklosigkeit
Während westliche Staaten wesentlich deutlicher wurden, von grausamen Kriegsverbrechen und einer „Schande für den Weltsicherheitsrat“ sprachen, nutzte Russland, das dem wichtigsten UN-Gremium derzeit vorsitzt, die Gelegenheit für eine geschmacklose Provokation.
Bei dem an die Dringlichkeitssitzung anschließenden Dinner gab es als Hauptgericht Hühnchen Kiew, auch als Kiewer Kotelett bekannt, eine in den ehemaligen Ostblockstaaten beliebte Speise. Serviert mit Kartoffelstäbchen, dazu ein Sauvignon blanc aus dem „Russian River Valley“ in Kalifornien.
- Waffen: Ukraine darf US-Raketen auf Ziele tief in Russland feuern
- Fragen & Antworten: US-Raketen auf Russland: Eskaliert jetzt der Ukraine-Krieg?
- Artillerie: Fährt Nordkoreas Kim schwerstes Geschütz auf?
- Ukraine-Krieg: Selenskyj ärgert sich über Scholz-Telefonat mit Putin
- Requisiten: Jetzt holt Putin Panzer aus dem Filmstudio
Ukraine: Russische Diplomatie „moralisch verfallen“
Der UN-Botschafter der Ukraine, Serhij Kyslyzja, sagte der ukrainischen Nachrichtenagentur Ukrinform dazu: „Die moralische Degradierung der russischen Diplomatie ist offensichtlich.“ Für viele UN-Diplomaten werde die Kommunikation mit dem russischen Botschafter Wassili Nebensja selbst bei offiziellen Anlässen zunehmend untragbar.
Bei X, dem ehemaligen Twitter, wurde der Botschafter noch deutlicher: „Dieser Kriegsverbrecher (Nebensja) wird unter Umgehung des Fegefeuers in die Hölle kommen, und sein Platz dort ist ewig“, schrieb Kyslyzja. Er könne nicht verstehen, wie man einer Einladung zu einem mit „Blutgeld“ bezahlten Mittagessen mit dem Russen folgen könne.
«Напад на дитячу лікарню також є виявом глибокої зневаги Росії до будь-яких мирних ініціатив, незалежно від їх походження. Вона припинить вбивати та поширювати насильство лише тоді, коли буде нездатна це робити. Цей воєнний злочинець (Небензя) потрапить у пекло, оминаючи… pic.twitter.com/w6dpLZH9HI
— Sergiy Kyslytsya 🇺🇦 (@SergiyKyslytsya) July 9, 2024
Der russische Botschafter wiederholte in der Dringlichkeitssitzung denn auch die russische Erzählung, nach der die angeblich unfähige ukrainische Luftabwehr die eigene Klinik bombardiert haben soll. Das UN-Menschenrechtsbüro hatte in einer vorläufigen Einschätzung jedoch mitgeteilt, das Gebäude sei von einer russischen Rakete des Typs Kh-101 (Ch-101) direkt getroffen worden.
Mehr Reportagen von Kriegsreporter Jan Jessen
- Israel und Gaza seit Hamas-Angriff: Am Morgen bricht die Hölle auf
- Christ aus Beirut berichtet: „Es bricht einem das Herz“
- Syrer bewachen deutsche IS-Terroristen: „Niemand hilft uns“
- Syrien: Im Camp der „Höllenfrauen“ hofft man auf die Wiedergeburt des IS
- Terroristen im Lager: In al-Hol wächst eine neue Generation des Hasses heran