Berlin. Die Krisen in der Welt hinterlassen laut einer neuen Studie Spuren bei jungen Menschen. Das hat positive Folgen – aber auch einen Haken.
Vor der Europawahl zeigen viele junge Deutsche ein großes Interesse an politischen Fragen. Die Hälfte der 16- bis 26-Jährigen (50 Prozent) gibt von sich an, wichtige politische Fragen gut verstehen und einschätzen zu können. Das ist das Ergebnis der Jugendstudie „Junges Europa 2024“ der Tui-Stiftung, die unserer Redaktion in Teilen vorab vorliegt. Ebenfalls fast die Hälfte der Befragten (48 Prozent) traut sich zu, sich an Gesprächen über politische Fragen aktiv zu beteiligen. Das Interesse junger Deutscher an Politik hat demnach zugenommen. Im vergangenen Jahr hatten die Werte bei jeweils 42 Prozent gelegen.
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Damit zeigen sich junge Deutsche politisch selbstbewusster als ihre Altersgenossen in anderen europäischen Ländern. Im Durchschnitt gaben 45 Prozent der Befragten aus sechs EU-Mitgliedstaaten an, wichtige politische Fragen gut verstehen zu können. Damit ist der Anteil im Vergleich zum Vorjahr um sechs Prozentpunkte gewachsen. 39 Prozent aller Befragten trauen sich im Schnitt zu, sich an Debatten über politische Themen zu beteiligen.
Migration, Klimawandel und Kriege zeigen: Politik ist nicht abstrakt
„Diskussionen über Migration, Klimawandel und Kriege machen deutlich, dass Politik nicht abstrakt ist, sondern sehr direkt das eigene Leben prägt“, interpretiert der Vorsitzende der Tui-Stiftung, Thomas Ellerbeck, die Ergebnisse der Studie. „Das erkennen auch junge Menschen zunehmend wieder. Sie wollen die Hintergründe verstehen, informieren sich und tauschen sich aus.“ Das spiegele sich im gestiegenen politischen Selbstvertrauen wider.
Für die Tui-Studie wurden in Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien, Griechenland und Polen vom 6. bis zum 19. März 2024 insgesamt 5874 junge Menschen im Alter von 16 bis 26 Jahren per Online-Befragung befragt, davon 1052 aus Deutschland. Die Studie wird am 28. Mai veröffentlicht. Bei der Europawahl am 9. Juni dürfen in Deutschland erstmals schon 16-Jährige wählen. Die Mehrheit (56 Prozent) der in Deutschland Befragten unterstützt dies, ein Drittel (33 Prozent) ist anderer Meinung.
Engagement für Demokratie: Junge Deutsche auf dem vorletzten Platz
Jeder zweite junge Deutsche (49 Prozent) traut sich demnach nach eigenen Angaben zu, zu widersprechen, wenn jemand etwas Demokratiefeindliches sagt. Auch in dieser Frage liegen die Deutschen vor ihren Altersgenossen aus den anderen Ländern (Durchschnitt: 42 Prozent). „Die neue Zeit hat junge Europäerinnen und Europäer ein Stück wachgerüttelt“, sagte Ellerbeck zu den Ergebnissen. „Frieden, Sicherheit, Wohlstand sind nicht selbstverständlich – auch wenn es die letzten 30 Jahre für viele so schien und wir uns bequem so eingerichtet hatten.“
Bei einem Thema liegen die Befragten aus Deutschland dennoch auf dem vorletzten Platz: Der Aussage „Ich engagiere mich stark für die Demokratie in Deutschland“ stimmte nur gut ein Viertel (27 Prozent) der Befragten zu. Allein in Polen (25 Prozent) war dieser Wert niedriger. Führend war Griechenland, wo die Hälfte (51 Prozent) der Teilnehmer der Aussage zustimmte. Der Durchschnittswert liegt bei gut einem Drittel (36 Prozent).
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