Berlin. Der Mindestlohn soll im kommenden Jahr auf 12,82 Euro steigen – eigentlich. Der Kanzler fordert dagegen einen satteren Aufschlag.

Olaf Scholz und die Wirtschaft – ein kompliziertes Verhältnis. Nun geht der SPD-Kanzler beim Thema Mindestlohn auf harten Konfrontationskurs zu den Arbeitgebern. Das Thema schwelt schon länger, jetzt hat sich Scholz für einen satten Aufschlag bis auf 15 Euro ausgesprochen. „Ich bin klar dafür, den Mindestlohn erst auf 14 Euro, dann im nächsten Schritt auf 15 Euro anzuheben“, sagte Scholz dem „Stern“. Gleichzeitig übte er Kritik an der Mindestlohnkommission. „Die Arbeitgeber haben nur auf einer Mini-Anpassung beharrt“, beklagt Scholz. Außerdem hätten sie mit der Tradition gebrochen, einvernehmlich zu entscheiden. Das sei ein Tabubruch. Aktuell ist vorgesehen, den Mindestlohn im kommenden Jahr von derzeit 12,41 Euro auf 12,82 Euro anzuheben.

Grüne, Linke und SPD gemeinsam für höhere Mindestlöhne

Die Forderung nach einer Erhöhung auf 15 Euro war zuvor auch aus den Reihen von Grünen, Linken sowie von der Gewerkschaft Verdi gekommen. Damit alle mit ihrem Einkommen auskommen könnten, sei ein gesetzlicher Mindestlohn noch in diesem Jahr von 14 Euro und im nächsten Jahr von 15 Euro geboten, sagte die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt kürzlich.

Der Mindestlohn wird von einer dafür zuständigen Kommission festgelegt, in der die Sozialpartner vertreten sind. Im Jahr 2022 hatte ihn die Regierung in einem bisher einmaligen Schritt per Gesetz auf 12 Euro angehoben – ein zentrales Wahlversprechen von Scholz vor der vergangenen Bundestagswahl.

Arbeitgeber verwahren sich gegen Eingriffe in die Autonomie beim Mindestlohn

„Damit haben wir die größte Gehaltsverbesserung seit Jahren für Beschäftigte im Niedriglohnsektor geschaffen“, sagte Scholz. Alle Warnungen vor Jobverlusten hätten sich als haltlos erwiesen.  Eine Aussage, die in Wirtschaftskreisen nicht unwidersprochen bleibt – denn die Unternehmen müssen die steigenden Lohnkosten in einem zunehmend schwierigen Umfeld auch erst mal erwirtschaften. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen melden derzeit reihenweise Konkurs an.

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger hatte die SPD bereits im Dezember bezichtigt, beim Mindestlohn den nächsten Wortbruch vorzubereiten. Scholz habe nach der Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro zugesagt, dass dies eine einmalige Aktion gewesen sei. Die SPD aber bereite bereits den nächsten Eingriff in die Autonomie der Kommission vor. Auch die FDP-Bundestagsfraktion sprach sich zuletzt gegen politische Eingriff in die Unabhängigkeit der Mindestlohnkommission aus. (ftg/dpa)