Berlin. Der Verfassungsschutz darf die AfD ins Visier nehmen. Gut so. Denn von ihrer bürgerlichen Fassade ist ohnehin kaum noch etwas übrig.
Es ist eine Niederlage, die ihresgleichen sucht. Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf die Alternative für Deutschland (AfD) als rechtsextremistischen Verdachtsfall beobachten und die Öffentlichkeit darüber informieren. Das hat das Oberverwaltungsgericht Münster am Montag entschieden. Es lägen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass die Partei Bestrebungen verfolgt, die „gegen die Menschenwürde bestimmter Personengruppen sowie gegen das Demokratieprinzip gerichtet sind“, hieß es zur Begründung. Eine Berufungsklage der AfD gegen das Urteil der Vorinstanz blieb damit erfolglos, eine Revision ist nicht zugelassen.
Man muss sich vor Augen halten, um was es hier geht: Eine Partei, die fast 80 Abgeordnete im Deutschen Bundestag hat, die in nahezu jedem Landtag vertreten ist, bei Umfragen regelmäßig zweistellige Werte erreicht und damit rechnen kann, bei den bevorstehenden Wahlen in drei ostdeutschen Ländern als Siegerin durchs Ziel zu gehen, steht zu Recht unter Nazi-Verdacht und darf deshalb auch künftig mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet werden. Entschieden hat das ein unabhängiges Gericht.
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Die bürgerliche Fassade der Rechtsaußen-Partei bröckelt bereits seit geraumer Zeit. Spätestens jetzt fällt der Putz in großen Stücken herunter. Es ist gut, dass sich der Rechtsstaat gegen seine Feinde wehrt. Der Verfassungsschutz kommt seiner Aufgabe nach: dem Schutz der verfassungsmäßigen Ordnung. Er hat in Sachen AfD so sauber gearbeitet, dass sein Tun vor Gericht Bestand hat.
Urteil gegen die AfD: Das Geraune geht schon wieder los
Natürlich wird jetzt in rechten Kreisen sofort wieder das Geraune losgehen. Versuche, die Sicherheitsbehörde und das Gericht zu delegitimieren, laufen bereits. Es nützt nichts: Wer sich bei der AfD engagiert oder die Partei wählt, weiß genau, was er tut. Der Verfassungsschutz will jetzt ein neues Gutachten zur AfD als Ganzes erstellen. Womöglich wird sie bald nicht mehr nur als rechtsextremistischer Verdachtsfall, sondern als gesichert rechtsextrem eingestuft. In einigen Bundesländern ist das schon der Fall.
Ob die Vorgänge der Partei nachhaltig schaden werden, erscheint jedoch fraglich. Der AfD sind die offene Gesellschaft, der Rechtsstaat und Deutschlands Westbindung zuwider. Diese Geisteshaltung ist in weiten Teilen der Wählerschaft anschlussfähig. Je größer der Druck des Staates auf die Partei wird, desto leichter dürfte es ihr fallen, sich als Opfer einer Verschwörung zu inszenieren.
Demos gegen Rechts: Ein Schutzschild für die Republik
Seit diesem Montag dürfte klar sein, dass die Politik in Deutschland nicht mehr um eine ernsthafte Diskussion über ein mögliches AfD-Verbot herumkommt. Sollte der Verfassungsschutz die Partei demnächst als gesichert rechtsextremistische Bestrebung einstufen, bräuchte es schon sehr gute Argumente, um von einem entsprechenden Antrag Abstand zu nehmen. Stellen könnten ihn Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung.
Richtig ist aber auch: Es reicht nicht, dass der Rechtsstaat mit Gerichten und dem Gesetz gegen seine Gegner vorgeht. Auch die Parteien und die Akteure der Zivilgesellschaft müssen ihren Beitrag leisten. Ein mögliches AfD-Verbotsverfahren würde Jahre dauern – bei ungewissem Ausgang. Jede demokratische Partei, jeder Verein und jeder Betrieb ist deshalb aufgerufen, aktiv für die Werte der freien Gesellschaft einzutreten.
In dieser Hinsicht hat es zuletzt sehr ermutigende Aktionen gegeben. Hunderttausende gingen auf die Straße, Sportler, Prominente, Sozialpartner und Wirtschaftslenker bezogen klar Stellung. Das war und ist, wenn man so will, ein menschlicher Schutzschild für die Republik.
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