Washington. Wie die konservative Mehrheit am Supreme Court Donald Trump vor wegweisenden Prozessen abschirmt, ist ein Skandal mit Folgen.
Wer so einen Obersten Gerichtshof hat, braucht eigentlich keine anderen Staatsfeinde im Innern mehr: Eine konservative Mehrheit der Top-Juristen Amerikas ist offenbar entschlossen, mit hypothetischen Begründungen und Verfahrenstricks den Weg zu einem unverzüglichen Straf-Prozess gegen Ex-Präsident Donald Trump zu verbauen. Seine kriminelle Demokratie-Verachtung im Nachgang der Wahl 2020 wird, danach sieht es jetzt aus, wohl zunächst an untere Instanzen zurücküberwiesen. Das allein ist schon skandalös.
Unter dem Vorwand, klären zu müssen, für welche Taten Trump zwischen November 2020 und Januar 2021 Immunität vor Strafverfolgung verdient und wo nicht, immunisiert der Supreme Court den republikanischen Präsidentschaftskandidaten bereits de facto. Millionen Amerikaner, das ist das vorläufige Ergebnis einer bemerkenswerten Anhörung vor dem Höchstgericht in Washington, werden vor dem Wahltermin am 5. November nicht in allen Facetten erfahren, wie tief das von Trump angezettelte Komplott gegen Staat und Verfassung ging. Das ist der Skandal im Skandal.
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Denn vor Gericht würde Ankläger Jack Smith für Trump vernichtende Dinge zur Sprache bringen, die in ihrer ganzen Dramatik noch nie öffentlich wurden. Etwa, was genau Trump am 6. Januar 2021 über viele Stunden im Weißen Haus gemacht (oder besser gesagt: unterlassen hat), als im Kapitol in Washington der Mob tobte.
Das Panorama, das dabei entstünde, ist das eines unkontrollierbaren Tyrannen, der sich trotz flehentlicher Bitten seiner engsten Top-Mitarbeiter, dem blutigen Spuk ein Ende zu bereiten, unterlassener Hilfeleistung gegenüber seinem Land schuldig gemacht hat. Weil: Er wollte den Terror.
Donald Trump setzte darauf, dass die marodierenden Horden die parlamentarische Beglaubigung des Wahlsieges von Joe Biden gewaltsam unterbinden, nachdem vorher sämtliche halb- oder illegalen Versuche gescheitert waren, das für Trump negative Wahlergebnis zu kippen.
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Dass die wichtigste Streitschlichtungsinstanz der Supermacht des Westens dem Souverän das ganze Wissen um einen historisch einmaligen Anschlag auf die Demokratie sechs Monate vor der nächsten Präsidentschaftswahl demonstrativ vorenthalten will, macht fassungslos.
Und das nicht nur, weil Trump alle Ermittlungen gegen sich durch einen willfährigen Justizminister einstellen lassen würde, wenn er die Wahl im Herbst gewönne. Die Taktiererei der Richter Thomas, Gorsuch, Kavanaugh Alito und (teilweise) Roberts ist staatsgefährdend.
Trump ist ein Wiederholungstäter mit Ansage. Verliert er im November wieder knapp gegen Joe Biden, droht ein „Blutbad”, sagt er. Denn dann müsse die Wahl wie schon 2020 getürkt gewesen sein – sie war es schon damals nicht.
Auch nur die leiseste Ahnung, dass Donald Trump, dann mit mehr strategischem Rückhalt und ruchlosen Helfern im Schlepptau, im Januar 2025 erneut versuchen könnte, die US-Demokratie anzugreifen, rechtfertigt das Durchziehen eines längst startbereit gewesenen Prozesses. Selbstredend: mit der Möglichkeit eines Freispruchs durch die Geschworenen.
All das war vermeidbar. Ankläger Smith hatte die schnelle Bearbeitung der Immunitätsfrage bereits im Dezember verlangt. Der Supreme Court spielte aber lieber auf Zeit. Die Obersten Richter, bei denen bisher nur die drei Liberalen ihrer Verantwortung für den Rechtsstaat gerecht werden, führen sich auf wie der verlängerte Arm von Trumps Wahlkampforganisation. Dass man das einmal schreiben muss, war vor wenigen Jahren noch undenkbar.