Washington/New York. Zwei Monate lang soll Donald Trump vor Gericht stehen. Wer wird fair über ihn richten? Die Jury muss bestimmte Kriterien erfüllen.
Donald Trump ist felsenfest davon überzeugt, dass ihm im am Montagmorgen gestarteten Schweigegeld-Prozess um den Porno-Star Stormy Daniels in New York keine rechtsstaatliche Fairness widerfahren wird. Richter, Ankläger – für den Ex-Präsidenten sind die Säulen des Prozesses allesamt von den Demokraten gesteuerte Auftragstäter. Ihr angebliches Ziel: den 45. Präsidenten der USA davon abzubringen, im Herbst auch der 47. werden zu können.
Wichtig: Für Trumps Behauptung gibt es keinerlei Belege. Und: In Wahrheit entscheiden weder Alvin Bragg (Staatsanwalt) noch Juan Merchan (Richter) über Schuld oder Unschuld. Sondern ein laut Verfassung „unparteiisches Geschworenengericht”.
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Zwölf Männer und Frauen (dazu sechs Ersatz-Juroren, die den gesamten Prozess verfolgen) müssen seit Montag in einem Auswahl-Verfahren, dass sich bis in die kommende Woche ziehen wird, aus einem Pool von rund 500 zufällig ausgewählten Bewohnern Manhattans bestimmt werden, damit der Prozess wirklich starten kann.
Schon zum Auftakt deutete sich an, wie schwierig das wird. Hauptgrund: Der Angeklagte ist weltweit so bekannt wie kaum jemand sonst. „Nachrichten über Donald Trump zu entrinnen, schaffen allenfalls Eremiten in der internetlosen Abgeschiedenheit”, sagte ein US-Kommentator.
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USA: Schwierige Suche nach unvoreingenommenen Geschworenen
Jury-Mitglieder aber müssen per Definition unvoreingenommen sein. Keinerlei Meinung zu Donald Trump zu haben, seinen beruflichen, politischen und juristischen Werdegang nicht zu kennen, wäre also von großem Vorteil. Aber: Gibt es solche Menschen überhaupt noch in New York, wo Trump seit den 80er Jahren zum Stadtgespräch gehört?
Unter Führung von Richter Merchan sollen täglich jeweils bis zu 100 Kandidatinnen und Kandidaten für die erste Jury in einem Strafprozess gegen einen ehemaligen Präsidenten auf Herz und Nieren getestet werden; vorausgesetzt, sie erfüllen die Start-Voraussetzungen: mindestens 18 Jahre alt, US-Staatsbürger, der englischen Sprache mächtig und nicht vorbestraft.
Donald Trump: Geschworene müssen heikle Fragen beantworten
Wer diese Hürde genommen hat, muss sich einem Katalog von über 40 Fragen stellen, die in zähen Verhandlungen zwischen Merchan, Ankläger Bragg und den Verteidigern von Trump um den Spitzen-Anwalt Todd Blanche formuliert wurden.
Abgecheckt wird dabei, aus welchen Medien sich potenzielle Juroren informieren. Ob sie Bücher von und über Trump gelesen haben. Was sie vom Kronzeugen, Trumps Ex-Anwalt Michael Cohen wissen. Und wem sie in sozialen Netzwerken folgen, wenn es um Trump und/oder die Republikaner geht.
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Spezifische Fragen lauten etwa:
- Haben Sie jemals eine Wahlkampfveranstaltung Donald Trumps besucht oder an einer Anti-Trump-Kundgebung teilgenommen?
- Haben Sie für Trump und/oder seine politischen Unterstützergruppen gearbeitet?
- Waren Sie jemals Unterstützer oder Mitglied der Antifa (linksgerichtet - d. Red.)? Oder der rechtsradikalen Proud Boys? Sind Sie Anhänger des Verschwörungskults QAnon?
- Haben Sie eine Meinung dazu, ob ein früherer Präsident in einem Bundesstaat angeklagt werden soll (gemeint ist Georgia - d. Red.)? Wie, finden Sie, wird in diesem Fall mit Trump umgegangen?
Die Kandidaten/-innen müssen ihre Antworten – in Anwesenheit Trumps, der nur wenige Meter entfernt sitzt - bei den Anhörungen laut vorlesen. Anklage und Verteidigung können Nachfragen stellen. Wer vorgeladen wird und von Beginn an erklärt, er/sie sei nicht in der Lage, der staatsbürgerlichen Jury-Pflicht nachzukommen, wird umgehend freigestellt. Bemerkenswert: Merchan wird nicht zulassen, dass nach der politischen Orientierung gefragt wird. Auch die Frage, ob Trump bei der Präsidentschaftswahl 2020 betrogen wurde oder nicht, ist tabu. Gerichtszeichner – TV-Kameras sind im Prozess verboten – dürfen nicht die Gesichter der Jury-Kandidaten zeichnen.
Staatsanwaltschaft wie Verteidigung dürfen zehn Kandidaten ohne Angaben von Gründen ablehnen. Ist das Kontingent erschöpft, muss argumentiert werden. Richter Juan Merchan hat das letzte Wort.
Verhandelt wird vier Tage die Woche. Mittwochs und am Wochenende ist meistens frei.
Die nominierten Geschworenen müssen sich voraussichtlich für cirka acht Wochen montags, dienstags, donnerstags und freitags zwischen 9.30 bis 16.30 Uhr bereithalten. Mittwochs ist meistens prozessfrei. Trump hat Präsenzpflicht.
Im Vorfeld berichteten führende US-Medien, dass Trumps Anwälte sich darauf konzentrieren wollen, möglichst Polizisten oder Feuerwehrleute, weiße, ältere Männer aus der Arbeitsklasse und jüngere Afro-Amerikaner zu identifizieren, die bereits mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind. In diesen Bevölkerungsgruppen werden am ehesten Menschen vermutet, die Trump am Ende freisprechen könnten. Wichtig: Ein einziger der zwölf Juroren, der Zweifel hat, reichte am Ende aus – und Trump würde einen juristischen Triumph feiern. Hingegen setze die Anklage auf New Yorker, die eine Hochschulbildung aufweisen und Medien links der politischen Mitte konsumieren. Vor allem Frauen sind hier gefragt.