Chongqing. Beim Kanzler-Besuch in China reist das Misstrauen mit. Peking spioniert Ausländer gnadenlos aus. Wovor der Verfassungsschutz warnt.
- Kanzler Scholz verbringt während seiner Kanzlerreise drei Tage in China
- Aufgrund der Spionagegefahr müssen drastische Maßnahmen ergriffen werden
- Der Verfassungsschutz warnte bereits
Das Hotel von Olaf Scholz in der chinesischen Multimillionen-Metropole Chongqing ist beeindruckend. Die Lobby befindet sich im 42. Stock. Das Gebäude ist ein Monument moderner Architektur: Im Marmorboden spiegeln sich Sonnenstrahlen, die es durch den smogverhangenen Himmel geschafft haben. Der Internetzugang ist natürlich frei. Doch das ist möglicherweise ein vergiftetes Angebot. China steht im Ruf, Besucher aus dem Ausland gnadenlos auszuspionieren.
Chongqing ist die erste Station der Kanzlerreise, Scholz wird drei Tage in China verbringen. Die Teilnehmer seien hinsichtlich der IT-Sicherheit „sensibilisiert“ worden, sagte ein Regierungssprecher dieser Redaktion. Ins Detail geht er „aus Sicherheitsgründen“ nicht. Es sei aber „Vorsorge getroffen“ worden nach den Empfehlungen des Auswärtigen Amtes und der deutschen Sicherheitsbehörden. Diese sind im Fall von China drastisch.
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Das World Wide Web ist in China blockiert
Aus dem World Wide Web wird in China ein Internet von Gnaden der autoritären Regierung in Peking. Die versucht, alles zu blockieren und zu zensieren, was sie ihre 1,4 Milliarden Bürger nicht sehen lassen will. „Der Zugang zum Internet wird staatlich kontrolliert“, informiert das Auswärtige Amt auf seiner Internetseite. „Der Zugriff auf verschiedene Online-Angebote ist blockiert, darunter die von Google, Facebook, Twitter, Whatsapp und weiteren.“
Zensur ist das eine, womit China-Besucher rechnen müssen. Das andere ist aggressive Spionage. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat ein Merkblatt für Geschäftsreisen nach China verfasst, das im Internet abgerufen werden kann. Die Ratschläge des deutschen Geheimdienstes sind Handlungsanweisungen für den Aufenthalt in einem totalen Überwachungsstaat.
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Strenge Regeln für den Besuch beim „Rivalen“
Vor wenigen Jahren besuchten auch deutsche Regierungsdelegationen China noch mit einer gewissen digitalen Naivität. Das ist vorbei. Politisch und wirtschaftlich arbeitet China rücksichtslos an einem Aufstieg zur Supermacht. Das hat den deutschen Blick auf das Land verändert, die Bundesregierung spricht inzwischen davon, dass China nicht nur Partner, sondern auch „Wettbewerber“ und „Rivale“ sei.
Das spiegelt sich in den Empfehlungen des Verfassungsschutzes für China-Reisen wider. In dem Merkblatt heißt es zu Handys, Laptops und Tablets: „Nehmen Sie keine Privatgeräte mit.“ Vor Ort solle ein spezieller Laptop ohne Zugriff auf das Firmennetzwerk genutzt werden, auf einem Mobiltelefon nur die wichtigsten Nummern und Daten gespeichert sein.
So hält es auch diese Redaktion bei Reisen nach China: Computer und Handys mit Verbindungen in das interne IT-System bleiben zu Hause. Nicht nur für ausländische Regierungsvertreter und Geschäftsreisende gilt China als IT-Hochrisikoland.
Misstrauen in jeder Form ist angebracht
Vor wenigen Tagen hatte Scholz in einem kurzen Video den Inhalt seiner schwarzen Ledertasche präsentiert. Darin fand sich neben Akten und einer Brille auch ein Tablet. Das Gerät dürfte entweder in Deutschland geblieben sein oder während der Reise, die Scholz auch nach Shanghai und Peking führt, ausgeschaltet bleiben und streng bewacht verwahrt werden.
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Veröffentlicht wurde der Taschen-Clip übrigens auf der bei jungen Menschen sehr beliebten Plattform Tiktok, wo Scholz neuerdings präsent ist. Tiktok gehört einem chinesischen Konzern – aufgrund von Datenschutzbedenken nutzt das Bundespresseamt für die Videos Geräte, die nicht in das IT-Netz der Regierungsbehörde eingebunden sind.
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In China rät der Verfassungsschutz zu höchster Wachsamkeit – und radikalem Misstrauen: „Geben Sie sensible Informationen und Datenträger nicht aus der Hand! Hotelzimmer und -safe sind nicht sicher.“ Sollten sensible Daten, also etwa Informationen auf mobilen Geräten oder Akten, doch abgegeben werden müssen, dann nur in versiegelten Sicherheitstaschen. So lässt sich eine mögliche Manipulation immerhin erkennen.
Bundeswehr-Offiziere ließen sich abhören
Die Gefahr, dass der chinesische Staat Geräte infiltriert, Daten absaugt, Kommunikation überwacht, besteht den deutschen Sicherheitsexperten zufolge aber immer und überall: „Verwenden Sie nur eigene Ladegeräte – fremde Geräte können manipuliert sein und den Zugriff auf Ihre Daten ermöglichen.“ Der Verfassungsschutz appelliert außerdem: „Meiden Sie offene WLAN- und Bluetooth-Verbindungen, insbesondere dann, wenn diese von chinesischer Seite ausdrücklich offeriert werden.“
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Wie gefährlich die Nutzung des drahtlosen Netzes in einem Hotel sein kann, erfuhr die Bundeswehr kürzlich schmerzhaft. Ranghohe Luftwaffen-Vertreter hatten in einer Videokonferenz über den von der Ukraine gewünschten Marschflugkörper Taurus beraten. Ein Beteiligter befand sich in einem Hotel in Singapur, nutzte dort das WLAN und missachtete das Sicherheitsprotokoll für solche Konferenzen. Das Gespräch wurde mutmaßlich von Spionen Moskaus mitgeschnitten und in russischen Medien veröffentlicht.
Im Notfall muss das mitgeführte Smartphone zuhause entsorgt werden
Die Gefahr eines Lauschangriffs erwartet der Verfassungsschutz auch in China: „Beschränken Sie Gespräche über vertrauliche Inhalte auf ein Minimum.“ In Wohnräumen und Fahrzeugen könne Abhörtechnik installiert sein. „Tätigen Sie keine oder nur in absoluten Ausnahmefällen Anrufe zur eigenen Dienststelle und wahren Sie eine generelle Gesprächsdisziplin.“
Nach der Rückkehr aus China empfiehlt der Geheimdienst, mindestens Passwörter zu ändern. Außerdem: „Lassen Sie Ihre mitgenommenen Geräte auf Schadsoftware prüfen oder entsorgen Sie diese sogar.“ Viele in Deutschland zu kaufende Handys und Laptops kommen aus China. Kehrt man mit ihnen dorthin zurück, sind sie nach Einschätzung deutscher Sicherheitsbehörden also möglicherweise ein Fall für den Müll.