Peking. Die Firewall im Reich der Mitte ist kaum zu umgehen, auch für Journalisten nicht. Was unser Reporter auf der Kanzler-Reise erlebte.
Erst ist es nervig, dann wird es gespenstisch. Seit Sonntag bin ich mit Bundeskanzler Olaf Scholz in China. Das Land gilt als IT-Hochrisikogebiet. Das Bundesamt für Verfassungsschutz rät Besuchern, spezielle Handys und Laptops mitzubringen, da die Gefahr in China groß ist, von den Behörden des autoritären Landes ausspioniert zu werden. Offene Internetverbindungen oder öffentlich angebotene Ladepunkte gelten als mögliche Einfallstore.
Ebenso wie die Regierungsdelegation reisen viele Journalisten mit Geräten, die keine Verbindung zu den IT-Systemen zu Hause haben. So hält es auch unsere Redaktion: Die üblichen Dienstgeräte sind zu Hause geblieben. Um mit meiner Redaktion zu kommunizieren und Artikel nach Deutschland schicken zu können, habe ich zwei neue Mail-Accounts bei kommerziellen Anbietern angelegt.
Lesen Sie auch: So groß ist die Spionagegefahr für Kanzler Scholz in China
Von dem ersten Account kommen die Mails allerdings zurück, wenn ich aus China meiner Redaktion maile. In Berlin hatte das noch problemlos geklappt. Ich wechsle auf den zweiten Account – jetzt funktioniert es. Puh. Von der ersten Station in Chongqing schicke ich einen Text dazu, wie die Eskalation im Nahen Osten durch den iranischen Angriff auf Israel die Reise des Kanzlers nach China überschattet.
Internetzensur in China: Viele Webseiten werden blockiert
Der zweite Text beschreibt ausführlich die Internetzensur in China – und die Gefahr, als Geschäftsreisender, Diplomat oder Journalist Ziel der dortigen Behörden zu werden. Immer wieder gibt es Probleme, sich mit dem Internet zu verbinden. Webseiten können nicht aufgerufen werden, Mails kommen verspätet an. Ein Problem ist es, ausländische Webseiten aufzurufen, da diese von China blockiert werden.
Am nächsten Tag geht es weiter nach Shanghai. Auf dem Weg zum Flughafen rufe ich noch einmal meine Mails auf, dann steigen wir ins Flugzeug und sind zwei Stunden unterwegs. In der Wirtschaftsmetropole trifft Scholz erst Studenten, dann macht er sich auf den Weg zu einem Unternehmensbesuch. Wir begleiten den Kanzler.
Mein Account ist weg – gelöscht wie von Geisterhand
Ich sitze in einem Minibus und will den Mail-Account öffnen. Aber der Anbieter meldet mir: Dieses Konto existiert nicht. Ich versuche mehrfach, glaube erst an einen Fehler meinerseits. Aber mein Account ist weg, gelöscht wie von Geisterhand. Mails an die Adresse kommen plötzlich zurück. Hat der Anbieter den Mail-Account gelöscht, weil er eine Spam-Adresse aus China vermutete? Oder stecken die chinesischen Behörden dahinter? Ich weiß es nicht.
Lesen Sie auch:Kanzler Scholz in China – Bloß keine Pandas knutschen
Die gute Nachricht: Jetzt kommen die Mails des ersten Accounts doch wieder in der Redaktion an. Aber nur für einen Tag. In Peking am letzten Tag der China-Reise verschwinden meine Mails an die Kolleginnen und Kollegen in Berlin wieder in den großen Weiten des Internets.
Wenn Sie diesen Text lesen, habe ich doch noch einen Weg gefunden, ihn nach Deutschland zu übermitteln. Aber den verrate ich erst, wenn ich zurück bin. Wer weiß, wer mitliest.