Berlin. Die Ukraine entwickelt eine Drohne, die 1.000 Kilometer fliegen kann. Sie trägt den Krieg nach Russland. In ihrem Radius: der Kreml.
Täglich greifen sich Russland und die Ukraine mit Drohnen an. Zuletzt attackierten die Ukrainer drei Raffinerien, eine davon in Kstowo bei Nischni Nowgorod.
Nowgorod? Ein Blick auf die Landkarte zeigt: Die Großstadt an der Wolga, südöstlich von Sankt Petersburg, liegt etwa 800 Kilometer von der Grenze entfernt. Wie haben die ukrainischen Militärs das nur geschafft?
Auch interessant: Drei Nerds gegen Putin: Billigdrohne „schnell und schmutzig“
Die Drohne Bayraktar B2, aus türkischer Produktion, die zu Beginn des Ukraine-Krieges sogar besungen wurde, hat nur eine Reichweite von 150 Kilometern. Die Reichweite war auch ein Grund – freilich nicht der einzige –, warum die Ukraine seit einem Jahr um Taurus-Marschflugkörper der Bundeswehr bittet.
Ukraine-Krieg: Drohnenprojekt wurde geheimgehalten
Es mehren sich die Hinweise, dass die Ukraine eine Langstrecken-Drohne entwickelt hat. Davon gehen die Russen seit Wochen aus; spätestens seit sie am 24. Februar erleben mussten, wie eine Drohne das Stahlwerk in Lipezk angriff, weit hinter der Front und auf russischem Staatsgebiet, südöstlich von Moskau.
Es handelt sich offenbar um eine Drohne des Typs Liutyi vom Rüstungskonzern JSC. Es wird angenommen, dass sie einen 75 Kilogramm schweren Sprengkopf und eine Reichweite von über 1.000 Kilometern hat.
Lesen Sie auch: USA setzen auf Drohnen – Hubschrauber aus der Zeit gefallen?
Die Ukraine hat sie weiterentwickelt, aber sehr wenig über das Projekt verraten. Halbwegs gesichert ist, dass seit Oktober 2022 an der Langstrecken-Drohne getüftelt wurde.
Ende 2023 war dann von einer „erfolgreichen Testphase“ die Rede. Auf der Facebook-Seite einer Regierungspolitikerin tauchte ein Modell auf, das Beobachter stutzig machte. Die gleiche Silhouette, die jetzt am Himmel gesichtet, abgelichtet und auf X (früher Twitter) gepostet wurde.
Sie ist die Antwort auf die Shahed-Drohnen aus iranischer Produktion, die Russland einsetzt und die ebenfalls eine große Reichweite haben. Das ukrainische Gegenstück ist gut erkennbar, weil ihr Heck so ungewöhnlich aussieht: Es ist über zwei lange, dünne Teile mit den Flügeln verbunden.
Ukraine hat das industrielle Potenzial
Zu Sowjetzeiten wurde die Ukraine auch für ihre Rüstungsindustrie geschätzt. Sie hat das Knowhow und das industrielle Potenzial, um neue vermeintliche Superwaffen zu entwickeln und zu produzieren.
Das könnte Sie auch interessieren: Superpanzer im Krieg: Putin nutzt Mythos der „Wunderwaffe“
Beide Kriegsparteien tüfteln an Drohnen, teilweise mit ungewöhnlichen Ansätzen. Es sind überwiegend die einfachen Entwicklungen, die effizient, kostengünstig und leicht herstellbar sind. Aber das Beispiel Liutyi zeigt, dass die Ukraine auch zu komplexen, anspruchsvollen Lösungen fähig ist.
Angriffe weit hinter den Frontlinien auf russischem Territorium schaffen Verunsicherung und binden Kräfte, zum Verdruss von Kremlchef Wladimir Putin. Vor allem lenken die Drohnenerfolge von den eigentlichen Problemen der Ukrainer ab: Ihnen fehlen Soldaten, Waffen und Munition.
Lesen Sie dazu: „Rheinmetall“ ist die Antwort auf die Hauptsorge der Ukraine
- Kriegsmaterial: Gehen Russland im Ukraine-Krieg die Panzer aus?
- Teure Produkte: Russen kaufen westliche Waren, die in Kiew niemand will
- Rüstungsmesse: Panzer, Drohnen – und die Rakete, die uns vor Putin rettet
- Militärexperte: Masala: „Auf der Krim hat die Ukraine jetzt die Initiative“