Berlin.. „Wunderwaffen“ wurden von den Nazis erfunden, um die Moral beim Volk hochzuhalten. Putin spinnt das Märchen weiter. Und scheitert.
In sich lang hinziehenden Kriegen taucht häufig irgendwann der Begriff von „Wunderwaffen“ auf, die endlich den Sieg bringen könnten. Doch so wenig wie es „Wunder“ gibt, so wenig gibt es auch „Wunderwaffen“. Der Begriff existiert mit dieser Bedeutung wohl nur im Deutschen – und das ist kein Zufall. Als 1943 die Luftangriffe der Alliierten auf deutsche Städte immer stärker wurden, kündigte die Propaganda der Nationalsozialisten den Einsatz höchst wirksamer „Vergeltungswaffen“ an, um die Moral der kämpfenden Truppe und der Zivilbevölkerung hochzuhalten.
Sie verbreitete den Glauben, mit neuen, überlegenen Waffensystemen habe die Wehrmacht ein Mittel in der Hand, um die entscheidende Wende im Zweiten Weltkrieg doch noch herbeiführen zu können. In den von Staat und Partei gelenkten Medien wurden daraus schnell „Wunderwaffen“, über die allerorts spekuliert wurde. Allerdings schlug die nach dem Einsatz der „Vergeltungswaffe“ V1 kurzzeitig entstandene euphorische Stimmung in der kriegsmüden Bevölkerung im Sommer 1944 bald in Skepsis um, als die V-Raketen nicht die erwarteten Erfolge erzielen konnten.
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Die in der Heeresversuchsanstalt Peenemünde auf der Insel Usedom entwickelte Flugbombe V1 war mehr als sieben Meter lang und über zwei Tonnen schwer, wobei fast die Hälfte des Gewichts aus Sprengstoff bestand. Mit einer Geschwindigkeit von annähernd 600 Kilometern pro Stunde konnte die V1 etwa 370 Kilometer weit fliegen. Sie wurde nach der alliierten Invasion in der Normandie erstmals am 13. Juni 1944 auf London abgefeuert. Allerdings blieben die militärischen Erfolge der V1 gering: Nur etwa 25 Prozent aller abgefeuerten Flugkörper erreichten ihr Ziel, die anderen versagten wegen technischer Defekte oder wurden abgeschossen.
Nationalsozialimus: Im Zweiten Weltkrieg gab es keine „Wunderwaffe“
Als wesentlich schlagkräftiger erwies sich die von dem legendären, später in der amerikanischen Raumfahrtforschung sehr erfolgreichen Ingenieur Wernher von Braun entwickelte Rakete V2. Sie hatte bei einer Geschwindigkeit von mehr als 5000 Stundenkilometern und 90 Kilometern Flughöhe eine Reichweite von 400 Kilometern und wurde mit 1000 Kilogramm schweren Sprengköpfen bestückt. Die gesamte Flugzeit nach London dauerte nur 320 Sekunden.
Die V2 schlug praktisch lautlos und ohne Vorwarnung ein, da sie wegen ihrer hohen Geschwindigkeit nicht auf den Radarbildschirmen zu orten war. Nachdem am 7. September 1944 die erste V2 auf London abgefeuert worden war, starteten bis Ende März 1945 über 3000 Raketen mit Zielen in England, Belgien und Frankreich. Insgesamt starben nach Darstellung des Deutschen Historischen Museums bei den Angriffen schätzungsweise 8000 bis 12.000 Menschen, hauptsächlich in London und Antwerpen.
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Am Kriegsausgang änderte aber auch diese „Wunderwaffe“ nichts mehr. Zu ihren Opfern müssen zudem über 12.000 beim Bau der V2 unter schlimmsten Arbeitsbedingungen zu Tode gekommene Häftlinge gezählt werden. Nach einem schweren Luftangriff der Royal Air Force im August 1943 wurde die Raketenproduktion von Peenemünde in ein Bergwergstollensystem bei Nordhausen im Harz verlegt, das bis dahin als Treibstofflager gedient hatte.
Angebliche russische „Superwaffen“ stellen sich als Wunschdenken heraus
Ende August 1943 trafen die ersten Häftlinge aus dem Konzentrationslager Buchenwald im neuen KZ Dora-Mittelbau ein, das in den folgenden anderthalb Jahren durchschnittlich mit etwa 15.000 Häftlingen belegt war. Sie mussten in kräftezehrenden Arbeitseinsätzen erst die unterirdische Fabrikanlage ausbauen, ehe im Januar 1944 die Produktion der V2 anlief. Bis März 1945 wurden dort noch fast 6000 Raketenwaffen unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen hergestellt.
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In der heutigen Zeit ist es vor allem der russische Präsident Wladimir Putin, der die Mär von der „Wunderwaffe“ fortspinnt. Vor rund 1000 Spitzenpolitikern, Regierungsvertretern und sogenannten einfachen Bürgern demonstrierte er bei einer großen Schauveranstaltung im März 2018 neue Waffensysteme und „unbesiegbare Atomwaffen“, die angeblich jede US-Raketenabwehr unterlaufen könnten. Dazu zählten eine neue Hyperschallwaffe und der von Flugzeugen lancierter Überschallmarschflugkörper namens Kinschal – aber auch der angebliche Superpanzer T14 Armata.
Von all diesen Gerätschaften ist im Krieg gegen die Ukraine bisher kaum etwas aufgetaucht oder hat sich als doch nicht so unbesiegbar herausgestellt – angefangen bei der Kinschal-Rakete, die von der ukrainischen Luftabwehr abgeschossen wurde, bis zum T14, der sich im Einsatz in der Ukraine laut dem russischen Hersteller als zu teuer herausgestellt hat. So bleibt es dabei, dass „Wunderwaffen“ nur Fantasieprodukte sind, die in keiner Fabrik der Welt hergestellt werden können.
Ukraine-Krieg: Leopard-Panzer brachten nicht den entscheidenden Vorteil
Realistischer ist die Hoffnung auf sogenannte Gamechanger-Waffen, die dem Kriegsverlauf eine entscheidende Wende geben könnten. Doch auch sie bringen selten den Erfolg, den manche sich von ihnen versprochen haben. Ein Beispiel aus dem russischen Krieg gegen die Ukraine sind die deutschen Leopard-Panzer, deren Lieferung so lange umstritten war. Ihre Befürworter erhöhten den Druck auf die zögernde Bundesregierung mit dem Argument, die Panzer würden der Ukraine den entscheidenden Vorteil auf dem Schlachtfeld bringen. Wir wissen inzwischen, dass dies nicht der Fall war.
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Das hängt vor allem aber mit der Tatsache zusammen, dass selten eine einzige Waffe wirklich den Unterschied macht. Dies dürfte auch für die derzeit diskutierte Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern gelten, deren Unterstützer wiederum argumentieren, mit ihnen könne die Ukraine eine nachhaltige Wende des Kriegsgeschehens erreichen.
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