Washington/Charleston. Ex-Gouverneurin will republikanischen Favoriten auch nach Schlappe in South Carolina weiter ärgern. Sie hofft auf die Hilfe der Justiz.
Sie gab das Heimspiel gegen den übermächtigen Gegner Donald Trump schon vor dem Anpfiff verloren. Und kündigte trotzdem an, mit erhobenem Haupt vom Platz zu gehen und sich unbeirrt für die nächste Partie zu rüsten. Ist nicht jedermanns Sache. Aber Nikki Haleys Strategie. Kann sie aufgehen?
Die republikanischen Vorwahlen in South Carolina um die Präsidentschaftskandidatur sind für die ehemalige Gouverneurin des Bundesstaates im Südosten der USA am Samstagabend wie prognostiziert ausgegangen. Sie hat haushoch verloren.
„Das ist nicht die Hälfte, aber es ist auch keine kleine Gruppe”
Der Ex-Präsident, der bereits die vorherigen drei Vorwahlen (Iowa, New Hampshire und Nevada) für sich entschieden hatte, fuhr mit rund 60 % der Stimmen (rund 460 000 Stimmen) einen weiteren ungefährdeten Sieg ein. Haley, Trumps einzige Konkurrentin, kam mit rund 40 % der Voten ins Ziel (rund 300 000 Stimmen). Die gelernte Buchhalterin rechnete bei ihrer überschaubar besuchten Wahlparty in Charleston selbst nach: „Das ist nicht die Hälfte, aber es ist auch keine kleine Gruppe.“
Die 52-Jährige leitet aus den Zahlen ab, dass es im Milieu rechts der Mitte eine substanziell hohe Zahl von Wählerinnen und Wählern gebe, die sich nach einer Alternative zu Trump sehnen, mit dem die republikanische Partei bei vergangenen Wahlen fast nur Schiffbruch erlitten habe. „Ich bin eine Frau, auf deren Wort man sich verlassen kann. Darum gebe ich diesen Kampf nicht auf.“
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Genau das fordern Trump-Getreue und der Ex-Präsident persönlich nahezu täglich von ihr. Ihr Argument: Ohne die Hilfe von parteiunabhängigen oder demokratischen Wählern, die Haley bei den Vorwahlen bisher unterstützt haben, wäre die Tochter indischer Einwanderer völlig deklassiert worden.
Zur Illustrierung: In South Carolina meldeten die großen US-Medien und Nachrichtenagenturen auf der Basis von Nachwahl-Befragungen bereits mit Schließung der Wahllokale den Sieg Trumps.
Trumps Lager geht davon aus, dass der 77-Jährige bis 12. oder spätestens 19. März die erforderlichen 1215 Delegierten für den Nominierungsparteitag im Juli beisammen hat.
Dabei spielen rund 880 zu vergebende Stimmen am 5. März eine entscheidende Rolle. Am „Super Tuesday“ wählen 15 Bundesstaaten und ein US-Territorium zeitgleich. In keinem einzigen dieser Bundesstaaten verheißen Umfragen und Demografie Haley einen Sieg. Zum Vergleich: Vor South Carolina hatte Trump 63 Delegierte hinter sich, Haley 17. Nach South Carolina hat Trump bereits über 100 Delegierte hinter sich.
Haleys Kalkül ist kühn und schielt auf den Sommer. Sollte Trump bis dahin in einem der vier dräuenden Strafprozesse verurteilt werden (das erste Verfahren wegen mutmaßlich illegal verbuchter Schweigegeld-Zahlungen an den Porno-Star Stormy Daniels beginnt bereits Ende März), könnte sich Haley auf dem Parteitag in Milwaukee/Wisconsin der „Grand Old Party“ als saubere Alternative anbieten.
30 % der konservativen Wähler wollen einen strafrechtlich verurteilten Trump nicht wählen
Die Strategie fußt auf der auch in South Carolina durch Nachwahl-Befragungen erhärteten Aussage von circa 30 % der Wähler, dass ein strafrechtlich verurteilter Trump selbst bei seiner eigenen Klientel bei der echten Wahl am 5. November gegen den mutmaßlichen Kontrahenten Joe Biden durchfiele.
Ob es tatsächlich so käme, sagen Wahlforscher, bliebe bis zum Schluss offen. Klar sei generell, dass eine große Mehrheit der konservativen Wähler über Trumps Fehltritte, Skandal-Äußerungen und juristische Verwicklungen komplett hinwegsehe. „Sie wollen ihn wieder im Weißen Haus sehen, komme, was wolle.“
Nikki Haley präsentierte sich zuletzt gegenüber Trump immer unversöhnlicher. Sie kritisierte seine putinfreundliche Ukraine-Politik. Sie hält Trumps Äußerungen nach dem Tod des russischen Oppositionellen Alexej Nawalny für „unverantwortlich“. Und sie ging dem Ex-Präsidenten mit persönlichen Angriffen unter die Haut, die vor allem bei Wählerinnen in den Vorstädten verfangen könnten, die Trumps sexistisches Macho-Gehabe schon bei der Wahl 2020 abgestraft hatten.
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Ob diese Strategie funktioniert, hängt ganz maßgeblich vom Faktor Geld ab. Zwar hatte Haley im Januar mit 16,5 Millionen Dollar deutlich mehr Spenden als Trump eingenommen. Damit soll vor „Super Tuesday“ in Bundesstaaten wie Colorado, Massachusetts, Virginia oder North Carolina gezielte TV-Werbung geschaltet werden.
Um Trump längerfristig Paroli bieten zu können, braucht es aber die permanente Unterstützung von Wall-Street-Milliardären und anderen Wirtschaftsführern, die bislang in Haley eine probate Alternative zu Trump erkannten. Hier waren zuletzt Absetzbewegungen zu erkennen. So hat der Industrielle Charles Koch, der über ein landesweit aktives Netzwerk verfügt, seine weitere finanzielle Unterstützung Haleys davon abhängig gemacht, ob sie bei den Vorwahlen substanzielle Fortschritte macht, kurzum: ob sich ein realistisches Sieg-Szenario ableiten lässt.
Wenn Großgeldgeber ihre schützende Hand wegziehen, geht bei Nikki Haley das Licht aus
Das ist nicht geschehen. Haley hatte ihr Ergebnis von 43 % der Stimmen in New Hampshire zum Maßstab für kommende „primaries” gemacht. In ihrem Heimatbundesstaat, wo sich nahezu das komplette republikanische Partei-Establishment bis zum Gouverneur für Trump aussprach, blieb sie unter diesem Wert. Sie verlor abseits des Küstenstreifens um Charleston und Bezirke rund um die Hauptstadt Columbia den kompletten Bundesstaat; und das quer durch alle Alters- und Sozialschichten.
Räumt Donald Trump auch am „Super Tuesday“ ab, verfestigt sich Haleys Verlierer-Image. Dann „könnten Großgeldgeber ihre schützende Hand endgültig wegziehen“, hieß es am Abend im US-Fernsehen, „und das Licht ginge aus“. Nikki Haley bliebe nur die Kapitulation.
Einer, der das gut fände, ist der argentinische Präsident Javier Milei. Bei der CPAC-Konferenz der Konservativen in Washington wünschte der Gastredner aus Südamerika Trump einen großen Erfolg bei der Wahl im November.
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