Washington. Am Freitag hat die Hamas eine Gruppe von Geiseln freigelassen. An der Anbahnung des Deals war auch US-Präsident Joe Biden beteiligt.
Es sieht so aus, als gebe es einen diplomatischen Mini-Erfolg im Krieg Israels gegen die islamistische Terror-Organisation Hamas: Am Freitag wurde eine erste Gruppe von Geiseln freigelassen. Wenn bis Montag kommender Woche auch die weiteren Teile des Details des Deals erfüllt und wie geplant 50 entführte Geiseln aus Gaza gegen 150 inhaftierte Palästinenser ausgetauscht werden, hat ein 81-Jähriger, dem daheim zunehmend die mentale Schärfe für das höchste Staatsamt abgesprochen wird, daran maßgeblichen Anteil: US-Präsident Joe Biden.
Mehrfach, so bestätigen Insider aus Sicherheitskreisen auf Anfrage, „war Biden persönlich das Zünglein an der Waage“. Etwa, als nach der Einnahme des Schifa-Krankenhauses Mitte November durch Israel die Hamas den bereits weit vorangeschrittenen Deal aufkündigte und die Kommunikationsdrähte kappte.
Ägypten hat die längsten Erfahrungen mit der Hamas
Ganze zwei Tage herrschte Funkstille zwischen der Terror-Organisation und Israel/Katar/USA/Ägypten. Ein Anruf von Biden beim Premierminister von Katar brachte die Wende. Mohammed bin Abdulrahman Al-Thani erzeugte mit Unterstützung Kairos, das die mit Abstand längsten Erfahrungen mit der Hamas hat, neues Vertrauen. Die Detail-Verhandlungen über das schwierige Prozedere der Freilassung konnten weitergehen.
Ähnliche „Eisbrecher“-Funktion übernahm Biden, als sich die Hamas tagelang zierte, die konkrete Identität der zur Freilassung anstehenden Geiseln samt Alter, Geschlecht und Nationalität anzugeben. Er machte erneut Druck bei Al-Thani, dessen Vertraute bei der Hamas-Führung ein Umdenken erzeugten. Nur zwei Tage später stimmte auch Israels Premierminister Benjamin Netanjahu der grundsätzlichen Einigung zu.
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Biden sicherte zu, alles in seiner Macht Stehende für Geisel-Befreiung zu tun
Aus dem näheren Umfeld des in Umfragen ein Jahr vor der Wahl daheim prekär unbeliebten Präsidenten ist zu hören, dass Bidens Engagement spätestens nach dem 13. Oktober enormen Schwung erfuhr. Damals kam er mit Dutzenden Angehörigen von Verschleppten in einer Video-Konferenz zusammen. „Es waren herzzerreißende Gespräche, die bis an die Grenze des Erträglichen gingen”, sagte ein Vertrauter. Biden sicherte zu, alles in seiner Macht Stehende zu tun, damit die Geiseln so schnell wie möglich freikommen.
Vorsichtiger Optimismus über die Frage, ob Katar als Dreh- und Angelpunkt der multinationalen Bemühungen wirklich liefern kann, stellte sich bei Biden ein, als die Hamas am 20. Oktober mit Judith und Natalie Raanan zwei Frauen mit israelischer und amerikanischer Staatsbürgerschaft freiließ. Von einem „geglückten Pilotprojekt“ war im Weißen Haus die Rede, auf dem man aufbauen könne.
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CIA-Chef William Burns war im Verhandlungsteam
Bei seinem kleinteiligen Vorgehen, das Biden neben vielen anderen Regierungsgeschäften betrieb, verließ er sich wie schon früher auf eine winzige Gruppe von Vertrauten, die in Fragen von Krieg und Frieden auch an anderen Schauplätzen (Russland, China etc.) für den Präsidenten unersetzbar geworden sind.
So war William Burns, Chef des Auslandsgeheimdienstes CIA, persönlich in Katar vor Ort, um das Kleingedruckte des Deals zu erörtern. Jake Sullivan, der Nationale Sicherheitsberater, sowie Brett McGurk, der erfahrene Gesandte für den Nahen Osten, standen in regelmäßigem Kontakt mit Israels Geheimdienst-Chef David Barnea und engen Beratern von Premierminister Benjamin Netanjahu, der anfangs sehr zögerlich mit dem Geisel-Thema umgegangen war.
Anders als sein Vorgänger Donald Trump, der bei diplomatischen Ausflügen stets jeden Erfolg allein für sich reklamierte (und Misserfolge bei anderen ablud), übte sich Biden in Bescheidenheit. Die Vereinbarung mit der Hamas sei der „Beleg für die unermüdliche Diplomatie und Entschlossenheit vieler”, sagte der Präsident. Er hob besonders die Hilfe von Katars Premier Al-Thani und Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi hervor.
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Israel: Feuerpause gilt vorläufig nur bis zum 27. November
Ob Bidens Kalkül aufgeht und der erste echte Durchbruch sieben Wochen nach den tödlichen Hamas-Angriffen auf Israel in eine schrittweise Befriedung der Lage in Gaza einmünden kann, ist offen. Als Anreiz wurde der Hamas in Aussicht gestellt, dass die Feuerpause, die Stand heute bis zum 27. November gilt, verlängert werden kann – um jeweils einen Tag, an dem die Hamas weitere zehn der insgesamt 240 Geiseln freilassen sollte. Mit jedem Tag, an dem die Kampfhandlungen unterbrochen sind, sagen Analysten in US-Regierungskreisen, „wird der Druck auf Israel größer, intensiver über einen echten Waffenstillstand nachzudenken“.