Berlin. In Deutschland entscheidet oftmals das Portmonee der Eltern darüber, was und wo ein junger Mensch studieren kann. Das darf nicht sein.
Die Semesterferien sind vorüber, die Pandemie ist es sowieso. An den Hochschulen im ganzen Land nimmt in diesen Wochen der Lehrbetrieb wieder Fahrt auf. Ein Leben zwischen Hörsaal, Seminarraum, Bibliothek und Mensa: Hunderttausende Erstsemester sind neu an den Universitäten und Fachhochschulen. Sie treffen dort auf zahlreiche Kommilitonen, die schon länger dabei sind. Im vergangenen Jahr gab es in Deutschland um diese Zeit fast drei Millionen Studenten.
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Es ist gut, dass die finanziellen und sozialen Hürden für ein Hochschulstudium hierzulande vergleichsweise niedrig sind. Die Betonung liegt auf vergleichsweise: Horrende Studiengebühren, wie sie in anderen Industrieländern üblich sind, gibt es zumindest an öffentlichen Einrichtungen in Deutschland nicht. Von jedem Geburtsjahrgang beginnt etwas mehr als jeder Zweite ein Studium. Kritiker mögen von einem „Akademisierungswahn“ sprechen. Und es ist ja auch etwas daran, dass der beruflichen Bildung nicht immer der Stellenwert zukommt, den sie verdient. Ohne seine Ingenieure, Juristen und Betriebswirte wäre die Bundesrepublik kaum das ökonomische Kraftzentrum Europas. Aber ohne seine Facharbeiter und Meister eben auch nicht.
Richtig ist zugleich, dass jeder junge Mensch nach Möglichkeit selbst entscheiden sollte, welchen Weg er einschlägt. Studium oder Lehre: In einem freien Land haben Staat und Politik hier keine Vorgaben zu machen. Deutschland leidet bereits heute unter einem eklatanten Mangel an Arbeitskräften, und der wird sich nach Lage der Dinge in den kommenden Jahren noch einmal dramatisch verschärfen. Das Land braucht jeden klugen Kopf und jede helfende Hand. Wer eine gute Ausbildung vorweisen kann, egal ob akademisch oder betrieblich, der sollte vor der Zukunft nicht bange sein.
Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass ein Studium für etliche junge Menschen und ihre Familien ein gewaltiger Kraftakt bleibt – der viele von ihnen überfordert. Der Zugang zu den Hochschulen mag sehr günstig sein. Aber ein Student muss am Hochschulort wohnen und leben. Reiche Eltern oder nennenswerte eigene Einkünfte haben nur die wenigsten. In der Praxis entscheidet dann oft doch wieder der Geldbeutel der Eltern darüber, wo und was ein junger Mensch studieren kann.
Hochschüler: Preise für Studentenbuden sind rasant gestiegen
Die Wohnungskrise und der Preisanstieg bei Nahrungsmitteln und Energie machen gerade Hochschülern besonders zu schaffen. Die Preise für Studentenbuden sind in den vergangenen Jahren vielerorts explodiert – und dies beileibe nicht nur in Metropolen wie Berlin, Hamburg oder München. Auf dem freien Markt sind Mieten von 500, 600 oder gar 700 Euro für WG-Zimmer vielerorts keine Seltenheit mehr. Das Angebot an geförderten Wohnheimplätzen wiederum ist viel zu gering. Die Interessenten rennen den örtlichen Studentenwerken die Türen ein. Wie marode Straßen und kaputte Schienenwege ist auch das Teil des gewaltigen Investitionsstaus, unter dem das gesamte Land leidet.
Immerhin: Beim Bau von Wohnheimen für Studenten und Azubis tut sich was, die Berliner Ampel-Koalition stellt dafür 1,5 Milliarden Euro bereit. Der nächste logische Schritt wäre, auch die staatliche Studienfinanzierung vom Kopf auf die Füße zu stellen. Es reicht nicht aus, abhängig von der Haushaltslage hin und wieder an den Bafög-Sätzen zu schrauben. Sie müssen verlässlich dynamisiert werden und mit der Inflation und den Löhnen steigen – so wie andere Leistungen auch. Es geht hier nicht um Privilegien für eine bestimmte Gruppe. Es geht um Investitionen in Bildung und damit in die Zukunft des Landes. Das sollte einer selbst ernannten Fortschrittsregierung doch eigentlich am Herzen liegen.
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