Berlin. Zum Start des Wintersemesters sind die Mieten für WG-Zimmer bundesweit kräftig gestiegen. Die Wartelisten für Wohnheimplätze sind lang.
Das Abi ist geschafft, der Wunsch-Studienplatz ergattert, neuer Ort und neue Leute: Hunderttausende junge Menschen in ganz Deutschland beginnen in diesen Wochen zum Wintersemester ein Hochschulstudium. Doch für viele wird der Start in den neuen Lebensabschnitt erst einmal zum Albtraum. Denn in den meisten Hochschulstädten ist der Wohnungsmarkt wie leergefegt. Freie Studentenbuden sind kaum zu kriegen – für die Erstsemester nicht und auch nicht für die, die schon länger dabei sind und etwas Neues suchen. Und wenn ein WG-Zimmer oder ein kleines Appartement zu haben ist, können es sich viele Studenten nicht leisten.
Also wird allenthalben improvisiert, um wenigstens die Erstsemester für eine Übergangszeit unterzubringen: In München etwa können Studienanfänger im Oktober auf dem städtischen Campingplatz für die Hälfte des sonst üblichen Preises zelten. In Göttingen mietet das Studentenwerk Hotelzimmer an und gibt sie verbilligt weiter. Und in Freiburg richtet das dortige Studierendenwerk wie in den Jahren zuvor eine Notunterkunft ein: Es gibt drei Räume, die mit jeweils 16 Leuten belegt werden.
Sicher, nicht überall in der Republik sind die Zustände dramatisch. Verglichen mit vielen traditionsreichen Unistädten und den Metropolen ist etwa im Ruhrgebiet der Mietmarkt eher entspannt, wovon auch Studenten profitieren. Das Gleiche gilt für viele Orte in Ostdeutschland, wenn auch längst nicht mehr für alle.
Hochschulstädte: München und Berlin sind die teuersten Pflaster
Aber dort, wo bezahlbarer Wohnraum fehlt, müssen Studenten viel Zeit damit verbringen, eine Wohnung zu suchen – anstatt in der Vorlesung oder in der Bibliothek zu sitzen. Es geht ganz grundsätzlich auch um Gerechtigkeit und Bildungschancen, wenn die Wahl des Studienorts letztlich von den abhängt. „Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum für Studierende in den Hochschulstädten ist seit Jahrzehnten ein eklatanter Missstand, ein Strukturdefizit des deutschen Hochschulsystems und ein soziales Problem“, sagt der Generalsekretär des Deutschen Studierendenwerkes, Matthias Anbuhl.
Die Knappheit treibt die Preise für Studentenbuden in die Höhe. Diese Entwicklung setzt sich ungebremst fort, wie eine aktuelle Untersuchung des Moses Mendelssohn Instituts (MMI) zeigt. Die auf Immobilienforschung spezialisierte Einrichtung mit Sitz in Berlin und Hamburg wertet regelmäßig Daten des maßgeblichen Internetportals „wg-gesucht.de“ aus. Daraus ergibt sich ein ziemlich präzises Bild darüber, wie sich die Angebotsmieten für übliche WG-Zimmer inklusive Nebenkosten in den Hochschulstädten entwickeln. Die neueste, bisher unveröffentlichte Auswertung zum Start des Wintersemesters 2023/2024 liegt unserer Redaktion in Auszügen vor.
Demnach bleibt die bayerische Landeshauptstadt München das teuerste Pflaster für Studenten in ganz Deutschland: 750 Euro kostet ein freies WG-Zimmer dort inzwischen im Durchschnitt, vor einem Jahr waren es noch 700 Euro. Außergewöhnlich teuer ist auch Berlin, wo laut MMI inzwischen üblicherweise 650 Euro für Zimmer in einer Wohngemeinschaft verlangt werden. Das sind 100 Euro mehr als vor Jahresfrist. Nirgendwo sind die Zimmermieten in den vergangenen Jahren so schnell gestiegen wie in der Bundeshauptstadt: Binnen zehn Jahren haben sich die Preise dort quasi verdoppelt.
Auf Platz drei der teuersten Hochschulstädte folgt Frankfurt am Main, wo ein WG-Zimmer bei Neuvermietung inzwischen durchschnittlich 630 Euro kostet. Vor einem Jahr waren es 580 Euro. Es folgen Hamburg (600 Euro, zuvor 536 Euro) und Köln (570/510 Euro).
Auch in den kleineren, traditionsreichen Universitätsstädten sind die Preise für Studentenbuden oft deutlich gestiegen. In Bonn etwa ist man inzwischen mit durchschnittlich 500 Euro dabei (zuvor 465 Euro), in Münster mit 439 Euro (zuvor 415), in Göttingen mit 395 Euro (366), in Braunschweig mit 390 Euro (347), in Greifswald und Umgebung mit 350 Euro (312) und in Jena mit 335 Euro (306).
Mieten: Die Bafög-Wohnkostenpauschale reicht vielerots nicht aus
Relativ günstig sind WG-Zimmer nach wie vor im Ruhrgebiet, wenngleich auch hier die Preise weiter anziehen: In Essen etwa liegen sie jetzt bei 395 Euro (vorher 350) und in Dortmund bei 388 Euro (350). Eher preiswert ist das studentische Wohnen oft auch in ostdeutschen Großstädten: Für Erfurt etwa errechneten die MMI-Experten eine durchschnittliche Angebotsmiete von 350 Euro (335) und für Leipzig von 370 Euro (320).
Doch selbst diese Preise dürften viele Studenten an die Grenzen ihrer finanziellen Möglichkeiten bringen: Die Bafög-Wohnkostenpauschale liegt derzeit bei 360 Euro im Monat. Und die staatliche Ausbildungsförderung bezog zuletzt ohnehin nur etwa jeder zehnte Student.
Da der private Wohnungsmarkt vielerorts so angespannt ist, versuchen etliche Studenten, in Wohnheimen unterzukommen. Aber auch das ist ein schwieriges Unterfangen – allen Bemühungen der Politik zum Bau neuer Studentenunterkünfte zum Trotz. Das Deutsche Studierendenwerk fragte gerade in elf beliebten Hochschulstädten ab, wie lang dort derzeit die Wartelisten für Wohnheimplätze sind. Ergebnis: Bei den örtlichen Studentenwerken stehen mehr als 32.000 junge Menschen auf den Wartelisten. Allein in München und Umgebung sind es mehr als 12.000 und in Berlin mehr als 3.000.
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