Kairo. Der Beschuss der Klinik im Gazastreifen ist Gift für den Nahen Osten. Die Augen richten sich nun auf den Iran und seine Verbündeten.
Unabhängig davon, wer für den Beschuss des Al-Ahli-Krankenhauses im Zentrum von Gaza-Stadt verantwortlich ist: Die Tragödie mit möglicherweise Hunderten Toten schürt neue Spannungen über das Palästinensergebiet und Israel hinaus. Von Jordanien über Teheran bis nach Berlin: Bereits in der Nacht gingen vielerorts wütende Menschen auf die Straße, um gegen Israel zu protestieren. Dass bisher große Unsicherheit darüber besteht, wer das Geschoss auf die Klinik abgefeuert hat, spielte dabei keine Rolle. Und wird es für viele Aufgebrachte wohl niemals tun, selbst wenn die Urheberschaft einmal belegt werden sollte. Wer vom Hass verblendet ist, hat keinen Blick mehr für die Fakten.
Für die politischen Bemühungen um eine Einhegung des Konflikts ist der Vorfall Gift. Kanzler Olaf Scholz wurde von den Nachrichten über den Beschuss der Klinik während seiner Nahost-Reise kalt erwischt. Während der Kanzler im Flugzeug von Israel nach Ägypten saß, entwickelte sich aus der Nachricht bereits eine diplomatische Krise. Jordanien sagte nur kurz nach den ersten Berichten über den Raketeneinschlag ein Treffen von König Abdullah II., dem ägyptische Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi sowie Palästinenserpräsident Mahmud Abbas mit US-Präsident Joe Biden ab. Schweigen statt Gespräche.
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Nahost-Konflikt: Nun gilt es, die Gemüter zu beruhigen
Der mit großer Hoffnung erwartete Besuch Bidens in der Krisenregion dient nun in erster Linie dazu, die Gemüter auf allen Seiten zu beruhigen. Ebenso der Aufenthalt von Kanzler Olaf Scholz in Kairo. Die neue Zuspitzung der Lage birgt somit die große Gefahr, dass andere Ziele der beiden Besucher in den Hintergrund treten. Das gilt einerseits für das Bemühen um die Freilassung der von der Hamas in den Gazastreifen entführten Geiseln. Scholz hatte bei einem Treffen mit Angehörigen deutscher Geiseln in Tel Aviv noch versprochen, sich für das Schicksal ihrer Liebsten einzusetzen. Für die Familien und Freunde der Verschleppten war der Besuch des Bundeskanzlers ein Schimmer der Hoffnung gewesen.
Durch die Eskalation schwinden aber auch die Hoffnungen, einer humanitären Lösung für die im Gazastreifen gefangenen Zivilisten näherzukommen. Scholz und Biden hatten sich vor ihren Reisen in die Region abgesprochen: Mit Israel und den anderen Staaten der Region wollten sie nach Wegen suchen, die Versorgung der Menschen in dem abgeriegelten Palästinensergebiet mit dem Nötigsten sicherzustellen. Inmitten des Aufruhrs über den Beschuss des Krankenhauses und der gegenseitigen Schuldzuweisungen droht dieses Ziel nun in den Hintergrund zu treten.
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Der Beschuss des Krankenhauses darf kein Vorwand zur Eskalation sein
Denn auch die Gefahr einer Ausweitung des Konflikts ist durch die dramatischen Nachrichten aus Gaza extrem gestiegen. „Es gilt, einen Flächenbrand in der Region zu verhindern“, hatte Scholz alle Mächte der Region während seines Besuchs in Tel Aviv ermahnt. Kein Akteur solle erwägen, von außen in den Konflikt einzugreifen, sagte der Kanzler, ohne den Iran ausdrücklich zu erwähnen. Doch Zweifel über den Adressaten dürften auch nicht in Teheran bestehen.
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Die Tragödie um das Krankenhaus könnte für manche nun ein willkommener Vorwand sein, sollte nach einem Grund für eine Eskalation gesucht werden. Umgehend nach Bekanntwerden des Beschusses rief die vom Iran unterstützte Hisbollah-Miliz im Libanon einen „Tag des Zorns“ aus. Dass die Hisbollah eine zweite Front im Norden Israels eröffnet, gehört zu den größten Sorgen nicht nur Israels. Die gesamte Region ist ein Pulverfass – und die Lunte kurz. Die Weltgemeinschaft muss sich daher umso mehr um Entspannung bemühen.
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