Berlin. Wenn die Armee nach Gaza einrückt, sind auch deutsche Sicherheitsbehörden alarmiert. Wie Hamas-Terroristen unsere Sicherheit bedrohen.
Mit einer israelischen Bodenoffensive gegen die radikalislamische Hamas im Gazastreifen spitzt sich nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden auch die Lage in Deutschland zu. „Je schlimmer die Bilder aus Gaza jetzt werden, desto höher ist die Gefahr einer stärkeren Mobilisierung und Emotionalisierung von Hamas-Unterstützern“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) dieser Redaktion. „Unsere Sicherheitsbehörden beobachten die Entwicklung sehr genau, im Netz genauso wie auf der Straße.“
Den deutschen Sicherheitsbehörden liegen bisher keine Erkenntnisse vor, dass zu Anschlägen in Deutschland aufgerufen wird. Alarmiert sind sie dennoch. „Die aktuellen Entwicklungen in Israel sind dazu geeignet, eine hohe Gefährdungsrelevanz auf die Sicherheitslage in Deutschland zu entfalten“, sagte ein Sprecher des Bundeskriminalamts dieser Redaktion. „Grundsätzlich ist mit demonstrativen Aktivitäten in Verbindung mit verbalen Unmutsbekundungen bis hin zu Sachbeschädigungen oder auch einzelnen Körperverletzungsdelikten in diesem Zusammenhang zu rechnen.“
Angriffe auf Einsatzkräfte durch pro-palästinensische Gruppen möglich
Israel reagierte auf den Terrorangriff der Hamas mit mehr als 1300 Toten zunächst mit Luftrangriffen auf den Gazastreifen. Als nächster Schritt wird eine Bodenoffensive in dem Palästinensergebiet erwartet, der zahlreiche Zivilisten zum Opfer fallen könnten. Die deutschen Sicherheitsbehörden rechnen damit, dass sich die Aggressivität und Agitation bei pro-palästinensischen Gruppen in Deutschland damit verstärkt. Infolge von Protestaktionen und einer stärkeren Solidarisierung mit der Hamas könne es etwa zu Widerstandshandlungen, Sachbeschädigungen und Angriffen auf Einsatzkräfte kommen.
Die nach den Terrorattacken auf Israel ohnehin verschärften Maßnahmen hierzulande wurden in den vergangenen Tagen weiter verstärkt. Die Kommunikation einschlägiger Gruppen werde beobachtet. Das Bundesamt für Verfassungsschutz geht von einem Potenzial von aktiven Hamas-Unterstützern in Deutschland von etwa 450 Personen aus. Die Sicherheitsbehörden rechnen jedoch damit, dass der Krieg im Nahen Osten als „Trigger“ für Muslime mit anti-israelischen Ansichten wirkt, der zu einer Radikalisierung führen kann.
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Faeser: Allerhöchste Priorität hat der Schutz von Jüdinnen und Juden in Deutschland
Verwiesen wird auf den letzten Bericht „Lagebild Antisemitismus“ des Bundesamts für Verfassungsschutz. „Das Personenpotenzial der als israelfeindlich eingeschätzten Palästinenserorganisationen hat sich seit 2015 um eine nicht näher bestimmbare Anzahl von Palästinenserinnen und Palästinensern, die infolge des syrischen Bürgerkriegs nach Deutschland gekommen sind, erhöht“, heißt es darin. „Wie Ermittlungen zu einzelnen Sachverhalten gezeigt haben, sind viele dieser Personen zumindest israelfeindlich eingestellt.“
In mehreren deutschen Städten hatte es am Wochenende pro-palästinensische Demonstrationen gegeben, mancherorts waren solche Veranstaltungen untersagt worden. „Allerhöchste Priorität hat weiterhin der Schutz von Jüdinnen und Juden in Deutschland und von jüdischen und israelischen Einrichtungen“, sagte Faeser. Der Schutz sei nochmals verstärkt worden. Zu den Kundgebungen sagte die Innenministerin: „Die Versammlungs- und die Meinungsfreiheit sind zentrale Rechte unserer Verfassung, die wir schützen.“
Antisemitismus-Beauftragter fordert Verschärfung des Volksverhetzungsparagrafen
Der Rechtsstaat werde aber das Überschreiten einer „rote Linie“ verhindern – „mit Versammlungsverboten, wenn antisemitische Hetze droht, und hartem polizeilichen Einschreiten“. Zudem gelte es, „alle rechtlichen Möglichkeiten“ zur Ausweisung von Hamas-Unterstützern zu nutzen. Faeser verwies auf die geplante Reform des Staatsangehörigkeitsrechts. „Wer mit antisemitischen Handlungen auffällt, kann keinesfalls den deutschen Pass bekommen.“
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Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, forderte eine Verschärfung des Volksverhetzungsparagrafen, damit „Polizei und Justiz noch besser in die Lage versetzt werden, Bedrohungen aus dem islamistischen Umfeld in den Griff zu bekommen“. Es gebe bisher große Schwierigkeiten in der Praxis; Ermittlungsverfahren würden zum Unverständnis von Betroffenen und Öffentlichkeit oft eingestellt, sagte Klein dieser Redaktion. Der Paragraf solle daher angewendet werden, „ohne dass die Störung des öffentlichen Friedens durch die volksverhetzende Handlung festgestellt werden muss“.
Grünen-Politiker von Notz: Iranische Revolutionsgarden stärker in den Blick nehmen
Die Gefährdungslage in Deutschland durch den Krieg in Nahost dürfte am Montag zentrales Thema im Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags sein. Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang, der Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND) Bruno Kahl sowie die Präsidentin des Bundesamtes für den Militärischen Abschirmdienst, Martina Rosenberg, kommen zu einer öffentlichen Anhörung in das für die Geheimdienste zuständige Gremium. Der Vorsitzende des Gremiums, Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz, sagte dieser Redaktion, die ohnehin schon angespannte Sicherheitslage habe sich „noch einmal signifikant“ verschärft. „Gerade mit Blick auf den notwendigen Schutz jüdischer Einrichtungen, aber auch das aktuelle Demonstrationsgeschehen in mehreren Städten Deutschlands ist es zwingend notwendig, sehr wachsam zu bleiben.“
Von Notz unterstützte das von Kanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigte Betätigungsverbot für die Hamas in Deutschland, forderte aber weitere Schritte. „Einrichtungen wie das Islamische Zentrum in Hamburg müssen endlich geschlossen, Akteure wie die Iranischen Revolutionsgarden stärker in den Blick genommen und ihre Aktivitäten rechtsstaatlich effektiv unterbunden werden“, sagte der Innenexperte.
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