Washington. Auf den Hamas-Angriff in Israel reagieren die USA mit einem militärischem Muskelspiel – doch Leidtragender könnte die Ukraine sein.
Mit einer umfassenden, militärischen Antwort auf den Überraschungsangriff der radikal-islamischen Hamas auf Israel haben die USA nicht lange gezögert. Der Flugzeugträger USS Gerald Ford und mehrere Kriegsschiffe sind bereits auf dem Weg in die Krisenregion, und die Regierung in Washington hat Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die volle Unterstützung seitens der USA zugesagt.
Gleichwohl bringt der von Netanjahu erklärte Krieg die Regierung von US-PräsidentJoe Biden in Bedrängnis. Für mehr Militärhilfe fehlt es am notwendigen Geld. Dass sich dafür nach der plötzlichen Abwahl von Kevin McCarthy, der Sprecher des Repräsentantenhauses war, in der heillos zerstrittenen Kongresskammer die notwendige Unterstützung finden lässt, ist aber unwahrscheinlich. Darunter könnten wiederum Hilfsgelder für die Ukraine leiden, die ohnehin schon Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen sind.
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Die Solidaritätsbekenntnisse in Washington kamen von allen Seiten. Nachdem Biden gesagt hatte, dass "es keine Rechtfertigung für Terrorismus gibt und alle Länder im Kampf gegen die brutalen Atrozitäten vereint sein müssen", betonte Verteidigungsminister Lloyd Austin, dass neben dem neuen Flugzeugträger fünf Lenkwaffenkreuzer und Zerstörer Kurs auf das östliche Mittelmeer genommen haben. Auch seien weitere Kampfflugzeuge auf dem Weg, "um einen maximalen Abschreckungseffekt zu entfalten", so Austin.
Weißes Haus und Pentagon stehen unter Druck
Die Frage lautet nun, ob Washington es bei diesem militärischen Muskelspiel bewenden lässt – und das bringt das Weiße Haus sowie das Pentagon in Not. So hat die Tatsache, dass sich auch US-Staatsbürger unter den Opfern befinden, Rufe nach einer sofortigen Militäraktion gegen die Hamas laut werden lassen. Auf der anderen Seite befürchtet Außenminister Antony Blinken, dass die USA mit einem vorzeitigen Militärschlag zu einer Eskalation beitragen könnten.
Unter anderem könnten die geheimen Verhandlungen mit dem Iran, die Teherans Nuklearprogramm in Schach halten sollen, gefährdet sein. Auch hat die US-Regierung die Sorge, dass eine voreilige militärische Aktion zur Folge haben könnte, dass sich der Konflikt auf die gesamte Region ausbreitet.
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Unterdessen sind Hilfsgelder in den Mittelpunkt des seit Monaten tobenden Streits um einen neuen US-Haushalt geraten. Für Israel sind drei Milliarden Dollar an militärischer Unterstützung bereits bewilligt, und die meisten damit finanzierten Waffen für Israel sind laut Blinken "bereits in der Pipeline". Leidtragender des Haushaltsstreits und des politischen Patts um eine neue Führungsspitze im Repräsentantenhaus könnte auch die Ukraine sein.
24 Milliarden Dollar an weiterer Militär- und Wirtschaftshilfe für die Ukraine sind ohnehin ins Wanken geraten. Jene rechtsgerichteten Republikaner, die den Putsch gegen McCarthy inszenierten und nun im Repräsentantenhaus den Ton angeben, sehen Israel als klare Priorität an und lehnen weitere Unterstützung für die Ukraine kategorisch ab. Biden erwägt daher nun, die Republikaner mit einem "One on one"-Paket zu umgehen und sogar 100 Milliarden Dollar an neuer Hilfe für die Opfer des russischen Angriffskriegs zu beantragen.
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