Berlin. Auf Rhodos wüten verheerende Waldbrände. Drohen solche Feuer auch in Deutschland? Ein Experte hält vor allem den Osten für gefährdet.
- Griechenland, Italien, Portugal - Ausgerechnet in den beliebtesten Urlaubsländern der Deutschen sind schwere Feuer ausgebrochen
- Die Waldbrände werden immer wieder angefacht, die Feuerwehr hat vielerorts Probleme, die Situation unter Kontrolle zu bringen
- Ist ein solches Flammen-Inferno wie etwa in Rhodos auch in Deutschland möglich?
Rund 150 Quadratkilometer Wald und landwirtschaftlich genutzte Fläche sind auf der griechischen Urlaubsinsel Rhodos in den vergangenen Tagen durch die verheerenden Waldbrände zerstört worden. Das entspricht in etwa der Fläche großer deutscher Städte wie Bochum, Gera oder Mannheim. Die Feuerwehr setzt Löschflugzeuge und Helikopter ein, um die Flammen unter Kontrolle zu bringen. Tausende Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden.
Auch anderswo in Griechenland brennt es aktuell, ebenso in Teilen Italiens und der Türkei. Deutschland hat in diesem Jahr ebenfalls mehrfach mit Waldbränden zu kämpfen gehabt. „Und die Waldbrandgefahr bleibt hoch, der Klimawandel führt zu immer trockeneren und heißeren Sommern“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kürzlich. „Wir müssen uns für diese Gefahren viel stärker wappnen, als das in der Vergangenheit der Fall war.“ Wie gut ist Deutschland auf Waldbrände derzeit vorbereitet?
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Feuer in Italien und Griechenland: Wie stark ist Deutschland von Waldbränden betroffen?
Im vergangenen Jahr gab es in Deutschland 2397 Waldbrände. Dadurch wurden nach Angaben der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung mehr als 3000 Hektar Naturflächen vernichtet. Damit verbrannte 2022 in Deutschland die zweitgrößte Waldfläche seit Beginn der Erhebung vor 45 Jahren. Auch die Zahl der Brände lag deutlich über dem jährlichen Mittelwert von 1160 Bränden. Das am stärksten betroffene Bundesland war demnach Brandenburg mit 523 Bränden auf rund 1426 Hektar. Fast 70 Prozent aller Brände bundesweit entstanden zwischen Juni und August.
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Waldbrände in Deutschland: Wie ist die Feuerwehr aufgestellt?
Es gibt in Deutschland, vor allem im ländlichen Raum, 22.000 Freiwillige Feuerwehren. Hinzu kommen knapp 110 Berufsfeuerwehren, diese sind besonders in den Städten im Einsatz. Der Deutsche Feuerwehrverband listet zudem gut 20.500 Jugendfeuerwehren und etwa 750 Werkfeuerwehren. Somit haben die Feuerwehren in Deutschland mehr als eine Million Mitglieder.
Der Brand- und Katastrophenschutz ist Aufgabe der Bundesländer. Brauchen die Kräfte vor Ort bei der Bekämpfung eines Brandes Unterstützung, können die Bundeswehr, die Bundespolizei und das Technische Hilfswerk (THW) zur Unterstützung gerufen werden. Die Kosten für die im Rahmen dieser Amtshilfe geleisteten Einsätze müssen von den Kommunen getragen werden. Im Ausnahmefall könne der Bund auf die Erstattung verzichten, teilt das Bundesinnenministerium mit.
In welchem Umfang hilft die Bundeswehr?
Im Jahr 2022 war die Bundeswehr 43 Mal im Einsatz, um mit Hubschraubern bei der Waldbrandbekämpfung zu helfen. Dabei fielen rund 723 Flugstunden an, die Soldatinnen und Soldaten setzten mehr als 6,6 Millionen Liter Wasser ein. In diesem Jahr kam die Bundeswehr bisher zweimal mit Hubschraubern zur Hilfe. Um aus der Luft zu löschen, nutzt die Bundeswehr die Hubschraubertypen CH 53 und NH90, die mit Außenlastbehältern 5000 beziehungsweise 2000 Liter Löschwasser aufnehmen können.
Zur Unterstützung der Brandbekämpfung am Boden hilft die Bundeswehr mit dem Einsatz von Bundeswehrfeuerwehren, dem Pionierpanzer „Dachs“, um Brandschutz-Schneisen zu schlagen, oder dem Transportpanzer „Fuchs“ zur Erkundung des Brandgebiets.Helfer des THW unterstützen im vergangenen Jahr rund 87.000 Dienststunden bei Wald-, Heide- und Moorbränden. Etwa 13.000 Stunden sind es bisher in 2023, zum Beispiel bei einem Brand im Hochmoor Hohes Venn an der deutsch-belgischen Grenze.
Urlaub in Deutschland sicher? Waldbrände wie auf Rhodos nicht realistisch
„Feuer wie in Rhodos werden wir nicht erleben“, ist sich Ulrich Cimolino sicher. Zur Begründung nennt der Vorsitzende des Arbeitskreises Waldbrand beim Deutschen Feuerwehrverband (DFV) einerseits das flächendeckende Netz an Freiwilligen Feuerwehren in Deutschland, das es in Griechenland und den meisten anderen europäischen Ländern nicht gebe.
Der Experte sieht zudem die Gegebenheiten in Griechenland als Grund für den verheerenden Brand. „Rhodos liegt im Mittelmeer in einem Gebiet, in dem üblicherweise im Sommer regelmäßig und länger starke Winde herrschen“, sagte Cimolino dieser Redaktion. Die Winde fachen die Feuer auf der Insel gefährlich an. Neben dem Wind führten auch Hitze, Trockenheit, Hanglagen, trockene und in Südeuropa oft harzhaltige Vegetation in der Region zu schlimmeren Waldbränden als in Deutschland.
Waldbrände: Welche besonderen Gefahren gibt es hierzulande?
In Deutschland kommt es nur selten vor, dass Brandgebiete schwer zugänglich sind, wie es im vergangenen Sommer bei dem Brand im Nationalpark Sächsische Schweiz im deutsch-tschechischen Grenzgebiet der Fall war. Als große Gefahr gelten munitionsbelastete Flächen, die vor allem im Osten Deutschlands auf früheren Truppenübungsplätzen zu finden sind.
Die in der Erde liegende Altmunition kann im Falle eines Brandes detonieren und dadurch nicht nur das Feuer weiter anfachen, sondern auch den Einsatz für die Feuerwehrleute am Boden lebensgefährlich machen. Deswegen kommt immer wieder die Diskussion auf, ob der Bund eine Löschflugzeugstaffel anschaffen müsse.
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Warum werden in Deutschland so wenige Löschflugzeuge eingesetzt?
Nach Angaben von DFV-Experte Cimolino verfügt Deutschland über 70 Helikopter, die für die Brandbekämpfung aus der Luft geeignet sind, sowie über derzeit drei Löschflugzeuge. Zwei leichte Löschflugzeuge sind seit diesem Sommer für Einsätze im In- und Ausland als Teil einer EU-Flotte in Braunschweig stationiert.
Der Bund unterstützt die Stationierung in diesem und im kommenden Jahr mit 900.000 Euro. Ein weiteres Flugzeug steht im Harz bereit. Der Landkreis Harz hatte infolge eines Großbrands am Brocken im Herbst 2022 einen Vertrag mit einem Unternehmen geschlossen, das immer zeitnah ein Löschflugzeug zur Verfügung stellt.
Der Nutzen von Löschflugzeugen in Deutschland ist umstritten, unter anderem da Hubschrauber für die Brandbekämpfung abrufbar sind. Im Gegensatz zu anderen Ländern, wo vor allem Flugzeuge zum Einsatz kommen, sind hierzulande zudem die Einsatzflächen kleiner und die Dichte der Feuerwehrstationen größer. Außerdem kann Deutschland im Ernstfall Löschflugzeuge aus anderen EU-Staaten anfordern. Manche Experten halten Löschflugzeuge aber für eine sinnvolle Ergänzung zu den Helikoptern.
Cimolino fordert zudem eine bessere Ausbildung, etwa für Löscheinsätze aus der Luft. Der DFV-Experte spricht sich zudem dafür aus, dass kleine Kommunen nicht auf den Kosten sitzenbleiben dürften, besonders wenn sie Hilfe aus der Luft anfordern.
In einer Ausschusssitzung im Bundestag zur Waldbrandbekämpfung im April mahnte Cimolino außerdem, vom Ausland zu lernen: „Wir sind in der Gefahrenabwehr in Deutschland von diesen Großlagen längst nicht mehr führend in der Welt, sondern eher im unteren Drittel der entwickelten Länder.“