Rhodos/Berlin. Tausende wollen wegen der Waldbrände Rhodos verlassen. Am Flughafen herrscht Chaos, Sonderflüge sollen helfen. Gibt es genug Maschinen?
Aus dem mitunter lang ersehnten Traumurlaub in Griechenland wurde für tausende Urlauberinnen und Urlauber ein wahrer Alptraum. Die Waldbrände auf Rhodos haben ein Ausmaß angenommen, dass viele Touristen um ihr Leben fürchten müssen. Auf dem Flughafen von Rhodos herrsche pures Chaos, heißt es von vielen. Die Reisenden haben nur ein Ziel: Endlich weg. Doch das gestaltet sich schwierig. Lesen Sie dazu: Urlaub geht in Flammen auf – Diese Rechte haben Reisende
Der Deutsche Reiseverband (DRV) teilte am Montag mit: „Die Reiseveranstalter haben heute, morgen und am Mittwoch zahlreiche Sonderflüge im Einsatz, um die von den Evakuierungen betroffenen Reisegäste des Waldbrandes zurück nach Hause zu bringen.“ Allerdings ist komplett unklar, wie lange es dauern wird, alle Urlauber aus den Notunterkünften auszufliegen.
Die Organisation sei eine Herausforderung, so Kerstin Heinen vom DRV gegenüber dieser Redaktion: „Hochsaison bedeutet auch, dass die Kapazitäten der Flugzeuge weitgehend ausgeschöpft sind.“ Es sei also nicht so einfach, eine Vielzahl von Maschinen zur Abholung bereit zu stellen. Auch interessant: Waldbrände in Europa – Wo Urlauber besonders aufpassen müssen
Tui: Urlauber können Reisen wegen Waldbränden stornieren
Tui hat Reisen nach Rhodos bis Mitte nächster Woche ausgesetzt. Sprecher Aage Dünhaupt sagte dieser Redaktion: „Tui führt aber den Flugbetrieb von und nach Rhodos weiter fort, um Gäste zurück nach Hause zu bringen. Gästen vor Abreise bis einschließlich Freitag, 28. Juli, bietet TUI Deutschland kostenlose Umbuchungen und Stornierungen an – dies kann über die jeweilige Buchungsstelle veranlasst werden.“
Auch das ist nicht so einfach: Kerstin Heinen weist darauf hin, dass das eine logistische Herausforderung sei. Es sei Hochsaison, zudem seien die Deutschen in diesem Sommer in absoluter Reisestimmung. Von daher stelle sich die Frage, wohin die Reisenden überhaupt noch ausweichen könnten.
Waldbrände auf Rhodos: Urlauberin berichtet über „die Hölle auf Erden“
Touristen, die bereits wieder glücklich zu Hause angekommen sind, haben schlimme Erinnerungen an ihre Rückreise: Es sei „die Hölle auf Erden“ gewesen, sagte die 38-jährige Lena Schwarz einem Reporter am Sonntagabend nach ihrer Ankunft am Flughafen von Hannover. Sie seien „bei 42 Grad mit Sack und Pack zehn Kilometer zu Fuß vor den Flammen weggelaufen“.
Viele Betroffene klagen über die schlecht organisierten Evakuierungen. „Wir sind bis zum Ende im Hotel geblieben und von allen Seiten kam Feuer“, so eine Augenzeugin. Schließlich seien sie mit anderen an den Strand gerannt. Dort hätten sie ihre Koffer in den Sand geschmissen – „und dann weg“. Auch interessant: Waldbrände auf Rhodos – 19.000 Menschen evakuiert
Weg von Rhodos: Alternative Möglichkeiten zur Rückreise – mit Linienflieger oder per Schiff
Am Flughafen herrsche ein wildes Hin und Her, berichten Augenzeugen. Viele Urlauber suchten auch alternative Möglichkeiten, um die Insel zu verlassen und nach Deutschland zu kommen. Aegean Airlines fliegt sieben Mal am Tag von Rhodos nach Athen und von dort weiter nach München, Frankfurt, Düsseldorf, Hannover, Hamburg oder Berlin, heißt es. Allerdings müssen die Tickets aus eigener Tasche bezahlt werden. Für eine ganz Familie oft unerschwinglich.
Auch die Rückreise per Schiff sei schwierig, heißt es an den Informationsstellen. Die Reise vom Hafen Piräus dauere je nach Strecke 17 bis 20 Stunden. Und die Touristen müssten ja erst von Rhodos nach Athen kommen.
Vorsitzender des Hotelierverbandes wehrt sich gegen Kritik
Die Stimmung der Touristen ist auf dem Nullpunkt: Überall begegne einem nur Chaos auf der Insel, heißt es von vielen. Vor allem natürlich jetzt am Flughafen, so schildern es Urlauber.
Doch der Vorsitzende des Hotelierverbands von Rhodos, Manolis Markopoulos, verteidigte seine Insel gegen die Kritik: „Angesichts dieser gigantischen Evakuierungen haben wir die Situation so gut wie möglich gemeistert“, sagte er. „Alle sind gerettet und befinden sich nun an sicheren Orten. Niemand ist hungrig oder durstig“.
Waldbrände auf Rhodos: Provisorische Ausweispapiere für die Rückreise
Es sei viel organisiert worden: Das griechische Außenministerium, ausländische Konsulate und Reiseveranstalter haben am Flughafen Helpdesks eingerichtet, um den Menschen bei der Reservierung ihrer Rückflüge und der Ausstellung provisorischer Ausweispapiere zu helfen. Bis zum Montagmittag wurden nach inoffiziellen Angaben etwa 2000 Menschen nach Großbritannien, Deutschland und Italien geflogen. Auch für Dienstag und Mittwoch sind zahlreiche Sonderflüge geplant.
Tausend Touristen auf Korfu von Waldbrand betroffen
Griechenland leidet derzeit unter der vermutlich längsten Hitzewelle seiner Geschichte. Am Montag galt für viele Gegenden im Land erneut die höchste Warnstufe. Nicht nur Rhodos ist betroffen, auch auf Korfu brennt es. In der Nacht zum Montag wurden dort rund 1000 Touristen aus der Umgebung des beliebten Ferienortes Nisaki evakuiert. Sie konnten aber am Montag nach und nach wieder in ihre Hotels zurückkehren. „Wir befinden uns im Krieg“ gegen die Flammen, sagt Regierungschef Mitsotakis in Athen.
Mehrere deutsche Veranstalter haben Reisen in die betroffenen Gebiete für die nächsten Tage abgesagt. Dazu gehören Aufenthalte im Süden von Rhodos und in Hotels auf Korfu, die in der offiziell ausgewiesenen Gefahrenzone liegen. Auf Rhodos halten sich aktuell etwa 200.000 Feriengäste auf. Jeder zehnte Gast ist aktuell von den Evakuierungen betroffen. Die meisten von ihnen wurden mit Reisebussen und Taxis in den Inselnorden gebracht, der von den Bränden nicht betroffen ist.
Tourismusministerin bittet Touristen, Reisen nicht zu stornieren
Die griechische Tourismusministerin Olga Kefalogianni appellierte in der BBC an britische Urlauber, ihre geplanten Ferien auf Rhodos und Korfu nicht zu stornieren. Nachdem Griechenland am Wochenende Hitze mit bis zu 45 Grad meldete, gingen die Temperaturen am Montag etwas zurück. Für Dienstag und Mittwoch erwarten die Meteorologen aber in vielen Landesteilen wieder Werte von mehr als 40 Grad.
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Neben dem Chaos machten die Urlauber auch schöne Erfahrungen und bedankten sich bei vielen Einheimischen, die in den Notunterkünften mithalfen: Sie boten obdachlosen Touristen Schlafmöglichkeiten in ihren Wohnungen an oder brachten Decken und Campingliegen in die Unterkünfte.