Rom. Seit August liegt die „Bayesian“ vor Sizilien auf Grund. Noch immer ist unklar, warum sie gesunken ist – und die Bergung verzögert sich.
Hohe Wellen, kalter Wind und Regen: Der Hafen Porticello nahe Palermo wirkt verlassen. In diesem nasskalten Januar bleiben Sizilien die Touristen fern, lediglich einige Fischer arbeiten an ihren Netzen. Dort draußen, 50 Meter tief im Wasser der Bucht, liegt sie noch immer: die gesunkene Segelyacht „Bayesian“. Bei dem Schiffsunglück am 19. August kamen sieben Personen, darunter der britische Milliardär Mike Lynch und seine 18-jährige Tochter, ums Leben. Weitere 15 Personen konnten sich retten.
Bald ein halbes Jahr nach dem Unglück hätte Mitte Januar die Bergung der 56-Meter-Yacht beginnen sollen. Doch die Arbeiten verzögern sich und werden voraussichtlich nicht vor April beginnen. Grund ist die „Komplexität der Operationen“, wie das Hafenamt Palermo mitteilt.
„Bayesian“: Bergung gestaltet sich schwierig
Die Bergung stellt die Beteiligten vor große logistische Herausforderungen, heißt es von Seiten der Behörde. Demnach sei die Unversehrtheit der Yacht für die laufenden Ermittlungen von entscheidender Bedeutung. Acht Pläne wurden der Hafenbehörde von Palermo für die Bergung vorgelegt, nur zwei gelten als durchführbar. Der Eigner der Yacht – eine Gesellschaft im Besitz von Angela Bacares, der Frau des verstorbenen Milliardärs Mike Lynch – muss noch eine Entscheidung über den besten Bergungsplan treffen. Dieser muss dann von der Hafenbehörde Palermos genehmigt werden.
Die Operation gilt als sehr komplex, da neben der 473 Tonnen schweren Yacht auch der 72 Meter lange Mast intakt geborgen werden muss. Überlegt wird, wie der Rumpf gedreht und in eine horizontale Position gebracht werden könnte, um ihn dann mit einem Kran zu heben. Dabei soll auch verhindert werden, dass die 18.000 Liter Treibstoff auslaufen, die sich noch in den Tanks befinden.
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Die Namen der Unternehmen, die die Bergung durchführen könnten, wurden nicht bekanntgegeben. Erwartet wird, dass die Arbeiten etwa einen Monat dauern werden. Der Start im April hätte zumindest einen Vorteil, denn er würde bessere Wetterbedingungen für die Techniker garantieren. Die Kosten für die Bergung werden auf bis zu 30 Mio. Euro geschätzt. Das Schiff war über zwei Policen versichert, die allerdings nur Schäden von bis zu zwei Milliarden Euro abdecken.
Ermittlungen laufen – Werft nannte Superyacht „unsinkbar“
Sobald es geborgen ist, soll das Wrack für weitere Ermittlungen in die Werft von Palermo gebracht werden. Die italienischen Ermittler haben eine Untersuchung gegen den neuseeländischen Kapitän und zwei Mitglieder seiner Besatzung aufgenommen, die sich jedoch noch viele Monate hinziehen könnte. Menschliches Versagen, offenstehende Luken, Konstruktionsmängel – noch ist keine Theorie zum Untergang der „Bayesian“ offiziell widerlegt worden.
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Auf erste Andeutungen, dass der Hersteller des Bootes, „The Italian Sea Group“ (TISG), für den Untergang verantwortlich gemacht werden könnte, reagierte die auf den Bau von Superyachten spezialisierte Werft mit einer Klage wegen „Rufschädigung“. Der Vorstandsvorsitzende von TISG, Giovanni Costantino, hatte nach dem Unglück versichert, die „Bayesian“ sei „unsinkbar“ gewesen, und behauptet, die Fahrlässigkeit der Besatzung habe den Vorfall verursacht.
Bisher wurde noch keine formelle Anklage gegen den Kapitän und die beiden Besatzungsmitglieder erhoben. Da die „Bayesian“ in Großbritannien gemeldet war, ist inzwischen auch der britische Marine Accident Investigation Branch (MAIB) an den Ermittlungen beteiligt. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass der MAIB-Ermittlungsbericht veröffentlicht wird, bevor das Boot vom Meeresgrund gehoben werden kann.
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