Berlin. Lynch wollte mit dem Segelausflug seinen Freispruch feiern. Nun gilt er als vermisst. Ein Mit-Angeklagter starb erst vor wenigen Tagen.

Nach dem schweren Bootsunglück am Montag vor Sizilien gelten sechs Menschen noch immer als vermisst – unter ihnen der britische Tech-Gigant und Yachtbesitzer, Mike Lynch (59). Gerade für ihn sollte es eine erholsame Urlaubsfahrt mit Freunden und Familie werden, denn es gab etwas zu feiern: Lynch war nur wenige Wochen vorher in den USA von Betrugsvorwürfen freigesprochen worden, die ihn für 25 Jahre hinter Gitter hätten bringen können. Lynch war vorgeworfen worden, die Umsätze seines Software-Unternehmens Autonomy vor dem lukrativen Verkauf im Jahr 2011 manipuliert zu haben.

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Wie englischsprachige Medien nun berichten, ist er nicht der einzige Beschuldigte in dem Gerichtsverfahren, den nach dem Freispruch ein tragisches Schicksal ereilte: Vor wenigen Tagen erst starb Stephen Chamberlain, Lynchs Mit-Angeklagter und ehemaliger Finanz-Manager bei Autonomy, im britischen Cambridgeshire. Wie sein Anwalt Gary Lincenberg bestätigte, wurde Chamberlain beim Joggen am vergangenen Samstag von einem Auto erfasst. Der 52-Jährige erlitt tödliche Verletzungen, denen er wenig später im Krankenhaus erlag.

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Nach Bootsunglück: „Kann nicht verstehen, was passiert ist“

Die örtliche Polizei hatte Zeugen um Hinweise zu einem Zusammenstoß zwischen einem Auto und einem Mann in seinen 50ern gebeten. Wie „CNN“ unter Berufung auf die britischen Behörden berichtet, soll die 49-jährige Fahrerin von der Polizei verhört worden sein.

Stephen Chamberlain war wie Lynch wegen Betrugs angeklagt. Nur wenige Tage vor dem Bootsunglück seines ehemaligen Chefs wurde er angefahren und tödlich verletzt.
Stephen Chamberlain war wie Lynch wegen Betrugs angeklagt. Nur wenige Tage vor dem Bootsunglück seines ehemaligen Chefs wurde er angefahren und tödlich verletzt. © Courtesy Gary Lincenberg | Courtesy Gary Lincenberg

Wie Lynch hatte ein US-Gericht im Juni auch Chamberlain von allen 15 Vorwürfen des Betrugs freigesprochen. Chamberlain hatte Autonomy laut „Guardian“ bereits 2012 verlassen, um eine Stelle als Manager bei der Cybersecurity-Firma Darktrace anzutreten. Er betätigte sich demnach außerdem als Finanzdirektor beim britischen Fußball-Erstligisten Cambridge United. Chamberlains Anwalt und Freund bezeichnete den Verstorbenen als einen „mutigen Mann mit beispielloser Integrität“. Er habe erfolgreich darum gekämpft, seinen guten Namen reinzuwaschen, so Lincenberg. Wenige Monate später ist er tot.

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Nachdem nun auch noch Lynch als vermisst gilt, zeigte sich Gary Lincenberg gegenüber „Business Insider“ geschockt: „Ich kann nicht verstehen, was passiert ist, aber in nur 48 Stunden sind sowohl zwei unserer Klienten als auch Chris und seine Frau tot.“ Gemeint ist Chris Morvillo, Anwalt bei Clifford Chance, der Lynch vor Gericht vertreten hatte und mit seiner Frau ebenfalls zu den Gästen an Bord zählte.

Britische Behörde leitet Untersuchung zu Bootsunglück ein

Noch sind die Vermissten nicht offiziell für tot erklärt, die Suche mit Tauchern läuft weiter. Wie „CNN“ unter Berufung auf eine anonyme Quelle schreibt, hat der britische „Marine Accident Investigation Branch“ (MAIB) ein Gutachter-Team nach Palermo entsandt. Es soll eine Untersuchung an der Yacht durchführen. Unklar blieb, wann das Team in Italien eintreffen soll.

Nach dem Untergang seiner Yacht vor Sizilien gilt er weiter als vermisst: Tech-Magnat Mike Lynch.
Nach dem Untergang seiner Yacht vor Sizilien gilt er weiter als vermisst: Tech-Magnat Mike Lynch. © DPA Images | Yui Mok

Medienberichten zufolge, ist das gesunkene Boot – die „Bayesian“ – auf Revtom Limited registriert, die Firma von Lynchs Frau Angela Bacares. Zusammen mit 14 anderen Passagieren konnte sie nach dem Untergang des Seglers gerettet werden. Wie ihr Mann gilt auch die gemeinsame Tochter (18) als vermisst.

Sein stolzes Vermögen – „Sunday Times“ schreibt von geschätzten 587 Millionen Euro – erlangte Lynch unter anderem mit dem Verkauf seines Software-Unternehmens. Die Firma Hewlett-Packard zahlte ihm elf Milliarden US-Dollar für Autonomy, musste jedoch innerhalb eines Jahres herbe Verluste einstecken. Lynch und anderen Führungskräften wurde später vorgeworfen, Akten gefälscht und Umsätze nach oben korrigiert zu haben.

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