Berlin. Eine Wasserhose oder ein „Wassertornado“ sollen die Yacht „Bayesian“ versenkt haben, berichten Augenzeugen. Was ist das für ein Wetterphänomen?

Das Meer vor Sizilien hat die Luxusyacht „Bayesian“ verschlungen. Das 35 Millionen Dollar teure Schiff beherbergte insgesamt 22 Menschen, darunter den britischen Tech-Milliardär Mike Lynch und seine 18 Jahre alte Tochter Hannah. Lynch hatte die Bootsfahrt offenbar für Arbeitskollegen organisiert. Vor der Küste von Porticello kam es dann in den Montag-Morgenstunden zum Unglück: Ein schwerer Sturm zog über die ankernde Yacht, überraschte die Besatzung im Schlaf. Sechs Menschen werden vermisst, darunter Lynch und seine Tochter. Mindestens ein Mensch kam ums Leben: der Schiffskoch.

Augenzeugen schilderten in italienischen Medien, der 72 Meter hohe Mast sei in zwei gebrochen, die „Bayesian“ habe dann ihr Gleichgewicht verloren und sei gekentert. Schnell muss alles gegangen sein, nur eine Signalrakete konnte die Besatzung noch abfeuern, ein verzweifelter Schrei nach Hilfe im pechschwarzen Wasser vor Sizilien. „Das Boot war erst noch über Wasser, dann verschwand es ganz plötzlich“, sagte ein Zeuge dem „Gironale di Sicilia“.

„Bayesian“ gesunken: Augenzeugen berichten von einer Wasserhose

Der „Bayesian“ und ihrer Besatzung wurde offenbar eine Wasserhose zum Verhängnis, auch das lässt sich aus den Augenzeugenberichten herauslesen. Der Deutsche Wetterdienst beschreibt das Wetterphänomen als „Tornado über dem Meer“. Sie entstehen, wenn starke Temperaturgegensätze zwischen Luftschichten herrschen „und Luft aufsteigt beziehungsweise gehoben wird“, schreibt der DWD auf seiner Website.

Dabei wird Kondensationswärme freigesetzt, die zusammen mit plötzlich wechselnder Windrichtung oder Zunahme der Windgeschwindigkeit einen „rotierenden Aufwindschlauch“ erzeugt. Die gewaltigen Naturkräfte, mit Windgeschwindigkeiten bis zu mehreren Hundert Kilometern pro Stunde reißen dann Wasser in die Höhe, das um eine einigermaßen senkrechte Achse kreist.

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Große Gefahr für Yachten

Für größere Schiffe wie die „Bayesian“ stellen Wasserhosen vor allem wegen ihrer gewaltigen Energie eine Gefahr dar. Diese kann einen „Knockdown“ (dt. Niederschlag) herbeiführen, eine Situation, in der der Mast eines Schiffes parallel zur Wasseroberfläche steht oder sogar unter selbige gerät. Das Schiff kentert. In so einem Fall kann der Mast abreißen, wodurch das Gleichgewicht einer Yacht verloren geht.

Während kleinere Segelboote sich von einem „Knockdown“ erholen können, stellen sie für Yachten eine lebensgefährliche Situation dar. Menschen können dabei über Bord gehen oder im Inneren von herumfliegenden Gegenständen verletzt werden. Auch kann Wasser in das Schiffsinnere eindringen.

Viele Wasserhosen vor Italiens Küsten

Vor den Küsten Italiens haben sich in diesem Jahr häufiger Wasserhosen gebildet. Das International Centre for Waterspout Research zählte bis zum 19. August ganze 18 Vorkommnisse. „Einige davon waren mächtige Wasserhosen, darunter jene, die unter Umständen eine große Yacht vor Sizilien versenkt hat“, schreibt das ICWR in einem Beitrag bei X.

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Ob die Klimakrise dafür sorgt, dass Wasserhosen und Tornados zuletzt häufiger beobachtet wurden, ist wissenschaftlich nicht bewiesen. Allerdings: Ein physikalischer Zusammenhang besteht.

Mit jedem Grad Erderwärmung können sich sieben Prozent mehr gasförmiges Wasser in der Atmosphäre halten. Das bedeutet, dass mehr Wasser verdampfen kann, was mehr Kondensationswärme freisetzt. Dies wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit von Tornados oder Wasserhosen.

Auch begünstigt warmes Oberflächenwasser die Entstehung von Stürmen, wie sie zuletzt über den Süden Italiens zogen.