Berlin. Mike Lynch wollte auf der „Bayesian“ den Neuanfang feiern. Jüngst sah es noch so aus, als würde er für lange Zeit im Gefängnis landen.
Nach dem Untergang einer Luxusyacht vor Sizilien schwindet Stunde um Stunde die Hoffnung. Sechs Menschen werden weiterhin vermisst, unter ihnen auch der britische Tech-Multimillionär Mike Lynch und seine 18-jährige Tochter.
Lynch erlangte einen Großteil seines Vermögens durch den Verkauf des Software-Unternehmens Autonomy, das er mitgegründet hatte. Hewlett-Packard (HP) kaufte die Firma 2011 für elf Milliarden Dollar. Die Zeitung „The Sunday Times“ schätzte das Vermögen des ehemaligen Regierungsberaters auf rund 587 Millionen Euro.
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Mike Lynch hatte Ärger mit der Justiz
Doch für die Amerikaner entpuppte sich der Deal als Flop. Binnen eines Jahres musste HP fast neun Milliarden Dollar abschreiben. Es folgte ein langer Rechtsstreit. Lynch und einer anderen Person aus der Führungsriege der Firma wurde vorgeworfen, die Umsatzzahlen vor dem Verkauf manipuliert zu haben. Der 59-Jährige wurde schließlich an die USA ausgeliefert, wo ihm der Prozess gemacht werden sollte. Ihm drohten 25 Jahre hinter Gittern.
Doch vor knapp zwei Monaten wurde Lynch überraschend freigesprochen, zuvor stand er ein Jahr lang unter Hausarrest in den USA. „Wenn das hier falsch gelaufen wäre, wäre es das Ende des Lebens gewesen, wie ich es bisher kannte“, sagte der 59-Jährige nach dem Freispruch gegenüber der „Sunday Times“. „Ich musste mich von allem und jedem verabschieden, weil ich nicht wusste, ob ich jemals wieder zurückkommen würde.“
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Tochter wollte Studium in Oxford beginnen
Anschließend reiste er zurück zu seiner Familie, seiner Ehefrau und zwei Töchtern. Seine jüngere Tochter, die 18-jährige Hannah, wird ebenfalls vermisst. Sie sollte nach dem Sommer mit ihrem Studium in Oxford beginnen.
Auf seine Yacht „Bayesian“ hatte Lynch neben der Familie auch Mitarbeiter und Anwälte eingeladen, die ihn im langen Betrugsprozess unterstützten.
15 Passagiere und Besatzungsmitglieder konnten nach dem Unglück in der Nacht zum Montag gerettet werden, darunter auch Lynchs Frau Angela Bacares. Nach Angaben der Küstenwache geriet die vor der italienischen Mittelmeerinsel ankernde Yacht in einen Sturm, Medien berichteten von einer Wasserhose.
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Leiche aus dem Inneren der „Bayesian“ geborgen
„Heute Morgen gegen 5 Uhr ist nach einem starken Sturm eine 56 Meter lange Yacht mit dem Namen ‚Bayesian‘ unter britischer Flagge in der Nähe von Porticello untergegangen“, teilte die italienische Küstenwache mit.
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Porticello liegt rund 15 Kilometer östlich von Palermo. In der Nacht waren starker Wind und sintflutartige Regenfälle über das Gebiet hinweggezogen. Medienberichten zufolge wurde das Gebiet von einer Wasserhose getroffen, einem Wirbel aus Wasser und Wind über dem Meer.
An Bord der Yacht waren zwölf Passagiere und zehn Besatzungsmitglieder. Zunächst wurden sieben Vermisste gemeldet – ein Crewmitglied und sechs Passagiere mit britischer, US- und kanadischer Nationalität. Eine Leiche wurde schließlich im Inneren der gesunkenen Yacht gefunden und geborgen.
Suche nach Vermissten erfolglos
Bei ruhiger See und Sonnenschein suchten am Montag Taucher, Schiffe der Küstenwache und ein Hubschrauber nach den Vermissten. Das gesunkene Schiff lag in 50 Meter Tiefe am Meeresgrund. Medienberichten zufolge hatte die Luxusyacht rund 700 Meter vor dem Hafen von Porticello geankert.
„Wir waren als Erste vor Ort, um zu helfen, aber wir haben im Meer niemanden gefunden, nur Kissen und Reste vom Boot, wir haben sofort den Hafen informiert“, erzählte der Fischer Fabio Cefalù der Nachrichtenagentur AFP.
Die „Bayesian“ wurde laut der Nachrichtenwebseite „TGCom24“ 2008 in der Toskana gebaut und 2020 überholt. Sie verfügte über einen 75 Meter hohen Mast aus Aluminium und eine Segelfläche von knapp 3000 Quadratmetern. In Online-Netzwerken veröffentlichte Fotos zeigten eine Yacht mit dunkelblauem Rumpf und hellem Holzdeck.
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