Sydney. Hai-Angriffe sind selten, doch trotzdem sind die Raubfische gefürchtet. Australische Forscher haben eine kuriose Idee zur Abschreckung.

Auge in Auge mit einem Hai zu kommen, ist ausgesprochenes Pech. Trotzdem treibt die Urangst des Menschen, von einem Tier getötet und gefressen zu werden, die Forschenden weltweit an, nach Abwehrmitteln zu forschen. Ideen gibt es bereits reichlich: Von speziell gemusterten Surfanzügen über Armbänder und Fußfesseln, die ein elektronisches Spannungsfeld aussenden, bis hin zu Surfbrettwachs, das einen für Haie unappetitlichen Geruch abgibt.

Eine weitere Möglichkeit, Haie von Menschen fernzuhalten, sind Netze. Doch diese sind umstritten, da sich immer wieder Tiere in ihnen verheddern und qualvoll verenden. Eine Gruppe Forscherinnen und Forscher aus Australien glaubt nun jedoch, eine einfache und effektive Methode gefunden zu haben, um die Raubfische künftig zumindest von Surfern fernzuhalten.

Forscher lockten Weiße Haie mit Attrappen an

Um besonders viele Haie – in diesem Fall Weiße Haie – an einem Ort anzutreffen, reisten die Wissenschaftler zu einem Hotspot in Südafrika. In der dortigen Mossel Bay, wo unzählige Robben ein gefundenes Fressen für die Raubfische bieten, zogen die Forscher stundenlang seehundförmige Attrappen hinter Booten her. Der Clue: An der Unterseite der Attrappen hatten die Wissenschaftler LED-Leuchten angebracht. Wie sich herausstellte, störten die Leuchten die Fähigkeit der Haie, Silhouetten im Gegenlicht zu erkennen. Sie folgten ihrer künstlichen Beute langsamer und griffen auch langsamer an.

Forscher finden Abwehrmittel gegen Haie
LED-Lichter zur Haiabwehr? Tatsächlich hat sich die Idee bewehrt. © Macquarie University | Macquarie University

Je heller die Lichter, desto wirksamer war die Abschreckung, so das Ergebnis der Studie, die im Fachmagazin „Current Biology“ veröffentlich wurde. Weiße Haie scheinen sich auf die visuellen Hinweise eines dunklen Objekts zu verlassen, das sich vor einem helleren Hintergrund abzeichnet, schlussfolgerte die Hauptautorin Laura Ryan von der Macquarie University in Sydney. Vor allem jüngere Weiße Haie könnten von unten betrachtet Robben wahrscheinlich nicht deutlich von Schwimmern oder Menschen auf Surfbrettern unterscheiden.

Abschreckende Wirkung von Licht: Darauf kommt es an

Eine weitere interessante Beobachtung: Der Erfolg des Experiments hing davon ab, wie die Lichter an den Attrappen angebracht waren. Die Unterseite vollständig mit Lichtern zu bedecken, sei nicht praktikabel, wie die Forscherin der australischen Ausgabe von „The Guardian“ sagte. Denn dafür würde man „eine riesige Menge an Batterieleistung“ benötigen. Auch Längslichtstreifen und Stroboskoplichter, die den Haien einen kurzen Blick auf die Silhouette ermöglichten, funktionierten nicht. „Interessanterweise reichte nur dieser kleine Blick auf die gesamte Silhouette, damit die Weißen Haie anfingen, die Attrappen zu beißen“, sagte Ryan.

Eine abschreckende Wirkung zeigten dagegen horizontale Streifen aus LED-Lichtern. Sie ließen die Silhouetten breiter als lang und somit weniger wie ein Seehund erscheinen, erklärte Ryan. Ob dieser Trick jedoch auch bei Bullen- und Tigerhaien funktioniert, müsste erst noch getestet werden, wie die Forscher in ihrer Studie eingestanden.

Selbst ohne LED-Lichter lässt sich einem Haiangriff vorbeugen, indem Surfer und Schwimmer sich an einige Verhaltensregeln halten. Vor allem in der Dämmerung, nachts oder in der Nähe von Flussmündungen sollte man lieber auf Surfen und Schwimmen verzichten – zumindest, wenn man sich im Revier von Haien befindet, die auch Menschen angreifen.

Warum greifen Haie Menschen überhaupt an?

Kommt es zu einer Attacke, so könnte dies daran liegen, dass die Tiere provoziert wurden oder ihr Revier verteidigen. Der wahrscheinlichste Fall ist jedoch, dass die Raubfische einen Surfer auf seinem Brett vermutlich einfach mit ihrer normalen Beute, meist Robben, verwechseln. Studien haben ergeben, dass Haie eine weitaus geringere Sehschärfe haben als der Mensch und Formen und Details weniger gut erkennen können. Außerdem sollen sie farbenblind sein oder bestenfalls über eine eingeschränkte Farbwahrnehmung verfügen.

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Für die Theorie der Verwechslung spricht laut der Tierschutzorganisation WWF, dass ein Hai meist schnell nach dem ersten Biss vom Menschen ablasse. Dagegen, dass Haie aufgrund ihrer Supersinne vor dem Angriff längst bemerkt haben müssten, wer da schwimme. „Vielleicht sind sie nur neugierig und probieren einfach mal einen Happen“, so die Tierexperten.

Forscher finden Abwehrmittel gegen Haie
Für ihr Experiment sind die australischen Forscher extra in einen Hotspot für Weiße Haie gefahren. © Macquarie University | Macquarie University

Von den zehn Menschen, die im vergangenen Jahr weltweit durch Haiangriffe ums Leben kamen, starben allein vier vor der Küste Australiens. Obwohl Nachrichten wie diese meist in den Weltnachrichten landen, müssen sie ins Verhältnis gesetzt werden: Im selben Zeitraum ertranken in Australien 125 Menschen im Meer und 1266 Menschen starben auf australischen Straßen.

Das Florida Museum of Natural History hat mal nachgerechnet: Demnach liegt die Wahrscheinlichkeit, von einem Hai gebissen zu werden, bei 1 zu 3,7 Millionen. Damit ist es wahrscheinlicher, im Lotto zu gewinnen, bei einem Autounfall zu sterben oder gar vom Blitz getroffen zu werden, als vom Hai gebissen zu werden.