Berlin. Die Modemarke ist für halbnackte Models bekannt. Steckt mehr als nur Werbung dahinter? Die Vorwürfe gegen Mike Jeffries wiegen schwer.

Halbnackte Männer, oft mit Waschbrettbäuchen, prägten bis 2015 das Image des Modekonzerns Abercrombie & Fitch. Sie standen vor Geschäften, waren auf Werbeträgern abgebildet, und sollten dem Kunden vermitteln: Hier gibt es Mode für „coole“ und „attraktive“ Menschen, wie es der ehemalige Konzernchef Mike Jeffries einmal formuliert hatte.

Das aufreizende Image ist mittlerweile passé. Als die Umsätze für Abercrombie & Fitch vor gut zehn Jahren einbrachen, wechselte die Modemarke die Vermarktungsstrategie. Dennoch holt den ehemaligen Firmenchef Mike Jeffries nun die Vergangenheit seiner aufreizenden Kampagne ein. Der Vorwurf wiegt schwer. Denn die engagierten Models sollen weit mehr als nur den Werbezwecken gedient haben.

In New York ist Jeffries nun wegen schweren Sexualverbrechens an angehenden Models angeklagt worden. Als Chef „eines der bekanntesten Bekleidungshändler der Welt nutzte er seine Macht, seinen Reichtum und seinen Einfluss, um Männer für sein eigenes sexuelles Vergnügen und das seines Lebensgefährten“ zu benutzen, sagte der Bezirksstaatsanwalt Breon Peace im New Yorker Stadtteil Brooklyn.

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Abercrombie: Missbrauch an mindestens 15 Personen, so die Staatsanwaltschaft

Dabei habe er sich die Strahlkraft der Abercrombie-Marke zunutze gemacht, die die jungen Männer als „Ticket zum Erfolg in der Modelbranche“ sahen. Der Missbrauch sei an mindestens 15 Personen begangen worden und dauerte von 2008 bis 2015, wie Peace mitteilte. Die Staatsanwaltschaft strebt einen Prozess gegen Jeffries, seinen damaligen Partner und eine dritte Person an.

Vor gut einem Jahr hatten mehrere Männer Jeffries und seinem Partner vorgeworfen, sie auf Veranstaltungen sexuell ausgebeutet zu haben. Medienberichten zufolge nutzte das Paar einen Mittelsmann, um junge Männer für sich zu finden. Jeffries hatte den Konzern 2014 verlassen.

Alkohol, Viagra und Mittel zur Entspannung von Muskeln sollen im Siel gewesen sein

Jeffries und sein Partner hatten der Anklage zufolge einen dritten Mann damit beauftragt, Opfer für die beiden zu finden. Männer seien weltweit ausgewählt worden. Jeffries‘ Partner habe dann veranlasst, dass diese zu Veranstaltungen mit dem Firmenboss geflogen wurden, zum Beispiel nach New York City oder zu Hotels auf der ganzen Welt – darunter England, Frankreich, Italien oder Marokko. „Sie ließen die Männer glauben, dass die Teilnahme an diesen Sexveranstaltungen Modelmöglichkeiten bei Abercrombie verschaffen oder ihrer Karriere anderweitig nützen könnte“, so Peace weiter.

Die mutmaßlichen Opfer hätten vor den Veranstaltungen entsprechende Geheimhaltungsvereinbarungen unterzeichnet. Auch persönliche Gegenstände wie Smartphones mussten übergeben werden. „Um die Geheimhaltung dieser Veranstaltungen zu wahren, ließen die Angeklagten die Männer glauben, dass es ihren Karrieren schaden könnte, wenn sie den Aufforderungen zu bestimmten sexuellen Handlungen während der Veranstaltungen nicht nachkämen“, so der Staatsanwalt weiter. 

Die mutmaßlichen Opfer seien zudem unter Druck gesetzt worden, auch Alkohol, Viagra und Mittel zur Entspannung von Muskeln seien verabreicht worden. Bei mehr als einer Gelegenheit sei es zu „invasiven sexuellen und gewalttätigen Kontakten mit Körperteilen und anderen Gegenständen“ ohne Einwilligung gekommen. „Wir haben umfangreiche Beweise. Wir haben Reiseunterlagen, wir haben Finanzunterlagen, wir haben Aussagen von Opfern und anderen Zeugen. Wir glauben also, dass wir viele Beweise haben, die die Anklage in diesem Fall untermauern“, sagte Peace.

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Angeklagte sollen Millionen für Prostituierung ausgegeben haben

Laut Staatsanwalt gaben Jeffries und sein Lebensgefährte Millionen Dollar für den Prostitutionsring aus: „Dazu gehörten Hunderttausende von Dollar in bar für kommerziellen Sex, hohe Geldbeträge für das Personal, das die Sexveranstaltungen durchführte, Geld für Inlandsreisen, Auslandsreisen, Hotelzimmer, Dienstleistungen eines Sicherheitsunternehmens“ sowie andere Kosten. 

Die Angeklagten halten sich Medienberichten zufolge zumindest teilweise in Florida auf, sollen aber im Laufe der nächsten Tage nach New York gebracht und dort am Freitag vor Gericht gestellt werden. Jeffries ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft für eine Kaution von zehn Millionen Dollar nach einer kurzzeitigen Festnahme wieder auf freiem Fuß.