Berlin. Die Abtreibungsfrage spaltet die USA. In einigen Staaten stimmten die Bürger über neue Regelungen ab. Was sich wo ändert

Zum ersten Mal seit der Aufhebung des landesweiten Abtreibungsrechts in den USA im Jahr 2022 haben die Bürgerinnen und Bürger Floridas eine Maßnahme abgelehnt, die das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche auf Ebene des Bundesstaats sichern sollte. In einem Referendum verfehlte der Vorschlag, liberale Abtreibungsrechte in der Verfassung zu verankern, mit 57 Prozent Zustimmung knapp das erforderliche Quorum von 60 Prozent. Dieses Ergebnis stellt einen politischen Sieg für Gouverneur Ron DeSantis und die konservativen Kräfte im Bundesstaat dar, die eine intensive Kampagne gegen die Initiative geführt hatten.

Strenge Abtreibungsgesetze in Florida

Das gescheiterte Referendum wollte Abtreibungen bis zur Lebensfähigkeit des Fötus erlauben, also etwa bis zur 23. oder 24. Schwangerschaftswoche. Doch die geltenden Gesetze in Florida gehören inzwischen zu den schärfsten in den USA: Ab Mai 2023 gilt ein weitgehendes Abtreibungsverbot ab der sechsten Schwangerschaftswoche, einem Zeitpunkt, zu dem viele Frauen ihre Schwangerschaft noch gar nicht bemerkt haben. Zwar sind in Fällen von Vergewaltigung und Inzest Ausnahmen möglich, doch verlangt das Gesetz einen Nachweis der Betroffenen - eine Regelung, die bei Frauenrechtsorganisationen und Betroffenen auf Kritik stößt.

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Donald Trump hatte sich gegen das Referendum ausgesprochen. Während sich die Demokraten für eine generelle Rückkehr zu liberaleren Abtreibungsgesetzen auf Bundesebene einsetzen, argumentieren führende Republikaner, dass diese Frage auf Ebene der Bundesstaaten geregelt werden sollte.

Erfolge für Abtreibungsrechte in anderen Staaten

Während Florida, South Dakota und Nebraska die einzigen Bundesstaaten sind, in denen die Abtreibungsbefürworter bei den jüngsten Abstimmungen eine Niederlage einstecken mussten, sind in anderen Bundesstaaten deutliche Fortschritte beim Schutz der Abtreibungsrechte zu verzeichnen. In New York stimmten die Wähler für eine Erweiterung des sogenannten „Equal Rights Amendment“, das Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, sexueller Orientierung, Geschlechtsidentität, Schwangerschaft und reproduktiver Gesundheit verbietet. Damit soll der rechtliche Schutz von Menschen, die sich für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden, gestärkt werden.

Auch in Arizona setzten sich die Abtreibungsbefürworter durch. Dort wurde eine Verfassungsänderung verabschiedet, die das Recht auf Abtreibung bis zur Lebensfähigkeit des Fötus festschreibt und damit die bisherige 15-Wochen-Frist aufhebt. Dieses Ergebnis war von besonderer Bedeutung, da Arizona als Swing State gilt, der bei nationalen Wahlen häufig zwischen den beiden großen Parteien wechselt.

In Missouri stimmte eine Mehrheit der Wählerinnen und Wähler für ein verfassungsmäßiges Recht auf Schwangerschaftsabbruch und hob damit ein fast vollständiges Abtreibungsverbot auf, das unmittelbar nach einem wegweisenden Urteil des Obersten Gerichtshofs im Jahr 2022 in Kraft getreten war. Mit dem neuen Verfassungszusatz ist das Recht auf Schwangerschaftsabbruch nun auch im traditionell konservativen Missouri fest verankert. Auch in Colorado und Maryland stimmte eine Mehrheit der Wähler für ein verfassungsmäßiges Recht auf Schwangerschaftsabbruch.

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Nach der Aufhebung des landesweiten Rechts auf Schwangerschaftsabbruch durch den Obersten Gerichtshof hatten Bundesstaaten wie Kalifornien, New York und Illinois proaktiv Maßnahmen ergriffen, um das Recht auf Schwangerschaftsabbruch für ihre Bürgerinnen und Bürger zu sichern. Im Gegensatz dazu verabschiedeten konservativen Staaten wie Texas und South Carolina restriktive Gesetze, die Schwangerschaftsabbrüche weitgehend untersagten.

Für die Abtreibungsrechtsbewegung selbst bedeutet das Ergebnis in Florida eine Zäsur. Seit dem Urteil des Supreme Court war es den Abtreibungsbefürwortern gelungen, in zahlreichen Bundesstaaten Schutzmaßnahmen durchzusetzen. Die Niederlage in Florida zeigt jedoch, dass es weiterhin schwierig sein wird, die US-Bevölkerung in dieser Frage zu vereinen.