Rom. Nach dem Drama um die gesunkene „Bayesian“ arbeiten Experten an einer schnellen Bergung. Die Zeit rennt – im Wrack schlummert Gefahr.
Die Feuerwehr in Palermo blickt mit Sorge auf die „ökologische Bombe“, die da vor ihrer Küste tickt: 18.000 Liter Treibstoff befinden sich noch in den Tanks der gesunkenen Segelyacht „Bayesian“. Die Gesellschaft „Camper&Nicholsons“, Betreiberin der Yacht, arbeitet eine Woche nach dem Unglück an einem Plan zur raschen Bergung des Wracks. Die Entsorgung des Treibstoffes habe „höchste Priorität“, erklärte der im Fall ermittelnde Staatsanwalt Ambrogio Cartosio.
Luxusyacht „Bayesian“: Deswegen ist die Bergung so schwierig
Die „Bayesian“ liegt zurzeit in 49 Metern Tiefe. Sie soll zunächst gesichert werden, bis den italienischen Behörden ein detaillierter Plan zur Bergung vorgelegt werden kann. Letztere müssen ihn genehmigen, was mehrere Wochen dauern könnte. Mit der Bergung des Wracks, die sich wegen der Tiefe als besonders problematisch erweist, könnte dieselbe Gesellschaft beauftragt werden, die das 2012 vor der Insel Giglio havarierte Kreuzfahrtschiff „Costa Concordia“ an die Oberfläche gebracht hatte. Der südafrikanische Bergungsexperte Nick Sloane hatte damals die Bergung koordiniert. Seiner Einschätzung zufolge könnten rund 40 Taucher und ein großer Lastkran nötig werden, um die „Bayesian“ vom Meeresgrund zu haben.
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Die Bergung der „Bayesian“ dient nicht nur den laufenden Ermittlungen. Die 2008 und 2020 renovierte Yacht war rund 30 Millionen Euro wert, die abgeschlossene Versicherung hat eine Obergrenze von zwei Milliarden Euro, wie italienische Medien berichteten. Aller Voraussicht nach wird in den kommenden Monaten ein langwieriger Rechtsstreit zwischen den Gästen und der Betreibergesellschaft des Schiffes, „Camper & Nicholsons“, beginnen. Eigentümerin ist die „Revton Ltd“, eine Gesellschaft mit Sitz auf der Isle of Man. Sie gehört Angela Barcares, der Ehefrau des beim Unglück verstorbenen Tech-Milliardärs Mike Lynch. Anders als ihr Mann, ihre 18-jährige Tochter und fünf andere Passagiere, überlebte Angela Barcares den Untergang ihrer Yacht.
Yacht-Drama: Das vermuten Experten als Unglücksursache
Die Staatsanwaltschaft auf Sizilien hat inzwischen eine Untersuchung wegen fahrlässiger Tötung gegen den neuseeländischen Kapitän eingeleitet. Es werde wegen der möglichen „Verbrechen des fahrlässigen Schiffbruchs und mehrfacher fahrlässiger Tötung“ ermittelt. Der Kapitän soll diese Woche erneut befragt werden. Es geht um die Frage, wie es passieren konnte, dass eine 56 Meter lange, seetaugliche und moderne Yacht, die unter Experten als „unsinkbar“ galt, von einem Sturm innerhalb weniger Minuten auf den Grund des Meeres gerissen werden konnte.
Schiffbau-Experten halten es für wahrscheinlich, dass in der Sturmnacht Wasser durch offenstehende Luken ins Schiff und den Maschinenraum eindringen konnte. Besonderes Augenmerk schenkt Staatsanwalt Cartosio auch dem Umstand, dass beim Untergang nur eines der zehn Crew-Mitglieder, aber sechs der zwölf Gäste an Bord ums Leben kamen. Wurden sie nicht rechtzeitig gewarnt? Rätselhaft bleibt, warum die Wache auf Deck, die der Kapitän angeordnet haben soll, in den Morgenstunden das nahende Unwetter nicht bemerkt hatte. „Man hat gut gesehen, dass sich da etwas zusammenbraut“, berichteten Zeugen aus Palermo.
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Aus diesem Grund werden auch Crewmitglieder befragt. Zu ihnen zählen auch ein deutsches männliches Besatzungsmitglied und zwei weitere Personen mit doppelter deutscher Staatsbürgerschaft. Die Crewmitglieder, die beim Schiffsbruch ihre Papiere verloren haben, erhielten Unterstützung von der deutschen Botschaft in Rom. Erwartet wird, dass die Crewmitglieder in den nächsten Tagen das Hotel „Domina Zagarella“ in der Badeortschaft Santa Flavia verlassen, in dem die Überlebenden nach dem Schiffsbruch untergebracht wurden.