Berlin. Die 4000 Jahre alten Keilschrift-Tafeln aus Mesopotamien beschreiben Mondfinsternisse als Omen für Tod, Zerstörung und Seuchen.
Uralte Schriften wie die sumerische Keilschrift oder die ägyptischen Hieroglyphen sind bei ihrer Entdeckung ein Rätsel für Archäologen. Erst jahrzehntelange Forschung konnte die Tausende Jahre alten Zeichen entschlüsseln. Manche Schriftsysteme wie die Hieroglyphen von Kreta oder die Symbole der chinesischen Kulturen am „Gelben Fluss“ sind dagegen bis heute ungelöst.
Im Fall von Tontafeln aus dem altertümlichen Mesopotamien konnten Wissenschaftler jedoch einen Erfolg feiern. Mehr als 100 Jahre nach ihrem Fund entschlüsselten sie die 4000 Jahre alten Artefakte, die im British Museum in London lagerten. In dem in sumerischer Keilschrift verfassten Text warnen die Autoren vor Mondfinsternissen, die sie für schlechte Omen halten. Dem Himmelsereignis folgen Tod, Zerstörung und Seuchen, übersetzte die in der Fachzeitschrift „Journal of Cuneiform Studies“ veröffentlichten Studie.
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Archäologie: Tontafeln warnen vor Seuchen, Wirtschaftskrise und Flut
Die vier Tontafeln aus dem Irak seien die ältesten, jemals entdeckten Beispiele eines Leitfadens für Mondfinsternis-Omen, schreiben Andrew George, ein emeritierter Professor für Babylonisch von der Universität London, sowie der unabhängige Forscher Junko Taniguchi. Für ihre Vorhersagen der Omen ordneten die Tafel-Verfasser den Mondfinsternisse Eigenschaften zu. Dazu gehören der Zeitpunkt der Nacht, die Bewegung des Schattens sowie das Datum und die Dauer der Finsternis.
Wie „Live Science“ berichtet, beschreiben die Tafeln konkrete Merkmale der Mondfinsternis und deren dazugehörige Bedeutung . Wenn beispielsweise eine „Finsternis von ihrer Mitte aus auf einmal verdeckt wird und auf einmal wieder klar wird: wird ein König sterben, Zerstörung von Elam“, heißt es auf einer der Tafeln. Elam ist eine Region in Mesopotamien, die heute im Iran liegt.
Ein anderes Omen beschreibt, dass wenn „eine Finsternis im Süden beginnt und danach aufklart: Niederschlag in Subartu und Akkad“. Subartu und Akkad sind ebenfalls Regionen in Mesopotamien. Weitere Omen warnen vor Seuchen, wirtschaftlichen Problemen, einer großen Flut, dem Ende einer Dynastie sowie vor einem Aufstand.
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Babylonier nutzten theoretisches System, um Vorzeichen zu bestimmen
Es sei wahrscheinlich, dass altertümliche Astrologen vergangene Erfahrungen nutzten, um die Bedeutung der Omen zu bestimmen, sagte Co-Autor George gegenüber „Live Science“. Allerdings seien die meisten Vorzeichen eher durch ein theoretisches System bestimmt worden, das die Eigenschaften einer Mondfinsternis mit verschiedenen Vorzeichen verknüpfte.
Zwischen 1892 und 1914 gingen die Tontafeln in den Besitz des British Museum über, wurden aber erst jetzt übersetzt. Laut der Studie stammen die Tafeln wahrscheinlich aus der im heutigen Irak liegenden Stadt Sippar, die zum Babylonischen Reich gehörte. Zu der Entstehungszeit der Tafeln, Anfang des 2. Jahrtausends v. Chr., erlebte des Babylonische Reich eine Blütezeit. Die Babylonier waren die Nachfolger der Sumerer und Akkadier, die bereits die Keilschrift nutzten.
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Mesopotamien: Starker Glaube an die Zeichen des Himmels
Laut der Studie glaubten die Menschen in Babylonien und Mesopotamien an die hellseherischen Fähigkeiten von Himmelsereignissen wie Sonnen- oder Mondfinsternissen. Berater des Königs beobachteten den Himmel und informierten den Herrscher über die Entwicklungen. Weitere Tieropfer sollten die Genauigkeit einer bedrohlichen Vorhersage sicherstellen.
Die Keilschrift wurde von etwa 3000 v. Chr. bis in das 1. Jahrhundert . Chr. von Völkern wie den Sumerern, Babyloniern, Assyrern, Hethitern und Hurriten verwendet. Danach geriet die Schrift bald in Vergessenheit und konnte erst im Jahr 1857 wieder entschlüsselt werden. Heute umfassen die Sammlungen der Museen in der Welt mehr als 500.000 in Keilschrift verfasste Texte aus Mesopotamien.
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