Santa Cruz de Tenerife. Teneriffa will sich gegen den Massentourismus wehren. Kommen bald Besucher-Limits und Eintrittsgebühren für überlaufene Naturparadiese?
Seit Monaten gibt es in Spanien Demonstrationen gegen den Massentourismus. Zuletzt protestierten auf Mallorca Zehntausende dagegen, dass Strände, Städte und Naturparks zunehmend überfüllt sind. Nun versucht die ebenso überlaufene Kanareninsel Teneriffa, mit einer neuen Strategie gegenzusteuern. Sie kündigte an, dass für beliebte Naturausflugsziele Eintritt kassiert und die Besucherzahl limitiert werde.
Das dürfte die Urlaubspläne etlicher – auch deutscher – Touristen betreffen. Immerhin ist Teneriffa die meistbesuchte Kanareninsel. Jedes Jahr machen hier Millionen Menschen Urlaub. Zuvor hatte auch schon an andere Regionen Spaniens drastische Mittel angekündigt, um den Touristen-Massen Herr zu werden.
Vorreiter bei diesem Kurswechsel ist die spektakuläre Masca-Schlucht im Westen Teneriffas. Seit einigen Tagen müssen Touristen für den Besuch dieses einzigartigen Schluchtwanderweges, der zwischen steilen Feldwänden und wilder Vegetation verläuft, 30 Euro bezahlen. Für Einheimische gelten reduzierte Tarife. Reserviert und bezahlt wird online. Die Route gilt als eine der schönsten Wanderungen der Insel.
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Urlaubspläne: Einige Ausflüge nur noch an bestimmten Tagen möglich
Zudem wurde die Zahl der Urlauber, denen pro Tag Zutritt zu diesem Paradies gewährt wird, auf 275 begrenzt. Der Besuch ist zunächst nur noch freitags, samstags und sonntags möglich. Damit können künftig nur noch rund 45.000 Menschen pro Jahr durch die Schlucht wandern. Nach einer Testphase wird entschieden, ob das Limit später auf 100.000 Wanderer jährlich erhöht werden kann.
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„Dies ist eine bahnbrechende Maßnahme, deren Hauptziel der Schutz und die Erhaltung der Natur ist“, sagte Teneriffas Inselchefin Rosa Dávila von der bürgerlichen Regionalpartei Coalición Canaria. „Der erzielte Erlös kommt vollständig der Erhaltung der Masca-Schlucht zugute.“
Auch soll die Sicherheit auf dem Bergpfad verbessert werden, auf dem es immer wieder zu Zwischenfällen gekommen war. Etwa, weil schlecht ausgerüstete Sommertouristen, die sich in Badeschlappen auf den Weg machten, gerettet werden mussten. Die Tour wird nur für geübte Bergwander empfohlen.
Der vierstündige Abstieg, der auf einem fünf Kilometer langen und sehr steinigen Bergweg bis ans Meer führt, beginnt in dem kleinen Dörfchen Masca, in dem man das Gefühl hat, dass hier die Zeit stehen geblieben ist. Masca ist eine Bergsiedlung, in der nur 90 Menschen leben, die aber jedes Jahr von rund 800.000 Urlaubern besucht wird.
Mietwagen ade – Dorthin kommt man bald nur noch mit dem Bus
Die Häuser bestehen aus Vulkangestein, Holz und Lehm. Dazwischen wachsen Dattelpalmen und Lorbeerbäume. Eine schmale Bergstraße führt zum Dorf, auf der an zahlreichen Stellen nicht einmal zwei Autos aneinander vorbeikommen. Trotzdem wälzen sich täglich Blechkarawanen von motorisierten Tagesausflüglern in diese Bergoase. Dieses Verkehrschaos soll es bald nicht geben: In einigen Monaten wird die Zufahrt nur noch mit Zubringerbussen möglich sein.
„Teneriffa ist kein Vergnügungspark”, sagt Inselpräsidentin Dávila. Nicht nur die Natur, sondern auch die Einheimischen müssten vor zu viel Andrang geschützt werden. Einheimische in Masca klagen, dass manche Besucher sogar durch ihre Gärten trampeln, um Selfies zu schießen. „Respektieren Sie die Privatsphäre der Anwohner”, bittet das Fremdenverkehrsamt.
Die neue Besuchersteuerung für die Masca-Schlucht ist nicht die einzige Maßnahme, mit der Teneriffa den Massentourismus in verträgliche Bahnen lenken will. Ähnliche Besuchergrenzen und Eintrittsgebühren sollen 2025 für weitere überfüllte Naturparadiese eingeführt werden.
Massentourismus: Einwohner und Aktivisten finden „Es reicht!“
Das gilt etwa für das populäre Wandergebiet im Anaga-Bergmassiv im Inselosten. Und vor allem für den bekannten Teide-Nationalpark, der zum Weltkulturerbe der Unesco gehört. Der Teide-Park, eine bizarre Vulkanlandschaft im Inselzentrum, ist das berühmteste Ausflugsziel der Insel. Der Teide, ein immer noch aktiver, aber seit über 100 Jahren ruhender Vulkan, ist mit 3715 Metern der höchste Berg Spaniens.
Im April demonstrierten auf Teneriffa und den Nachbarinseln mehr als 50.000 Menschen gegen die Folgen des Massentourismus und die wachsende Zerstörung der Inselnatur. Die Aktivisten fordern unter anderem, den Bau von immer mehr Hotels und Touristenapartments zu stoppen. „Es reicht!”, skandierten sie. „Die Kanaren haben ein Limit”, pinselten Demonstranten auf die Zufahrtsstraßen zum Teide.
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Im vergangenen Jahr besuchten vier Millionen Touristen den Vulkan-Nationalpark aus Kratern und erkalteten Lavafeldern. Mehr als eine Million Fahrzeuge, meist Mietwagen mit Urlaubern, schlängelten sich 2023 über die Vulkanstraße – jedes Jahr kommen mehr Besucher. Immer öfter müssen die Nationalparkaufseher gegen Touristen vorgehen, die sich zu Fuß, mit Mountainbikes, Gelände-Motorrädern oder mit ihren Autos abseits erlaubter Pfade bewegen.
Teneriffas Inselparlament reagierte nach den großen Anti-Tourismusprotesten im April schnell und einigte sich auf erste Schritte, um die Insel vor dem Kollaps zu bewahren. Weitere Maßnahmen sollen folgen. Inselpräsidentin Dávila schließt nicht aus, dass demnächst auch eine generelle Touristensteuer für alle Teneriffa-Feriengäste eingeführt wird.
Eine solche Abgabe existiert auf Mallorca bereits seit 2016. Allerdings hat diese Urlaubssteuer, die – je nach Unterbringung – zwischen zwei bis vier Euro pro Nacht und Person beträgt, das Wachstum der Touristenzahlen auf der Mittelmeerinsel nicht bremsen können.