Berlin. Johannes Oerding geht voll in der Moderation von „Sing meinen Song“ auf. Warum er sich trotzdem eine Karriere-Auszeit verordnet hat.
Seit 2021 ist Johannes Oerding Gastgeber bei „Sing meinen Song – Das Tauschkonzert“ (neue Staffel ab 23. April um 20.15 Uhr auf VOX), und der Musiker möchte am liebsten gar nicht damit aufhören, wie er im Interview gesteht. Selbst, wenn er für die Show ein Pfefferspray einpacken muss. Diesmal fällt die Show mit einer ganz besonderen Zeit zusammen, denn der 42-Jährige hat nach persönlichen Einschnitten in seinem Leben auf die Pausentaste gedrückt.
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Das ist jetzt Ihr vierter Einsatz bei „Sing meinen Song“. Würde Ihnen das fehlen, falls es damit eines Tages vorbei ist?
Johannes Oerding: Sehr sogar. Das ist eine gefühlte Auszeit von meinem normalen Musikeralltag und Leben. Denn inzwischen nehme ich dieses Projekt nicht als Arbeit wahr, sondern als Gelegenheit, Kraft und Inspiration zu tanken und viele Freundschaften zu schließen. Unter uns – ich würde sogar Geld dafür zahlen. Aber sagen Sie das nicht den Machern der Sendung.
Oerding macht Sabbatical: „Ich wollte keine beruflichen Zwänge“
Sie hatten ja Ende letzten Jahres ohnehin eine Auszeit von Ihrer Karriere angekündigt. Die dauert weiter an?
Oerding: Ich befinde mich in meinem sogenannten Sabbatjahr. Ich wollte keine beruflichen Zwänge durch Aufträge und Termine, sondern einfach meine Festplatte neu formatieren, damit ich wieder für Ideen und Geschichten offen bin. Deshalb werde ich viel reisen – in der Hoffnung, dass mir etwas passiert, was ich auf meinem nächsten Album festhalten kann.
Das heißt, ich werde wahrscheinlich den Großteil des Jahres nicht in Deutschland verbringen, sondern versuchen, andere Länder, Sitten und Kulturen kennenzulernen, und auch ein bisschen zu meinen musikalischen Wurzeln in den USA zurückzukehren – zum Beispiel Nashville oder Philadelphia. Außerdem werde ich Freunde besuchen, die in Deutschland verstreut sind.
Sie haben in den letzten Monaten verschiedene private Umbrüche erlebt – vom Ende Ihrer Beziehung bis zum Tod Ihres Vaters im Januar dieses Jahres. Haben diese Ihren Entschluss ausgelöst oder bestätigt?
Oerding: Absolut. In den letzten zwei, drei Jahren ist viel passiert. Und der letzte Schicksalsschlag hat mir nochmal gezeigt, dass jetzt der richtige Moment ist, um auf „Reset“ zu drücken. Ich versuche aus all diesen Erfahrungen Kraft zu ziehen und sie im besten Fall musikalisch zu verarbeiten.
„Sing meinen Song“: Das hat den Sänger überrascht
Was gibt Ihnen das Zusammensein mit Ihren Musikerkollegen bei „Sing meinen Song“?
Oerding: Man sieht, dass man mit seinen Künstlerproblemchen nicht alleine ist. Es gibt eben Dinge, die nur Menschen begreifen können, die wie ich auf einer Bühne und in der Öffentlichkeit stehen. Ich muss auch zugestehen, dass ich gegenüber gewissen Künstlerbiografien und Stilrichtungen Vorurteile hatte. Durch diese Begegnung wird man erinnert, wie engstirnig und dumm man teilweise durchs Leben läuft.
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Haben Sie da ein Beispiel?
Oerding: Nehmen wir Eko Fresh, von dem ich nur die Songs und sein Image kannte. Ich dachte mir, da kommt so ein harter Rapper daher, und dann steht vor einem der einfühlsamste, eloquenteste und höflichste Mensch, den ich seit langem getroffen habe. Das hat mich total überrascht. Ein anderes Beispiel ist Sammy Amara von den Broilers. Ich konnte bislang mit Punkrock nicht viel anfangen, aber durch ihn habe ich das Genre verstanden und fand es hoch spannend, was es den Menschen inhaltlich auf den Weg gibt.
Einer der Gäste von „Sing meinen Song“ ist Peter Maffay, der demnächst seine letzte große Abschiedstournee beginnt. Können Sie so einen Schritt verstehen?
Oerding: Natürlich. Er befindet sich in einer Lebensphase, wo er sich um andere Dinge kümmern möchte. Vor ein paar Jahren hätte ich selbst noch gesagt: „Ich muss weiter machen, bevor die Leute mich vergessen.“ Aber das Leben zeigt einem eben, dass es noch wichtigere Dinge gibt, als nur Musik zu machen.
Johannes Oerding: „Ich brauche eine kurze Pause“
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten: Wen hätten Sie gerne bei „Sing meinen Song“ dabei?
Oerding: Ich tendiere zu Bruce Springsteen. Er ist ein Weltstar mit seinen eigenen Problemen, aber es gibt auch Gemeinsamkeiten, die wir Künstler alle gemeinsam haben. Hinzu kommt die Art und Weise, wie er Musik macht, wie er sie lebt und wie er seit über 60 Jahren Massen bewegt und das mit einer guten Haltung, weil er seine Wurzeln nicht vergisst.
Springsteens Autobiographie trägt den Titel „Born to run“. Trifft das auch auf Sie zu?
Oerding: Ganz gut. Die Leute würden von mir sagen, dass ich immer weiter voran will. Aber ich brauche eben jetzt eine kurze Pause, um das Leben mehr genießen zu können.
Reisen Sie dann allein oder mit Begleitung?
Oerding: Sowohl als auch. Ich habe mir vorgenommen, Freunde und Freundinnen hinzuzuholen. Und wir werden wiederum Freunde und Freundinnen besuchen – zum Beispiel DJ Bobo in Miami, bei dem wir ein bisschen chillen wollen. Das hätte ich mir vor zehn Jahren nicht träumen lassen, aber diese Freundschaft kommt eben auch von „Sing meinen Song“.
Diese gefährlichen Tiere belagerten den Musiker in Australien
Sie scheinen aber bei Reisen gewisse Ängste zu haben. In einem Interview meinten Sie, Sie würden für den Trip nach Südafrika zu „Sing meinen Song“ ein Pfefferspray einpacken...
Oerding: Das war kein Scherz. Ich glaube, dass einem nichts passiert, wenn man sich entsprechend vorbereitet. Südafrika ist von seiner Natur her ein sehr spannendes Land, und da kann es einem passieren, dass einem bestimmte Wesen zu nahe kommen.
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Aber haben Sie schon mal was Gefährliches auf Ihren Reisen erlebt?
Oerding: In Australien bin ich mal von fünf Dingos am Strand umzingelt worden, die mein letztes Brötchen klauen wollten. Wenn dich da mehrere leuchtende Augenpaare angucken, wird dir schon anders. In dem Fall hatte ich nichts zur Abwehr dabei, aber zum Glück ist nichts passiert.
Werden Sie sich nach Ihrer Auszeit denn wieder an den Berufsalltag gewöhnen können?
Oerding: Das Gute ist, dass schon sehr viel fest steht. Das ist ein Schutzmechanismus, sodass ich nicht auf die Idee komme, noch drei Jahre länger zu machen. Wir haben sehr viele Konzerte geplant, hoffentlich mit neuer Musik im Gepäck. Aber das ist keine Arbeit für mich. Denn es gibt keinen anderen Ort, an dem ich lieber bin, als die Bühne.