Sydney. Das Great Barrier Reef erlebt die schlimmste Korallenbleiche seit 30 Jahren. Warum Experten die Gefahr mit Buschfeuern vergleichen.
Die Korallenbleiche im Great Barrier Reef greift immer weiter um sich. Das zeigen neue Aufnahmen, die die Naturschutzorganisation Australian Marine Conservation Society am Donnerstag veröffentlichte. Die Massenbleiche – die fünfte in nur acht Jahren – trifft demnach selbst noch Korallen in 18 Metern Tiefe. Einige der Nesseltiere sollen sogar schon gestorben sein, nachdem eine Rekordhitzewelle im Meer das größte Korallenriff der Erde getroffen hat.
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Wissenschaftler, darunter die Meeresbiologin Selina Ward, sprechen von der schlimmsten Bleiche seit 30 Jahren. „Ich fühle mich am Boden zerstört“, so die Forscherin. „Dieses Bleichereignis ist das Schlimmste, das ich je gesehen habe.“ Im Falle einer Bleiche verfärben sich die Korallen weiß, da ihre Symbiose mit einer Algenart, die die Nesseltiere mit Energie versorgt und ihnen die bunten Farben verleiht, unterbrochen wird. Zwar können sich Korallen von Bleichen wieder erholen, doch wenn diese zu lange andauern oder zu häufig wiederkehren, sterben die Tiere.
Great Barrier Reef: Experten vergleichen Gefahr mit Buschfeuern
Daten aus Luftaufnahmen, die vergangene Woche von der Great Barrier Reef Marine Park Authority veröffentlicht wurden, zeigen, dass 75 Prozent des Riffs von der aktuellen Massenbleiche betroffen sind – ein Großteil davon schwer bis sehr schwer. Grund sind die Temperaturen an der Meeresoberfläche, die zwischen 0,5 und 1,5 Grad Celsius höher gewesen seien als für diese Jahreszeit erwartet, hieß es.
Auch Terry Hughes, ein emeritierter Professor an der James Cook University und führender Korallenexperte in Australien, schrieb auf der Plattform X, es handele sich um „das am weitesten verbreitete und schwerwiegendste Massenbleiche- und Sterblichkeitsereignis, das jemals am Great Barrier Reef registriert wurde“.
Lissa Schindler, Riff-Kampagnenmanager bei der Australian Marine Conservation Society, sagte, dass das neue Filmmaterial „eine ausgedehnte Korallenbleiche in den südlichen Riffen“ zeige. Es gebe aber auch Bilder aus den zentralen und nördlichen Teilen, die in einigen dieser Gebiete eine „großflächige und schwerwiegende“ Bleiche zeigten.
Untersuchungen im Wasser würden noch mehrere Monate dauern, doch die Luftaufnahmen seien von der Great Barrier Reef Marine Park Authority abgeschlossen worden. Bisher habe man aber nur die Daten veröffentlicht. „Die Behörde muss dringend die Karten freigeben, um der Öffentlichkeit das Ausmaß und die Schwere dieses Bleichereignisses zu zeigen“, forderte Schindler.
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Selbst Korallenarten, die bei früheren Hitzewellen im Meer als widerstandsfähig galten, seien dieses Mal gebleicht, berichtete sie. Das Great Barrier Reef sei eine globale Ikone. „Würde es sich um ein Buschfeuer handeln, würde es zu einer nationalen Katastrophe erklärt werden“, meinte sie. Weil das Riff aber unter Wasser und damit außer Sichtweite sei, erhalte es von der Politik nicht die Aufmerksamkeit, die es verdiene.
Größtes Riff der Welt: Das sind die Gründe für seinen Zerfall
Bereits im März hatte die Great Barrier Reef Marine Park Authority in einem Statement geschrieben, dass Untersuchungen eine „weit verbreitete Korallenbleiche im gesamten Great Barrier Reef zeigen“ würden. Die hohen Temperaturen im Meer gingen auf den Klimawandel zurück und seien durch das Wetterphänomen El Niño im Pazifischen Ozean verstärkt worden, erläuterte die australische Behörde damals.
Das Great Barrier Reef, das sich über rund 2300 Kilometer an der Ostküste Australiens erstreckt, besteht aus etwa 3000 einzelnen Riffen. 1500 Fischspezies und 400 Korallenarten sind dort beheimatet. Eine erste großflächige Massenbleiche wurde am Riff 1998 und dann wieder 2002 beobachtet. Seitdem bleicht das Riff in immer kürzeren Abständen.
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Schuld daran sind neben dem Klimawandel auch die Wasserverschmutzung, Stürme und der gefräßige Dornenkronen-Seestern. Trotzdem gab es in der jüngeren Vergangenheit auch immer wieder positive Nachrichten: So hatte die Korallenabdeckung bei den Hartkorallen im nördlichen und im mittleren Teil des Riffs wieder zugenommen. Dies war ein Grund, warum das Riff, das seit 1981 Weltnaturerbe ist, bisher nicht auf die sogenannte Rote Liste der „gefährdeten“ Welterbestätten gesetzt worden ist. Die Entscheidung wird von der Unesco aber noch in diesem Jahr überprüft und könnte revidiert werden.