Rom. Wissenschaftler entschlüsseln, was an einer Baustelle in Pompeji vor dem dramatischen Vulkanausbruch 79 n. Chr. wirklich passierte.
Die Ausgrabungen in Pompeji begannen schon im 18. Jahrhundert, und noch immer finden Archäologen Neues: Die laufenden Ausgrabungen im Archäologischen Park zu Füßen des Vesuv sorgen immer wieder für Überraschungen. Jetzt sind in den Räumen eines antiken Hauses, das vom Vulkanausbruch im Jahr 79 n. Chr. verschüttet wurde, wichtige Zeugnisse einer aktiven Baustelle aufgetaucht.
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Die nun in Italien entdeckte Baustelle enthüllt Geheimnisse über die Bautechniken im Zeitalter der antiken Römer. So wurden Arbeitswerkzeuge, gestapelte Tuffsteinfließen und -ziegel sowie Kalkanhäufungen entdeckt. Bis zum Tag des Ausbruchs des Vesuv, der um die Mittagszeit begann und bis zum Morgen des folgenden Tages andauerte, wurde an der Baustelle gearbeitet, so die Forscher.
Besonders reichhaltige Belege für laufende Arbeiten finden sich in einem Haus mit einer Bäckerei, wo in den letzten Monaten bereits an den Wänden ein Stillleben mit einer Focaccia, einem Brotfladen und einem Weinkelch dokumentiert wurde.
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Materialien zur Renovierung waren auf dem Boden aufgestapelt. An einer Tür des Tablinums, eines Empfangsraums, die mit einem mythologischen Gemälde verziert wurde, sind für die Forscher Baustellenabrechnungen zu erkennen. Dabei handelt es sich um mit Kohle geschriebene römische Ziffern.
Forscher begeistert: An der antiken Baustelle wurde noch gearbeitet
In mehreren Räumen des Hauses wurden Baustellenwerkzeuge entdeckt, von Bleigewichten zum Hochziehen einer perfekt senkrechten Wand bis hin zu Eisenhaken, die zur Zubereitung des Mörtels und zur Verarbeitung des Kalks verwendet wurden. Spuren der laufenden Bauarbeiten finden sich auch in dem Raum, in dem Amphoren gefunden wurden, die zum „Löschen“ des für die Verputzarbeiten verwendeten Kalks dienten.
Bei der Analyse von Materialien und Bautechniken wurde der Archäologische Park Pompeji von einem Expertenteam des Massachusetts Institute of Technology in den USA unterstützt. Bei den verwendeten Materialien ging es sehr oft um Heißmischungen, um einen Mix aus Branntkalk und trockenem Sand, so die Forscher.
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Normalerweise wird Branntkalk lange vor der Verwendung auf der Baustelle in Wasser getaucht, das heißt „gelöscht“. Das Gemisch aus Kalk und Sand war aufgrund der stattfindenden thermischen Reaktion noch warm und trocknete folglich schneller, was die Bauzeit verkürzte.
Wissenschaftler staunen über die neue Entdeckung in Pompeji
„Dieser Fund bezeugt, wie die kleine Stadt Pompeji uns so viele Dinge über das große Römische Reich näherbringt, nicht zuletzt die Verwendung von Zement. Ohne Zement gäbe es weder das Kolosseum noch das Pantheon noch die Caracalla-Thermen. Die derzeitigen Ausgrabungen in Pompeji bieten die Möglichkeit, die Funktionsweise einer antiken Baustelle fast live zu beobachten“, so der deutsche Parkdirektor und Archäologe Gabriel Zuchtriegel.
„Die Einwohner Pompejis griffen auf Branntkalk in der Bauphase der Mauern zurück, eine Technik, die die Bauzeit eines Neubaus oder die Renovierung von beispielsweise durch Erdbeben beschädigten Gebäuden erheblich beschleunigen konnte. Diese Technik scheint in Pompeji weitverbreitet gewesen zu sein“, erklärt Zuchtriegel.
Nach dem großen Erdbeben von 62 n. Chr., 17 Jahre vor dem Vulkanausbruch, habe es weitere Erdstöße gegeben, die die Stadt vor der großen Katastrophe von 79 n. Chr. heimsuchten. „Wir ergründen das Bauwissen der alten Römer: Vielleicht können wir über Nachhaltigkeit und die Wiederverwendung von Materialien nachdenken und daraus lernen“, so Zuchtriegel.
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Zufrieden über den Fund ist auch der italienische Kulturminister Gennaro Sangiuliano. „Pompeji ist eine Schatztruhe, und nicht alles ist bisher in seiner ganzen Schönheit enthüllt worden. Viel Material muss noch ans Tageslicht gebracht werden.“