Rom. Archäologen haben in einer Höhle in Italien sensationelle Entdeckungen gemacht: Hier könnte eine sagenumwobene Kreatur gehaust haben.
Keramiken, Töpfe und Gefäße – immer wieder gelingt es Archäologen, Tausende Jahre alte Alltagsgegenstände zu entdecken. Doch das, was ein Forscherteam nun gesichtet hat, kommt einer Sensation gleich.
Italienische, französische und britische Wissenschaftler haben in der Grotte von Pertosa Hunderte senkrecht in den Boden gerammte Pfähle entdeckt: Erst einmal ist das ein Hinweis auf Pfahlbauten, bei denen es sich laut der Forscher um die Überbleibsel eines Dorfes aus der mittleren Bronzezeit (1450-1200 v. Chr.) handeln könnte. Was diesen Fund aber noch spektakulärer macht, ist der Hinweis auf den Lebensraum eines Zyklopen.
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Das internationale Forscherteam, das von der italienischen Museumsstiftung Mida und dem Zentrum für Höhlenforschung „Enzo die Medici“ koordiniert wird, ist auf eine Höhle gestoßen, die dem Zyklopen Polyphem zugeordnet werden könne. „Die Pfahlbauten stammen aus der mittleren Bronzezeit, einer Zeit, die an die Routen entlang des Mittelmeers, an die Seefahrer und an die Orte erinnert, die Odysseus auf seiner Reise durch das Mittelmeer ansteuerte“, berichtet Raffaella Bonaudo, Chefin des Denkmalschutzes von Salerno.
Über den Zyklopen hatte der antike Dichter Homer in seinem Meisterwerk „Odyssee“ geschrieben. Der einäugige Gigant lebte demnach an einer waldbedeckten Küste – in einer abseits gelegenen Höhle.
Der Legende zufolge hatten Odysseus und seine Männer mit Polyphem ihre bittere Not: Der Zyklop nämlich sperrte Odysseus mit zwölf seiner Gefährten in seine Wohnhöhle ein, um sechs von ihnen zu quälen und dann zu verspeisen, schreibt Homer. Mit der berühmten Blendung des Zyklopen gelang es Odysseus, sich zu befreien. Mit dem glühenden Ende eines Holzstammes aus dem Lagerfeuers des Riesen nahmen sie dem Einäugigen das Augenlicht. Ein Heldenepos, das bis heute nichts an seiner Eindringlichkeit verloren hat.
Archäologen staunen über Pfahlbauten in Süditalien
Die Forscher hatten die prähistorischen Pfahlbauten nicht in Pertosa vermutet. Pfahlbauten, so heißt es, waren meist in unmittelbarer Nähe von Seen und zwar hauptsächlich im Norden Italiens, vor allem in der Nähe des Gardasees, entstanden. In Süditalien seien sie dagegen eine absolute Seltenheit.
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Die Gegend in der Provinz Salerno ist wegen eines Komplexes von Karsthöhlen bekannt. Diese verlaufen unterirdisch und graben sich in den nördlichen Teil der Felswand der Alburni-Berge ein, am linken Ufer des Flusses Tanagro entlang.
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Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die Grotte des Polyphem in der Antike mit Öllampen beleuchtet wurde. Die Entstehung der Grotte ist vermutlich auf seismische Phänomene und auf die Schwankung des Grundwasserspiegels zurückzuführen, erklären die Archäologen.
Auch dieser Fund hat die Wissenschaftler überrascht
Neben dem Pfahlbaudorf fanden sie antike Töpfe und kunstvoll verarbeitete Bronzewerkzeuge. Auch Ablagerungen von Pflanzenresten kamen zum Vorschein, die perfekt erhalten geblieben sind. Dabei geht es insbesondere um Getreide und Wildfrüchte.
Vor allem die Traubenkerne, die zu einer Rebe aus dem ägäisch-balkanischen Raum gehören, haben die Wissenschaftler überrascht: „Diese europaweit einmaligen Funde liefern neue, wertvolle Informationen über die Ursprünge des Weinbaus in Süditalien und belegen eine frühe Nutzung der Rebe an diesem Ort, die aus dem östlichen Mittelmeerraum eingeführt und mit den lokalen Wildreben gekreuzt wurde“, so die Archäologin Simona Di Gregorio.
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Die Höhlen von Pertosa sind von großer touristischer Bedeutung und werden jährlich von mehr als 50.000 Personen besucht, Tendenz steigend. Sie wurden 1932 erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Der vordere Teil der Grotten kann mit einem speziellen Boot besichtigt werden, das von einem Stahlseil gezogen wird.