Berlin. Porsche möchte in Italien sein Testzentrum ausbauen. Dafür muss ein Waldstück gerodet werden. Die Umsetzung gestaltet sich schwierig.
Schnelle Autos in warmen Gefilden: Auf einem gigantischen Hochgeschwindigkeitsring im Süden Italiens testet Porsche seine innovativen Autos und die neusten Modelle. Das Testgelände Nardò Technical Center (NTC) befindet sich im „Stiefelabsatz“ des Landes, gerade mal zwei Kilometer Luftlinie von der Adriaküste und deren wundervollen Sandstränden entfernt.
Auf der kreisrunden Test- und Rennstrecke im „Absatz“ Italiens werden Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 500 km/h erreicht – eine der am schnellsten befahrbaren Teststrecken der Welt. Jetzt will das Testzentrum mit seinen 200 Mitarbeitern weiter kräftig wachsen. So hegt Porsche ambitionierte Ausbaupläne. Es sollen neun neue Teststrecken entstehen, wofür rund 200 Hektar Wald abgeholzt werden sollen. Dabei gilt das Areal eigentlich als eine der letzten grünen Lungen der Gegend. Umweltschützer sind empört.
Für Genehmigung: Porsche macht Zugeständnisse an die Region
Die Genehmigungen dafür hat das Unternehmen von den kommunalen und regionalen Behörden bereits erhalten. Denn: Porsche verpflichtet sich zu Aufforstungsarbeiten auf einem anderen nahe gelegenen Gelände und zum Bau eines Helikopterlandeplatzes, der unter anderem bei medizinischen Notfällen der lokalen Bevölkerung genutzt werden soll. Die Regionalbehörden haben daher beschlossen, dass es sich bei Porsches Investition um ein Bauprojekt für das Gemeinwohl handelt. Bedeutet: Der Wald darf gefällt, anliegende Bauern enteignet werden.
- Interaktive Karte: So wird der Klimawandel das Leben in Ihrer Region verändern
- Antarktis: Gigantischer Eisschild könnte kurz vor dem Abschmelzen sein
- Google Earth: Diese Funktion zeigt die Klimakrise im Zeitraffer
- Ernährung: Wie durch Fleischverzicht die Klimaziele erreicht werden könnten
- Klimawandel im Meer: Katastrophale Zustände in der Tiefe sorgen für Massensterben
Debatte kocht hoch: Landwirte stehen vor Enteignung
Betroffen von solch einer Enteignung wäre auch Angelo Castellaneta (57). Er ist Landwirt auf dem Bauernhof Masseria La Grande, einem Hof mit etwa 700 Tieren, darunter Rinder, Schafe und Ziegen. Auf seinem Grundstück sollen in Zukunft Aufforstungsarbeiten durchgeführt werden. Castellaneta sagt: „Meine Tiere füttere ich mit dem, was wir auf unseren eigenen 15 Hektar Land anbauen. Wenn ein Teil davon enteignet wird, was geschieht dann mit meinen Tieren?“
Auto-Ärger in Italien?Hier lesen Sie alles über die sogenannten Killer-Blitzer am Gardasee!
Eine Frage, die so leicht nicht beantwortet werden kann. Silvia Tarantino, die Bürgermeisterin der Gemeinde Porto Cesareo, auf der sich ein Teil des betroffenen Gebietes erstreckt, verteidigt Porsches Ausbaupläne jedoch. Die Rodung von 200 Hektar Wald werde durch die Aufforstung von weiteren 600 Hektar kompensiert.
Doch mit der Aufforstung allein sei es nicht getan, warnt Maria Teresa Corsi vom Umweltschutzverband Verdi Ambiente e Società (Grüne Umwelt und Gesellschaft) in der Provinz Lecce, zu der die Gemeinde Nardó gehört. Sie sagt: „Die neuen Bäume, die gepflanzt werden sollen, sind zehn Zentimeter hoch. Bis sie zu einem kräftigen Baum heranwachsen, dauert es Jahrzehnte.“ Einfach ausgedrückt: Bis die neue Waldfläche einen so positiven Effekt auf die Umwelt hat wie der bereits bestehende Wald, dauert es schlicht zu lange.
Auch interessant:Der Urlaubsinsel Sizilien droht eine schwere Dürre
Gegen die Entscheidung der Region, die Pläne Porsches zu genehmigen, hat Corsi jetzt gemeinsam mit der Organisation Italia Nostra Beschwerde vor dem zuständigen Verwaltungsgericht eingereicht.
- Besondere Highlights: Urlaub in Italien – 10 Geheimtipps einer Expertin
- Reisen: Das sind die beliebtesten Regionen für Urlaub in Italien
- Sightseeing: Die bekanntesten Sehenswürdigkeiten in Italien
- Wetter & Klima: Urlaub in Italien – Das ist die beste Reisezeit
Porsche verteidigt die Ausbaupläne
Das Nardò Technical Center erklärte, es warte auf „die Entscheidung der Verwaltungsrichter – im Vertrauen darauf, dass die Rechtmäßigkeit des Genehmigungsverfahrens für seinen Entwicklungsplan anerkannt wird“. Zusätzlich bekräftigte das Unternehmen sein „Engagement für das Entwicklungsprojekt und bleibt offen für Dialog und Transparenz“. Man sei überzeugt, dass die Bewohner von der Entstehung neuer Arbeitsplätze und von der geplanten 450-Millionen-Euro-Investition profitieren würden. „Das NTC engagiert sich seit Jahren in den Bereichen Nachhaltigkeit, Umweltschutz und gesellschaftliche Verantwortung“, heißt es auf der Webseite des Testzentrums.
Kritik aus Stuttgart: Porsche verstößt gegen Nachhaltigkeitsversprechen
Die Porsche-Pläne für die Teststrecke beschäftigen inzwischen auch die Stadt Stuttgart. Das Stuttgarter Linksbündnis will Porsche vor den Gemeinderat zitieren. Die Ausbaupläne in Nardò widersprächen den Nachhaltigkeitsversprechen des Unternehmens. Außerdem solle geklärt werden, warum der Porsche-Konzern in Süditalien für den Ausbau seiner Teststrecke einen uralten Wald roden will – und ob es nicht Alternativen dazu geben könnte.