Rom. Fast sechs Millionen Euro nahm der „Killer-Blitzer“ am Gardasee ein. Nach Protesten hat sich eine Richterin des Themas angenommen.
Die Einwohner von Torri del Benaco, einem beliebten Urlaubsort am Gardasee, nennen ihn den „Killer-Blitzer“: Der Geschwindigkeitsmesser entlang der Gardesana, der Hauptverkehrsstraße am See entlang, ist für Autofahrer und Touristen seit Monaten ein Schreckgespenst. In knapp 170 Tagen sind 35.000 Strafen wegen überhöhter Geschwindigkeit verhängt worden. Bis zu 150-mal am Tag gehen dem Blitzer Raser ins Netz. Bestraft werden auch Autofahrer, die das Limit von 50 Stundenkilometern um lediglich ein bis zehn Stundenkilometer überschritten haben. Die Bußgelder füllen derweil die Kassen der 3000-Seelen-Gemeinde.
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Die Wut der in- und ausländischen Autofahrer ist in den letzten Wochen hochgekocht – sie fühlen sich schikaniert. Verbraucherschützer reichten bei einem Gericht in Verona Klage gegen die Radarfalle ein. Mit Erfolg: Eine Richterin urteilte, dass der Blitzer in Torri del Benaco nicht gesetzeskonform zugelassen worden und die verhängten Strafen damit nichtig seien.
Alle verhängten Bußgelder und Strafpunkte wurden damit annulliert. Alle Autofahrer, gegen die ein Bußgeld verhängt wurde, können auf Grundlage des Urteils die Annullierung der Strafe beantragen. Diejenigen, die bereits gezahlt haben, haben Anrecht auf Erstattung.
Italien: „Killer-Blitzer“ nahm fast sechs Millionen Euro ein
Für die Abschaffung der Radarbox hatte sich auch die Parlamentarierin der rechten Regierungspartei Fratelli d´Italia, Alessia Ambrosi, eingesetzt. Ihr waren in den vergangenen Monaten sieben Strafzettel wegen überhöhter Geschwindigkeit in den Briefkasten geflattert. „Wichtig ist für mich, dass ich alle möglichen Maßnahmen ergriffen habe, um die Bürger zu schützen, die von diesen geldgierigen Radarfallen schikaniert werden“, so die Abgeordnete aus Verona, die im Trentino gewählt wurde und täglich auf der Gardesana unterwegs ist.
„Verkehrssicherheit ist wichtig, das ist unbestreitbar, doch 80 Prozent der Strafen wurden verhängt, weil die Geschwindigkeitsgrenze von 50 Stundenkilometern lediglich um ein bis zehn Stundenkilometer übertroffen wurde“, so Ambrosi weiter. Die kleine Gemeinde Torri del Benaco habe so sechs Millionen Euro kassiert – „das ist übertrieben“, protestiert die Politikerin.
Diese wütenden Reaktionen rief die Radarfalle hervor
Ihr Kampf wurde von vielen erzürnten Autofahrern unterstützt. Ein Mann, der einen Marktstand in einer Gemeinde am Gardasee unterhält, berichtete, dass er zwischen dem 20. August und dem 20. September 18 Strafen wegen des Blitzers im Zentrum von Torre del Benaco erhalten habe. 3000 Euro musste er zahlen.
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Ein Rentner aus der Provinz Verona hatte seiner Wut freien Lauf gelassen und das Gerät mit einer Steinschleuder und Metallmurmeln beschädigt, nachdem er zwei Strafzettel erhalten hatte. Er wurde von den Carabinieri identifiziert und gestand seine Schuld ein, wobei er erklärte, dass er seine impulsive Geste bedauere.
Radarfallen sind in Italien zuletzt vermehrt in die Kritik geraten. Gemeinden werden beschuldigt, verstärkt auf Blitzer zurückzugreifen, um Strafgelder zu kassieren und damit ihre leeren Kassen zu füllen. Die italienische Regierung will jetzt neue Regeln für Radarfallen einführen. So sollen Systeme bei Geschwindigkeitsbegrenzungen von unter 50 km/h auf größeren Straßen abgeschafft werden, berichtete Verkehrsminister Matteo Salvini.
Proteste gegen Blitzer: So wehren sich Italiens Autofahrer
Vor einigen Wochen hat der Verbraucherschützer-Verband Codacons auf der Grundlage von Daten des Innenministeriums eine Statistik erstellt, nach der Italien an der Spitze Europas steht, was die Anzahl der Blitzer auf den Straßen angeht: 11.130 Geräte gegenüber 7700 in Großbritannien, 4700 in Deutschland und 3780 in Frankreich.
Die Italiener haben im vergangenen Jahr 1535 Milliarden Euro an Bußgeldern gezahlt. Dies entspricht einem Anstieg von 6,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr und 23,7 Prozent gegenüber dem Vorpandemiejahr 2019. In einigen Gemeinden liegen die Einnahmen im Vergleich zur Einwohnerzahl bei über 100 Euro pro Kopf und Jahr.
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Der Protest gegen die vielen Blitzer auf italienischen Straßen hatte in den vergangenen Wochen nie gekannte Formen angenommen: Unbekannte sabotierten Dutzende Radarfallen, sprengten sie oder sägten sie ab. Unklar ist, ob es sich bei der Sabotage um das Werk einer Einzelperson oder einer organisierten Gruppe handelt.
Der als „Robin Hoodder gestraften Autofahrer“ gepriesene „Fleximan“, wie man ihn in sozialen Netzwerken nennt, wird wegen seines „Ungehorsams“ im Internet hochgelobt. Einige User posteten Videos mit seinen Sabotageakten und erklärten sich bereit, für die Prozesskosten aufzukommen, sollte der Täter verurteilt werden.