Berlin. Musik, Schauspiel, Comedy: Olli Schulz ist ein vielseitiger Künstler. Im Interview spricht er über seine Ziele und das Älterwerden.
An der Seite von Joko und Klaas wurde Olli Schulz einem großen Fernsehpublikum bekannt. Im Rahmen einer Netflix-Produktion baute er das alte Hausboot von Gunter Gabriel gemeinsam mit dem YouTuber Fynn Kliemann zur Veranstaltungs-Location um – auch wenn Kliemann mittlerweile aus dem Projekt aussteigen möchte. Zu hoch die Kosten, zu niedrig die Buchungsanfragen.
Aber selbst wenn der 50-jährige Schulz in verschiedensten Formaten zu Hause ist – etwa auch dem Podcast „Fest & Flauschig“ – so steht die Musik doch im Zentrum seiner Laufbahn. Am 9. Februar veröffentlichte er sein aktuelles Album „Vom Rand der Zeit“, mit dem er bald auf große Deutschlandtournee geht. Im Interview erläutert der Künstler die Befindlichkeiten hinter den neuen Songs, seine Sehnsucht nach einer Hundefarm, seine Angst vor Spinnen und was ihn an jungen Leuten nervt.
Früher haben Sie alle drei Jahre ein neues Album präsentiert, aber vor „Vom Rand der Zeit“ haben Sie sechs Jahre pausiert...
Olli Schulz: Die Platte wäre schon vor zwei, drei Jahren veröffentlicht worden, aber dann kam Corona, und wir konnten nicht ins Studio und mussten unsere Tour dreimal absagen. Das hat zu einer kleinen Identitätskrise geführt. Außerdem ist privat viel passiert, und erst 2023, als wir wieder live auftreten konnten, ist die Lust zurückgekehrt, das Album zu vollenden.
Olli Schulz: In seinen Songs verarbeitet er auch die Coronazeit
In dem Song „Einfach so“ heißt es: „Es wird Zeit, dass unser Herz wieder blüht“. Ist das Ihr Gefühl nach der Pandemie?
Schulz: Dieser Song ist schon 2018 entstanden, denn auch damals hatte ich den Eindruck, dass unser Gemeinschaftsgefühl verloren gegangen ist. Ein Song, den ich nach Corona geschrieben habe, ist „Jennys Hundefarm“. Denn ich habe während der Pandemie gemerkt, dass viele Frauen keine Lust mehr auf diese Welt haben und sich zum Beispiel der Rettung von Hunden verschrieben haben. Und das ist nicht zynisch gemeint. Ich finde so einen Schritt positiv. Dagegen habe ich viele alberne Lieder wieder gestrichen, weil diese Art von Musik nach meinem Gefühl nicht auf die Platte gehörte.
Würden Sie selbst gerne ein Hundefarm haben?
Schulz: So eine Sehnsucht habe ich schon. Ich wohne ja auch auf einem Hausboot in Hamburg im Naturschutzgebiet, wo ich von Tieren umringt bin, und habe mir vor fünf Jahren einen rumänischen Mischlingshund geholt.
Lesen Sie auch: „Rote Rosen“ – Diana Staehly spricht über strenge Set-Regeln
Und eine karitative Ader haben Sie auch?
Schulz: Ich engagiere mich jedenfalls mit der Weihnachtsgala, die ich mit Jan Böhmermann mache. Wir konnten über den vergangenen Jahreswechsel zwei Millionen Euro Spendengelder einsammeln. In der Vergangenheit habe ich damit unter anderem ein Kinderhospiz oder den Wünschewagen des Arbeiter-Samariter-Bunds unterstützt. Wenn ich sehe, wenn jemand sterbenskranken Menschen ihre letzten Wünsche erfüllt, berührt mich das total.
„In Deutschland wird man ständig beurteilt“
Nachdem die lustigen Songs auf dem Album nicht so vertreten sind, sind Sie insgesamt ernster geworden?
Schulz: Ich glaube, ja. Aber letztlich stecken sowohl das Laute und Alberne wie das Ruhige und Stille in mir drin. In meinen Alben habe ich alle Seiten bedient, nur in den Fernsehshows habe ich stark herumgeprollt.
- Schauspielerin: Marianne Koch übers Altern – „Man ist nicht Sklave der Gene“
- Star-Patissier: Christian Hümbs über TV-Job – „Wie eine zweite Familie“
- „Hundeflüsterer“: Martin Rütter über schweren Verlust – „Hätte sofort losgeheult“
- Schauspielerin: Stefanie Stappenbeck – „Ich war mit den Nerven fertig“
- Hollywood-Star: Johnny Depp im Interview – „Wir wurden wie Freaks behandelt“
Auch der Song „Hoch geflogen“, der vom Absturz einer Karriere handelt, ist nachdenklich. Ist der von eigenen Ängsten inspiriert?
Schulz: Das Lied handelt von einem Phänomen, das ich bei vielen Kollegen gesehen habe, die im Gegensatz zu mir früh berühmt wurden. Mit dem Erfolg haben sie schnell vergessen und verraten, was ihnen wichtig war – nämlich die Stabilität einer Familie oder einer langjährigen Liebe. Zuspruch kann einen nicht nur zum Positiven verändern. Und damit kommt auch die Gefahr, dass du ausbrennst. Aus dem Grund versuche ich zum Beispiel nicht zu viel in der Öffentlichkeit zu sein. So bin ich nicht traurig, dass ich nicht mehr so viel im Fernsehen auftrete.
In der Öffentlichkeit stehen Sie ja auch unter Beobachtung und werden bewertet. Wie kommen Sie damit klar?
Schulz: Meine Haltung dazu habe ich in dem Song „Falsch erzählt“ reflektiert. In Deutschland wird man ständig beurteilt. Meine Eltern und Großeltern haben immer gesagt „Was werden denn wohl die Nachbarn denken?“
Schulz: Damit müssen Künstler klarkommen können
Aber das ist Ihnen inzwischen egal?
Schulz: Mir schon, aber ich habe genug Leute in meinem Umfeld, die empfindlicher sind und darunter leiden. Doch zum Künstlerdasein gehört so eine Scheißegalhaltung. Du kannst nicht auf die Bühne gehen und denken, du wirst von allen geliebt. Natürlich wünschst du dir das, aber wenn das Publikum doof ist oder der Funke nicht überspringt, dann musst du mit erhobenem Haupt von der Bühne gehen und den Mittelfinger zeigen: ‚Wisst ihr was, ich kann auch ohne euch ein glückliches Leben führen.‘ Die Leute sollen spüren, dass ich ihnen nicht einfach gefällig sein will, sondern ein eigenständiger Mensch bin.
Auch interessant: Hendrik Duryn – „Einige Leute streiten bis aufs Blut“
Negative Erfahrungen bei Ihren Auftritten machen Sie doch nicht mehr?
Schulz: Nein, es gab nur mal 2012 eine kurze schwierige Phase, als ich viel bei Joko und Klaas aufgetreten bin und ein paar Leute dachten, ich würde die gleiche Comedy auf der Bühne machen.
Vor ein paar Monaten hatten Sie ein ganz besonderes Publikum, denn da traten Sie bei der „Sesamstraße“ auf.
Schulz: Ich bin mit der „Sesamstraße“ aufgewachsen, und daher habe ich bei dieser Anfrage nicht nein gesagt. Für Elmo habe ich ein neues Lied zum Thema Angst geschrieben, welches ich live mit den Figuren im Studio eingesungen habe.
„Ich hatte immer Angst zu verarmen“
Haben Sie vor etwas Angst?
Schulz: Ich hatte viele Jahre Angst vor Spinnen. Aber vor meiner Tochter darf ich die nicht zeigen. Da nehme ich die Spinne eiskalt in die Hand, was mich selbst überrascht hat. Das hat mich ganz schön Überwindung gekostet.
Mehr Promi-News: „Tatort“-Star erklärt, was in seiner Beziehung anders läuft
Haben Sie generelle Ängste vor dem Leben?
Schulz: Ich hatte immer Angst zu verarmen, weil ich nicht aus reichen Verhältnissen komme. Aber das war ein Motor, mir Mühe zu geben und zu arbeiten. So bin ich stolz, dass ich es geschafft habe, acht Platten in meinem Leben aufzunehmen. Und das sind für meinen Geschmack nicht die schlechtesten.
- Schlagerstar: Beatrice Egli über Liebe – „Sollen die Menschen spekulieren“
- Sängerin:Conchita Wurst – „Ich konnte das alles nie verarbeiten“
- Promi: Barbara Becker – Das ist mit allen meinen Ex-Partnern so“
- Moderatorin: Ina Müller über „LOL“ – „Es weht ein sehr rauer Wind“
Denken Sie daran, wie sich Ihre Karriere in Zukunft entwickeln könnte?
Schulz: Nein, denn ich genieße das Hier und Jetzt. Vielleicht kommt wieder eine Zeit, in der ich alleine mit der Gitarre in einem kleinen Laden vor einer Handvoll Leute spiele.
Gibt es etwas, was Sie am Älterwerden stört?
Schulz: Was mich stört, ist, wenn junge Menschen älteren Leuten sagen, wie sie alt zu werden haben. Wenn du so weit durchgekommen bist, dann lasse ich mir von jemand, der erst am Anfang steht, keine Vorschriften machen. Sei, wie du sein willst, vor allem am Ende deines Lebens.