Berlin. Forscher haben an der britischen Küste den kompletten Schädel eines „Pliosaurus“ ausgegraben. Finden sie auch den Rest des Körpers?
Die wohl aufregendste urzeitliche Entdeckung der letzten Jahre begann mit einem harmlosen Spaziergang. Der Paläontologe Steve Etches und sein Freund, Fossil-Enthusiast Phil Jacobs, laufen an einem Strand im südenglischen Dorset, als sie ein ganz besonderes Fossil zwischen den Kieselsteinen entdecken: die Spitze der Schnauze eines Pliosaurus.
„Es ist eines der besten Fossilien, an dem ich jemals gearbeitet habe. Was es einzigartig macht, ist, dass es vollständig ist“, sagte Etches gegenüber „BBC News“. Die Kiefer schließen perfekt ineinander, völlig ungewöhnlich sei das für ein solches Skelett. Über Etches‘ Fund und die aufwendige Hebung berichtet ausführlich eine BBC-Dokumentation mit dem britischen Naturfilmer David Attenborough, die zu Neujahr erscheinen wird.
Pliosaurus war ein legendärer Jäger, der vor 150 Millionen Jahren Schrecken in den Ozeanen verbreitete. War der T.Rex zu Zeiten der Dinosaurier der unangefochtene König des Landes, gilt der Pliosaurus als Herrscher des Meeres. Nach dem ersten Teilfund des Maules am Strand konnten Archäologen den kompletten zwei Meter großen Schädel des Ungetüms freilegen. Laut den Forschern handele es sich dabei um eine der besterhaltenen Fossilien seiner Art.
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Pliosaurus besaß drittes Auge – neue Art von Dinosaurier?
Dem Australischen Museum zufolge lebte der 10 bis 12 Meter lange Pliosaurus vor 220 bis 70 Millionen Jahren, der Jura- und der Kreidezeit. Besonders auffällig seien der riesige Kopf, der kurze Nacken und der massige, tränenförmige Körper des Dinosauriers. Mithilfe seiner vier Flossen ging der Alpha-Prädator in den urzeitlichen Ozeanen auf Beutefang.
Besonders skurril: das Exemplar habe wohl ein drittes Auge gehabt. Auf dem Schädel sei laut den Forschern wohl ein Loch, in dem ein lichtsensibles Auge saß, das besonders beim Auftauchen von Vorteil gewesen sein könnte. Unter anderem deshalb gehen die Paläontologen davon aus, dass es sich hier um eine bisher unbekannte Unterart des Pliosaurus handelt.
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Tödliche Bisskraft: Zähne von Pliosaurus schnitten durch Gewebe und Knochen
Was den Pliosaurus zu dem gefährlichsten Unterwasser-Killer seiner Zeit machte, sind vor allem seine 130 messerscharfen Zähne, die im Fossil komplett erhalten sind. Durch kleine Rillen in den Zähnen konnte der Pliosaurus sein Gebiss tief in das Gewebe und die Knochen seiner Opfer stoßen und genauso schnell wieder herausziehen. Schon ein Biss dieses urzeitlichen Seemonsters konnte demnach tödlich sein.
Mit einer geschätzten Bisskraft von 33.000 Newtons bleibt der Pliosaurus nicht weit hinter dem 45.000 Newton starken Gebiss des Tyrannosaurus Rex zurück. Zum Vergleich: Der Biss eines Menschen bringt es maximal auf 700 Newton, der eines Salzwasserkrokodils, des bisskräftigsten heute lebenden Tieres, auf 16.000 Newton. Nicht zuletzt deshalb beschreibt Dr. Andrew Rowe von der Bristol University den Pliosaurus bei „BBC News“ als eine Art „Unterwasser-T.Rex“.
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Fossil musste in 15 Meter Höhe ausgegraben werden
Die BBC-Dokumentation begleitet auch die spektakuläre Bergung des Dinosaurierfossils – aus 15 Meter Höhe. Forscher mussten sich erst von einer Steilklippe abseilen, um an den Rest des Schädels zu gelangen. Denn der steckte noch in dem Gestein der südenglischen Küste, die in der Kreide- und Jurazeit den schlammigen Meeresboden bildete. Die Gegend ist aufgrund ihrer vielen Fossilien als „Jurassic Coast“ bekannt.
Etches und seine Kollegen wollen schon bald den restlichen Körper des Fossils freilegen, den sie ebenfalls in der Steilklippe vermuten. Doch die Zeit drängt: Mit jedem Jahr bricht die ein Stück weiter in das umliegende Meer ab. Es sei eine einmalige Gelegenheit, so Etches.
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