Berlin. Talkmaster Louis Klamroth hat mit Frank Plasbergs „Hart aber fair“-Traditionen gebrochen. Nun sucht er Hilfe bei der Konkurrenz.

Dieser Tag musste ja kommen, wenn die Partnerin, wenn auch unfreiwillig, die Gästeliste von „Hart aber fair“ diktiert. Thema der vorletzten Ausgabe: das Klima. Naheliegend, wenn die Herrscher der Welt in Dubai gipfeln. Naheliegend auch, die prominenteste deutsche Klimaaktivistin live aus der Wüste zuzuschalten.

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Ging aber leider nicht, weil Moderator Louis Klamroth (34) und Luisa Neubauer (27) ein Paar sind. Befangenheitsverdacht. Die Beziehung wurde schon ein Jahr zuvor im WDR-Rundfunkrat verhandelt. Das Gremium rutschte an die Bettkante, weil Klamroth den Sender erst über die Beziehung informiert hatte, nachdem das Engagement verkündet war.

Was Besuchern Berliner Medienpartys lange bekannt war, hatte in Köln niemand mitbekommen. Man halte sich aus Privatsachen heraus, meldete großzügig der WDR. Überraschende Milde eines traditionell nervösen Senders, der einiger Proteste wegen eine missratene, aber harmlose Kinderlied-Satire über „Oma, die Umweltsau“ aus dem Programm nimmt.

Louis Klamroth kehrt seinem Vorgänger den Rücken

Nicht nur wegen des Klamroth-Knicks in der Quote ist Klamroth ein permanenter Stresstest, sogar für seinen Vorgänger. Frank Plasberg hatte den Neuen selbst ausgesucht. Der erwies sich allerdings als undankbar und trennte sich im Frühsommer von Plasbergs Firma A&S, die die Sendung 23 Jahre produzierte. Diesen Montag kommt „Hart aber fair“, intern „Haf“ genannt, letztmalig aus der A&S-Schmiede. Die Abschiedsparty dürfte kurz und kühl verlaufen.

Moderator Frank Plasberg (r.) hatte seinen Nachfolger bei „Hart aber fair“ selbst ausgesucht: Louis Klamorth drückt dem Format nun seinen Stempel auf.
Moderator Frank Plasberg (r.) hatte seinen Nachfolger bei „Hart aber fair“ selbst ausgesucht: Louis Klamorth drückt dem Format nun seinen Stempel auf. © WDR | Ansager & Schnipselmann/Juli

Im neuen Jahr startet Klamroth für seinen neuen Klub, die Florida Entertainment von Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf. Die beiden Show- und Quotenriesen von Pro7 machen mit ihrem Multimedia-Unternehmen provozierend lässig vor, wie frisches TV geht. Sind die Öffentlich-Rechtlichen die Verbrenner der Medienwelt, dann ist Florida Tesla. Die Aufgabe ist sportlich. Haf muss im ersten Halbjahr Werte schaffen, die mit Klamroth bislang nicht gelangen: 8,5 Prozent Marktanteil plus 250 000 Abrufe in der Mediathek. Wegen der Fußball-EM bleiben nur 14 Sendungen Zeit.

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Die Causa Klamroth illustriert, worum es in der ARD viel zu oft geht: Macht. ARD-Programmdirektorin Christine Strobl und WDR-Programmchef Jörg Schönenborn kämpfen um den kostbaren Sendeplatz montags um 21 Uhr. Der WDR hat mit Hart aber fair und Maischberger gleich zwei große Talkarenen, sieben ARD-Anstalten aber keine. Strobl will an Erbhöfe ran, die Klamroth und seine Freunde wiederum für den WDR verteidigen sollen.

Plasbergs Nachfolge: Klamroth setzte sich gegen große Namen durch

Der Reihe nach. Haf gehörte seit dem Start 2001 im Dritten zur TV-Avantgarde. Erstmals wurde Talk wie Kampfsport präsentiert. Plasberg positionierte sich neben dem Tresen, quasi am Spielfeldrand, als Schiedsrichter, als Antreiber, aber nie als Kumpel. Er ließ Zuschauerkommentare live verlesen, schenkte der Republik den Faktencheck und wagte exzentrische Themen wie „Was treibt die Deutschen in den Baumarkt?“ Die Quote war grausam, aber immerhin hatte jemand was gewagt.

Weil Plasberg nach zwanzig Jahren Haf sein historisches Schiff dem TV-Studio vorzog – Ijsselmeer statt Adlershof –, erstellte A&S eine Liste mit möglichen Nachfolgern, darunter angeblich Caren Miosga, Linda Zervakis, Susanne Link und Ingo Zamperoni. WDR-Schönenborn war wenig enthusiasmiert. Wollte er Plasbergs Firma loswerden? Plötzlich tauchte Louis Klamroth bei Plasberg auf. Zufällig wird der junge Mann von einer Agentur vertreten, die auch Kandidaten von der A&S-Liste betreut.

Louis Klamroth (r) mit seinem Gast: Jens Spahn (CDU, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Präsidiumsmitglied).
Louis Klamroth (r) mit seinem Gast: Jens Spahn (CDU, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Präsidiumsmitglied). © WDR | Oliver Ziebe

Plasberg sei „schockverliebt“ gewesen, sagen Weggefährten, er habe für den gelernten Schauspieler geworben, der an der Seite seines Vaters Peter Lohmeyer in „Das Wunder von Bern“ gespielt, ein Studium an der London School of Economics absolviert und beim Kleinsender ntv „Klamroths Konter“ moderiert hatte. Trotz kleiner Erfahrung auf großen Bühnen bekam der Außenseiter den Prestige-Job. Baute der listige Schönenborn da eine Brücke zu den Privaten, um Verstärkung gegen Strobl zu holen?

„Härter, aber fairer“? Klamroth will Format neu formen

Selbstbewusst machte Klamroth klar, das Plasberg-Format nicht fortsetzen zu wollen. Er lehne Gäste wie Kubicki ab, soll er Redakteuren angedeutet haben, die gewohnt waren, journalistisch zu entscheiden. Die Institution Brigitte Büscher, die seit Jahren die Zuschauermails verliest, ließ Klamroth ähnlich kalt wie eine Beteiligung an A&S. Plasberg wurde klar: Der liebe Louis „will den Bruch“. Zugleich wurde Klamroths Produktionsfirma K2H im Sommer überraschend von der Florida Entertainment übernommen. Dorthin wanderte wenig später auch der Etat für 2024/2025, knapp zwölf Millionen Euro.

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Während bei A&S Jobs abgewickelt werden, tüftelt Florida am neuen Haf, „härter aber fairer“, so der interne Spot. In einer Variante steht Klamroth wie ein Schiedsrichter zwischen zwei Tischen: rechts die Profis aus der Politik, links das Volk, vielleicht verstärkt durch Prominenz aus dem Florida-Kosmos wie Shirin David, Tedros „Teddy“ Teclebrhan, Mark Forster. Guckfutter für jüngere Leute.

So könnte Klamroth die ARD-Vorgaben wider Erwarten doch erfüllen. WDR-Schönenborn hätte den Sendeplatz behauptet, Joko und Klaas wären erstmals auf dem öffentlich-rechtlichen Spielfeld aktiv und ein jugendlicher Draufgänger wäre Avantgardist im Seniorenheim. So wie seinerzeit Frank Plasberg.