Berlin. Schauspielerin Franziska Weisz isst seit 30 Jahren kein Fleisch, ging auf Demos – und hat doch das Gefühl, sich zu wenig zu engagieren.

2023 war ein ereignisreiches Jahr für Franziska Weisz. Sie war in Großprojekten wie „Der Schwarm“ zu sehen, verkündete ihren Ausstieg aus dem „Tatort“ und spielt nun in der Serie „Wer wir sind“ (ab 15. November um 20:15 Uhr im Ersten) eine Kommissarin, die es mit jugendlichen Umweltaktivisten zu tun bekommt. Wie sich im Interview herausstellt, fühlt sich die 43-jährige Schauspielerin diesen Gruppierungen sehr verbunden. Auch sonst nimmt sie sich ihre jungen Kollegen zum Vorbild, selbst wenn sie frierend und hungernd beim Dreh steht.

Wie aktivistisch waren Sie selbst in Ihren jungen Jahren gestimmt?

Franziska Weisz: Ich habe mit 13 das erste Mal eine Dokumentation über Tiertransporte gesehen und habe gesagt, ich esse nie wieder Fleisch. Damit habe ich meine Familie im Wienerwald sehr schockiert. Und ich habe mich in den 90ern, wo so eine Haltung nicht so weit verbreitet war, zu einer gewissen Außenseiterin gemacht. Als ich dann mit 17 das Buch „Die Globalisierungsfalle“ über die Macht der Weltkonzerne gelesen habe, war das für mich ein Augenöffner und ich habe Politikwissenschaften studiert. Damals bin ich in Protestdemonstrationen gegen die rechte FPÖ auf die Straße gegangen.

Inwieweit sind Sie diesem Protestgeist von damals treu geblieben?

Weisz: Fleisch habe ich nie wieder gegessen. Damals war das reiner Tierschutz und mittlerweile weiß ich, dass es auch Umweltschutz ist, weil es viel nachhaltiger ist, sich pflanzlich zu ernähren. Für Klimademos gehe ich auf die Straße. Ich war mal nahe Hamburg dabei, um gegen ein Labor zu demonstrieren, in dem noch Tierversuche stattfanden. Das wurde dann tatsächlich geschlossen.

Die Schauspielerin Franziska Weisz wohnt in Berlin.
Die Schauspielerin Franziska Weisz wohnt in Berlin. © Funke Foto Services | Sergej Glanze

Franziska Weisz: „Die Arroganz und Bequemlichkeit, nichts ändern zu wollen, muss aufgebrochen werden“

Das heißt, Sie sehen auch die Resultate Ihrer Proteste?

Weisz: Sonst würde das keinen Sinn machen. Alles, was wir an Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft haben, mussten wir uns erkämpfen, sei es das Wahlrecht für Frauen, Barrierefreiheit etc. Es braucht lauten Protest, dass die Personen, die entscheiden können, auch tatsächlich Entscheidungen treffen. Die Arroganz und Bequemlichkeit, nichts ändern zu wollen, muss aufgebrochen werden.

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So gesehen müssten die Macher von „Wer wir sind“ offene Türen bei Ihnen eingelaufen sein?

Weisz: Absolut. Ich habe das Drehbuch bekommen und dachte mir: Das ist auf jeden Fall mein Thema. Wir sehen alles in den Nachrichten oder Dokumentationen, aber das erreicht nur die Menschen, die sich dafür interessieren. Es ist wichtig, den verschiedenen Beteiligten von den Polizisten bis zu den Demonstranten ein Gesicht zu verleihen.

Inwieweit ist die Schauspielerei der bestmögliche Job, um Ihre Ideale zu vertreten?

Weisz: Es gibt den Spruch: Willst Du etwas vermitteln, so verpack es in Schokolade. Wenn man Schicksale erlebbar macht, schafft man dafür ein größeres Verständnis, anstatt mit Theorie und Zahlen zu langweilen. Das ist mir bei dem Film „Blood Diamond“ klar geworden. Ich dachte mir: Da rennen Millionen von Leonardo DiCaprio-Fans rein und danach wissen sie, was Blutdiamanten sind. Mit der Unterhaltung haben wir die große Kraft, Menschen auf die Themen unserer Zeit aufmerksam zu machen und Empathie zu fördern.

Mit dem „Tatort“, für den Sie seit 2015 ermittelten, wollen Sie das aber nun nicht mehr tun...

Weisz: Ich bin ein großer Freund neuer Herausforderungen. Ich habe für den „Tatort“ auch etliche schöne Sachen abgesagt, und so gesehen vertraue ich darauf, dass da schöne andere Projekte auf mich warten. Ich habe früh an mir erkannt, dass ich hin und her gerissen bin zwischen Sicherheit und Abenteuer. Mal überwiegt das eine und mal das andere.

Was sich die Schauspielerin bei ihren jüngeren Kolleginnen und Kollegen abguckt

Wenn Sie sich mit den jungen Kolleginnen und Kollegen vergleichen, mit denen Sie in „Wer wir sind“ drehten, sind Ihnen da Mentalitätsunterschiede aufgefallen?

Weisz: Ich habe gemerkt, dass bei sämtlichen Drehs in letzter Zeit sehr viel gejammert wird. Und das auch zum Teil zu Recht. Man steht am Set, es ist spät, das Catering hat schon geschlossen, alle frieren. Die Budgets werden immer kleiner, aber die Erwartungen größer. Und weil alle den Ehrgeiz haben, es gut zu machen, hetzt man von einer Szene in die andere, ohne Zeit zum Proben zu haben. Die jungen Kollegen allerdings kennen das nicht anders. Die haben die Euphorie und die Dankbarkeit, besetzt worden zu sein, viel stärker als die Kollegen, die andere Zeiten erlebt haben. Da fühle ich mich ertappt und denke: Eigentlich geht es doch darum, dass wir in diesem besonderen Beruf arbeiten dürfen. Und so habe ich mir von deren Spielfreude viel abschneiden können.

Franziska Weisz ist in der neuen ARD-Serie „Wer wir sind“ zu sehen.
Franziska Weisz ist in der neuen ARD-Serie „Wer wir sind“ zu sehen. © picture alliance / Roman Zach-Kiesling / First Look / picturedesk.com | Roman Zach-Kiesling

Sie haben sich also das Jammern verkniffen?

Weisz: Ja.

Könnten Sie sich vorstellen, sich stärker gesellschaftlich zu engagieren, oder müssten Sie sich da beruflich einschränken?

Weisz: Das kann ich mir einerseits gut vorstellen. Ich habe ein permanent schlechtes Gewissen, dass ich mich nicht mehr engagiere. Ich unterstütze Organisationen wie Greenpeace und WWF finanziell, aber eigentlich reicht mir das nicht. Andererseits ist mein Leben nun mal so voll, weil ich so viel beruflich zu tun habe.

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So gesehen könnten Sie sich speziell Projekte aussuchen, die eine bestimmte Botschaft in Ihrem Sinne vermitteln.

Weisz: Wenn mich das Drehbuch nicht anspricht und da nur eine große Botschaft ist, würde ich das wohl nicht machen. Die Botschaft muss ja entsprechend transportiert werden.

Wenn Sie über dieses Interview eine Botschaft – zum Beispiel pro Vegetarismus – vermitteln könnten, wie wäre die?

Weisz: Vegetarier haben besseren Sex (lacht).