Berlin. In einer Höhle wurden Knochen aus der Jungsteinzeit gefunden. Möglicherweise frönten die Menschen dort einem kannibalistischen Kult.
Knochenfunde aus der Cueva de los Mármoles in der andalusischen Provinz Córdoba geben Archäologen derzeit Rätsel auf. Womöglich handelt es sich um Überreste eines bizarren Totenkults, dem die Menschen vor 7000 Jahren frönten. Dabei könnte es nach Ansicht von Wissenschaftlern auch zu kannibalistischen Praktiken gekommen sein.
Ein Team um die Anthropologin Zita Laffranchi von der Universität Bern hat in der Höhle um die 400 Knochenfragmente gefunden, die insgesamt zwölf Menschen zugewiesen werden konnten – Kindern, Frauen und Männern. Das Erstaunliche: Es fanden sich vor allem Teile des Schädels, der Rippen sowie Arm- und Beinknochen. Andere Körperteile wie die Glieder von Händen und Füßen waren die absolute Ausnahme.
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Höhlen als Schauplätze eines seltsamen Totenkults
Den Wissenschaftlern war vorher bereits bekannt, dass die Menschen in der Jungsteinzeit vor etwa 7000 Jahren ihre Verstorbenen in Höhlen wie die Cueva de los Mármoles brachten, als der Verwesungsprozess schon eingesetzt hatte. Vor Ort schabten sie das Fleisch ab und kratzten das Mark aus den Knochen. Manche Knochen schnitzten sie zu Werkzeugen zu, aus den Schädeln machten sie Trinkschalen.
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Das Team von Zita Laffranchi wollte nun herausfinden, wozu diese bizarren Praktiken dienten. Als wissenschaftliche Hypothese schlägt Laffranchi vor, dass die Mármoles-Höhle, die sich 370 Meter tief in den Fels erstreckt, für die Menschen der Jungsteinzeit eine Art jenseitige Welt darstellte, in der andere Regeln galten. "Die ständige Dunkelheit und die unterirdische Lage der Höhlen macht sie zu idealen Ruhestätten verstorbener Gemeinschaftsmitglieder", schreiben die Wissenschaftler in der Fachpublikation "Plos One". Die spezielle Behandlung der Knochen interpretieren sie als eine Art des Totenkults, der in der dunklen Umgebung der Höhle besonders gut möglich gewesen sei.
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Menschliche Schädel wurden offenbar als Trinkschalen genutzt
Warum allerdings der Schädel sorgfältig bearbeitet, die Kalotte abgetrennt und ausgeschabt wurde, stellt die Wissenschaftler vor ein besonderes Rätsel. Einige Forscher vermuten, dass die Jungsteinzeitmenschen an das Gehirn kommen wollten, um es zu essen. Denkbar ist aber auch, dass das Gehirn lediglich entfernt wurde, um einen Teil des Schädels als Trinkschale zu verwenden. Kannibalistische Gebräuche können jedoch nicht ganz ausgeschlossen werden, zumal in der Jungsteinzeit auch andernorts Kannibalismus nicht unbekannt gewesen zu sein scheint.
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Besonders drastische Belege für diese Praxis fanden sich 2009 in einer Fundstätte nahe des pfälzischen Herxheim. Wie Wissenschaftler in den Fachzeitschriften "Antiquity" und "Science News" berichten, seien dort Hunderte Menschen geopfert und anschließend aufgegessen worden. (tok)