China. Visionär oder Tyrann? Historiker streiten über das Erbe Qin Shihuangdis – dem ersten Kaiser Chinas und Erbauer der Terrakotta-Armee.
- Qin Shihuangdi war der erste Kaiser Chinas
- Er einte das riesige Reich und schrieb Geschichte
- Dennoch ist er bis heute umstritten – war er ein Tyrann oder ein Visionär?
Wie herrschen über ein Reich, das so groß ist, dass man Wochen für eine Reise durch das Land braucht? In einer Zeit vor Internet, Fernsehen und Regierungsjets war das gar nicht so einfach. Qin Shihuangdi halfen dabei seine innovative Verwaltung und sein unerbittlicher Machthunger. Der legendäre erste Kaiser von China fasziniert Archäologen und Historiker bis heute. Mit seiner Terrakotta-Armee und einer Gruft voller tödlicher Fallen sorgt er auch mehr als 2000 Jahre nach seinem Tod für Schlagzeilen. Wer war der Herrscher, der bis zu seinem Lebensende nach einem Weg zur Unsterblichkeit suchte?
Vom Kind zum Gottkaiser: Wie der erste Kaiser von China an die Macht gekommen ist
Qin Shihuangdi wurde 259 v. Chr. als Zhao Zheng in die Königsfamilie des Qin-Königreiches im Nordwesten Chinas geboren. In der sogenannten "Zeit der streitenden Reiche" kämpften sieben Staaten um die Vorherrschaft in China. Das Qin-Königreich in der heutigen Provinz Shaanxi war das größte und mächtigste Reich. Durch eine Reihe von Reformen, die eine effiziente Bürokratie und ein modernes Militär hervorbrachten, war es nur eine Frage der Zeit, bis Qin die umliegenden Länder unterwerfen und vereinigen würde.
Name | Qin Shihuangdi |
Amt und Titel | Erster Herrscher und Gottkaiser |
Geboren | 18. Februar 259 v. Chr. |
Verstorben | 210 v. Chr., Shaqiu Platform Relics, Xingtai, China |
Bestattet | 210 v. Chr., Mausoleum Qin Shihuangdis, Xi’An |
Eltern | König Zhuangxiang und Queen Dowager Zhao |
Doch als Zhao Zheng 246. v. Chr. im Alter von 13 Jahren den Königsthron bestieg, war seine Macht begrenzt. Bis zu seiner Volljährigkeit damals mit 22 Jahren würde der Kanzler Lü Buwei die Regierungsgeschäfte leiten. Im Jahr 238 v. Chr. wurde Zheng endlich zum uneingeschränkten Herrscher von Qin ernannt. Sogleich ließ er den Liebhaber seiner Mutter ermorden, weil dieser zur Opposition übergelaufen war. Den alten Kanzler Lü schickte er ins Exil, um seine Macht zu sichern. Zheng fand sich schnell in seiner Rolle als grausamer und geschickter Herrscher zurecht.
Grausamer Heerscher und Reformator: Ein politisch geeintes Land reichte ihm nicht
Mit seiner gigantischen Armee eroberte Zheng die restlichen sechs umliegenden Königreiche. 221 v. Chr., 17 Jahre nach Zhengs Machtübernahme, war China endlich vereinigt; das politische Chaos und der Krieg zwischen den "streitenden Reichen" waren beendet. Zur Feier seines Triumphes ernannte Zhao Zheng sich selbst prompt zum Qin Shihuangdi, zum ersten erhabenen Gottkaiser.
Nach der Vereinigung Chinas galt es, das riesige Kaiserreich auch zu regieren. Shihuangdi schaffte das alte feudale System ab, das zu viel Korruption und Misswirtschaft geführt hatte. Stattdessen installierte der Kaiser Beamte, die er aufgrund von Erfahrung und Begabung für die einzelnen Provinzen auswählen ließ. Dass das Land politisch vereinigt war, reichte ihm aber nicht: So führte er zusätzlich eine Währung, einheitliche Gewichte und sogar eine Schrift für China ein.
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Chinesische Mauer kostete Tausende Leben – der Kaiser lebte im Luxus-Palast
Als Herrscher war Qin Shihuangdi gefürchtet. Er handelte strikt nach der Philosophie des Legalismus, der zufolge der Mensch an sich eher geneigt ist, Schlechtes als Gutes zu tun. Vertreter anderer Philosophien wie des Konfuzianismus oder Daoismus ließ Shihuangdi brutal verfolgen, einsperren und sogar hinrichten. Für ehrgeizige Bauprojekte des Kaisers wie dem Vorläufer der Chinesischen Mauer ließen Tausende Zwangsarbeiter ihr Leben. Laut zeitgenössischen Chronisten hatte der Kaiser in seiner damaligen Hauptstadt Xinjiang Hunderte Luxus-Paläste errichten lassen. Der größte davon, der sagenhafte E’Pang Palast, soll sich über 75.000 Quadratmeter erstreckt haben. Archäologische Beweise für den Megabau fehlen allerdings bis heute.
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Die Suche nach der Unsterblichkeit: Wie sich der Kaiser das ewige Leben sichern wollte
Seitdem Qin Shihuangdi mit 22 Jahren uneingeschränkt über China herrschte, musste der Kaiser sich nur vor Wenigem fürchten. Ein letzter Gegner, ob Mensch oder Gottkaiser, bleibt jedoch immer. Shihuangdi war deshalb besessen davon, den Tod zu besiegen. Zu seinen Lebzeiten ließ er Schamanen, Zauberer und Alchemisten aus dem ganzen Land zu sich kommen, um mit Zaubertränken, Ritualen und Opfergaben das Unvermeidliche zu vermeiden. Er suchte nach der Unsterblichkeit.
Letztlich könnte ihn diese Obsession sogar schneller getötet haben. Viele der Flüssigkeiten, die der Kaiser einnahm, enthielten wohl giftiges Quecksilber. Trotz seines Strebens nach Unsterblichkeit hatte Shihuangdi für sein Ableben vorgesorgt. Ein gigantisches Mausoleum, so groß wie eine kleine Stadt, wurde schon vor seinem Tod angefertigt. Zu dem Grabkomplex gehören auch die unterirdische Gruben, in denen die legendäre Terrakotta-Armee ihren Herrscher bewacht. Die Tausenden lebensgroßen Ton-Soldaten wurden angefertigt, damit der Kaiser sich im Jenseits nicht vor seinen getöteten Feinden fürchten muss.
Obwohl Shihuangdi der Ursprung des geeinten Chinas ist, taugt er den heutigen Chinesen nur bedingt als historisches Vorbild. War seine Herrschaft doch vor allem von Grausamkeit und Willkür gekennzeichnet. Unter Historikern ist er eine kontroverse Persönlichkeit. So fanden Archäologen in und um das Mausoleum des Kaisers unzählige menschliche Überreste. Überlieferungen zufolge wurden Tausende Beamte ermordet und Tausende Bauarbeiter lebendig begraben, um die Gruft des Kaisers geheim zu halten. Mit Erfolg: Chinesische Bauern entdeckten erst 1974 per Zufall Überreste des Mausoleums.
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