Essen. Die Sicherheitslücke in Solaranlagen für Balkone zieht größere Kreise, weitere Hersteller sind betroffen. Der Deye-Konzern fliegt Teile ein.

In Deutschland wurden Tausende Mini-Solaranlagen verkauft, die gegen eine Sicherheitsnorm verstoßen: Eine immer noch unbekannte Zahl von Herstellern hat bei den verbauten Wechselrichtern auf ein wichtiges Relais verzichtet, das vor Stromschlägen schützt und nach den Regeln der Technik vorgeschrieben ist. Der Verstoß gegen rechtsverbindliche Vorgaben zieht größere Kreise, erste Discounter rufen Produkte zurück. Der Deye-Konzern bietet betroffenen Kunden nun eine Nachrüstbox an.

  • Müssen Tausende Balkonkraftwerke vom Netz? Die Hintergründe der schweren Sicherheitspanne haben wir auf dieser Seite zusammen getragen.

Deye will die Nachrüstbox SUN-MI-RELAY-01 verschicken

Das chinesische Unternehmen Deye, dessen Wechselrichter vor einigen Wochen aufgefallen waren, will das Problem mit einem externen Nachrüstsatz beheben. Der Konzern will Kunden kostenlos per Luftfracht eine Box zuschicken, die zwischen Wechselrichter und Stromanschluss gesteckt werden könne. Betroffene sollten Deyes Kundenservice unter support@deye.solar anschreiben, berichtet das Portal heise.de.

Der TÜV Rheinland bestätigte auf Anfrage dieser Redaktion, dass die Nachrüstlösung des Herstellers ein Zertifikat erhalten habe. Deye teilte mit, dass eine Box mit dem Namen SUN-MI-RELAY-01 für folgende Wechselrichter nachgerüstet werden könne:

  • SUN600G3-EU-230 (600 Watt)
  • SUN800G3-EU-230 (800 Watt)
  • SUN1000G3-EU-230 (1000 Watt)

Bundesnetzagentur prüft Nachrüstlösung

Eine Reaktion der Bundesnetzagentur steht jedoch noch aus. Die Behörde prüft, ob die Nachrüstlösung tatsächlich eine Zulassung erhält. Bis zu einer Lösung sei die Zulassung betroffener Geräte erloschen. Die oberste Behörde scheut jedoch davor zurück, den Weiterbetrieb fehlerhafter Geräte zu verbieten. „Die Bundesnetzagentur sieht in erster Linie den Hersteller in der Pflicht. Für technische Mängel ist der Hersteller allein verantwortlich“, teilte ein Sprecher dieser Redaktion mit. „Es wird geprüft, welche Maßnahmen getroffen werden. Dies ist unter anderem abhängig davon, ob freiwillige Maßnahmen des Herstellers ausreichen.“ Zur Anzahl der in Deutschland betroffenen Wechselrichter liegen der Bundesnetzagentur keine Informationen vor, hieß es.

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Dabei ist der Bundesoberbehörde das Problem des fehlenden Sicherheitsschalters nach eigener Aussage seit knapp zwei Monaten bekannt. „Der Hersteller Ningbo Deye Inverter Technology Co., Ltd hat der Bundesnetzagentur Anfang Juni 2023 mitgeteilt, dass die Herstellung und der Vertrieb der Geräte vom Typ SUN600G3-EU-230 gestoppt wurden und eine freiwillige Korrektur vorgeschlagen“, teilte der Sprecher auf Anfrage mit.

Weitere Hersteller betroffen, Aldi ruft Anlage zurück

Käufer von Balkonkraftwerken tappen bei der Frage, ob sie ein fehlerhaftes Gerät betreiben, weiter im Dunkeln. Die Verbraucherzentrale NRW rät Käufern von Stecker-Solargeräten, auf dem Typenschild des Wechselrichters sowie in die Kaufunterlagen nach Details zu den Anlagenkomponenten zu suchen. Eine Liste betroffener oder nicht betroffener Wechselrichter fehlt jedoch weiterhin. Die Bundesnetzagentur gibt an, dass Produkte weiterer Hersteller ebenfalls betroffen seien. Wegen laufender Verwaltungsverfahren würden die Namen jedoch nicht genannt.

In die Offensive geht nun Aldi Nord. Der Discounter ruft das Plug & Play-Balkonkraftwerk SP 175/350 Wp der Firma Solovoltaik zurück. Darin sei der mutmaßlich fehlerhafte Wechselrichter MMI600 enthalten. Die 600-Watt-Solaranlage sei zwischen dem 1. Juni und 3. Juli dieses Jahres verkauft worden. Solovoltaik bietet Käufern auf dieser Seite ein Formular an. Gegen Vorlage des Kassenbelegs will die Firma den Wechselrichter auf eigene Kosten austauschen. Auch der Hersteller Anker hat bereits Geräte zurückgerufen.

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