Bad Laasphe. Bierforscher fördert neueste Informationen zu Brauereien in NRW ans Licht. Er kennt das Geheimnis des Bad Laaspher Handwerksbiers. Mit Video.
Beim Bier in der Kneipe erzählt man sich gerne Geschichten. Bei Ulrich Schneider ist das etwas anders. Er erzählt lieber über die Geschichte der Biere. Im Gespräch mit dem Bad Laaspher Bierbrauer Hans-Christian Bosch und dieser Zeitung fördert der Präsident des Internationalen Brauereikultur Verbandes, vieles zur Geschichte der ältesten Brauerei im Raum Nordrhein-Westfalen und Hessen zutage, was bislang kaum jemand wusste, und bei dem sogar Brauereibesitzer Hans Christian Bosch ins Schmunzeln kommt.
Älteste Brauerei in Familienhand
Tatsächlich: Die Brauerei Bosch mit ihrer 319-jährigen Familiengeschichte ist aktuell die älteste Brauerei in Familienhand. Das hat bislang niemand in NRW oder Hessen geschafft. „Die Schlossbrauerei in Rheda stammt aus dem 14. Jahrhundert. Sie hat aber immer wieder Lücken in der Brautradition. Und die Brauerei Irle im Siegerland ist sieben Jahre älter als wir, aber eben nicht mehr in Familienhand“, bestätigt Hans-Christian Bosch. Der 46-jährige Braumeister führt die Familientradition jetzt in der elften Generation.
Wie kommt das, dass eine Familie von Landwirten, Bäckern, Gastwirten und Brauern so lange in der Handwerkstradition erfolgreich ist? „Wahrscheinlich hat das Boschbier am besten geschmeckt“, sagt der Brauerei-Historiker Ulrich Schneider, der allerdings ein bisschen befangen ist, weil er Bosch besonders mag. Schneiders Spezialgebiet sind die Brauereien im Lahntal. Der Präsident des internationalen Brauereikulturverbandes wohnt in Eschborn. Er ist aber in Biedenkopf aufgewachsen und kennt sich mit den Biermarken Balbach, Thome, Gießener und Marburger bestens aus. Die sind übrigens alle längst Geschichte.
„Das ist ein Hase-und-Igel-Spiel. Vor 30 Jahren gab es noch viel mehr kleine Brauereien.“
Auch in Bad Laasphe selbst gab es sechs Brauereien, von denen nach fast 600 Jahren auch nur noch die eine übrig ist. Das alles hat Ulrich Schneider bei seinen Recherchen zur Brauerei Bosch im Archiv der Familie oder dem Staatsarchiv in Marburg zusammengetragen. Die ältesten Zeugnisse stammen aus dem Jahr 1438. Damals hat Graf Georg zu Sayn-Wittgenstein den Bürgern in Laasphe das Privileg gewährt, Bier unter städtischer Aufsicht zu brauen. Das städtische Brauhaus hat am Anfang in der Königstraße gegenüber dem heutigen Wilhelmsplatz gestanden, wo sich heute das Deutsche Haus befindet, erklärt Hans-Christian Bosch.
Das von verschiedenen Gastwirten und Brauern genutzte Brauhaus hatte Regeln. Eine war das Reihebrauen, erläutert Bosch. Das bedeutet, es wurde der Reihe nach Bier gebraut und dann in der Stadt ausgeschenkt. „Das hatte etwas mit Ressourcenschonen zu tun, weil Getreide kostbar war“, erläutert Bosch. Man wollte verhindern, dass das bessere Bier des einen Brauers schneller ausgetrunken wurde als das schlechte das anderen. Das Bier damals hatte aber auch wenig mit dem Bier heute zu tun, weiß Ulrich Schneider. Damals wurden auch „Krut-Biere“ also Kräuterbiere getrunken.
Besuch in der ältesten Privatbrauerei in Nordrhein-Westfalen
Die Geschichte der Brauerei Bosch beginnt genau in diesem gemeinsamen Brauhaus mit dem aus Römerstadt in Mähren eingewanderten Bäcker und Gastwirt Johann Friedrich Schuppert (1661-1730). Schuppert kommt aus der Bierregion Mähren und weiß, wie gutes Bier schmecken muss. Dass ihm seines vielleicht besser gelingt als anderen, dazu hat auch Hans-Christian Bosch eine Theorie: „Die Hefe war damals noch weitgehend unbekannt. Als Bäcker hatte Schuppert aber damit zu tun und sie an den Händen mit ins Brauhaus gebracht.“ Welche wichtige Wirkung die Einzeller auf den Brauprozess haben, ist erst seit gut 150 Jahren bekannt.
„Es ist ein Ringen um Rezepte, Geschmack und Argumente. Am Ende setzt sich die Qualität durch.“
Der Name Bosch taucht übrigens zum ersten Mal 1825 auf. Damals kommt Georg Eberhard Bosch aus dem Siegerland als Bäcker- und Brauerlehrling in den Betrieb von Schuppert. Er wird später dessen einzige Tochter heiraten und den Betrieb von der Witwe Schupperts übernehmen. Mit den Boschs wird aus der Familie mit Landwirtschaft, Bäckerei und Gastwirtschaft schnell eine Brauereifamilie. Georg Eberhard Bosch fährt sein Bier mit Ochsengespannen bis nach Winterberg oder lahnabwärts nach Hessen. Schub erhält das Unternehmen dann mit dem Kauf des Brauereigasthofs Zur Sonne in der Königstraße, der Vergrößerung des Betriebs auf der anderen Seite des Laasphebaches 1857 und dem Bau eines neuen Brauhauses 1905. „Was meine Familie auszeichnet, ist, dass sie immer mit der Zeit gegangen ist“, schätzt Hans-Christian Bosch.
Nächste Familiengeneration steht bereit
Der 46-Jährige hat es nie bereut, in die Fußstapfen seiner Vorfahren getreten zu sein. „Am meisten macht mir der Kontakt mit den Menschen Spaß“, sagt er und erinnert sich: „Schon als ich ein Grundschulkind war, habe ich mich immer auf den Hof der Brauerei geschlichen. Ich fand das spannend, weil da immer was los war. Und mit zehn Jahren habe ich dann zu meinem Opa gesagt: Das will ich auch mal machen.“
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Dass die Geschichte der Brauerei in der Familie weitergeht, davon sind Hans-Christian Bosch und auch seine Ehefrau Petra überzeugt: „Unser ältester Sohn Laurenz Friedrich ist 14 und hat kein Interesse. Aber der elfjährige Tristan Johann will Brauer werden“, sagt die Mutter. Für den Vater, der jetzt seit 30 Jahren im Unternehmen mitarbeitet, ist klar, dass das kein einfacher Beruf ist, ein Handwerks-Unternehmen mit 23 Vollzeit und drei Teilzeitmitarbeitern zu führen. „Das ist ein Hase-und-Igel-Spiel. Vor 30 Jahren gab es noch viel mehr kleine Brauereien“, sagt Hans-Christian Bosch mit Blick auf die großen, den Markt beherrschenden Getränkekonzerne.
Aber Ulrich Schneider ist sich sicher, dass das gelingt: „Es ist ein Ringen um Rezepte, Geschmack und Argumente. Am Ende setzt sich die Qualität durch“. Zumindest scheint dies seit fast 320 Jahren gelungen zu sein.