Wittgenstein. Weil für Windräder Natur beschädigt wird, fließen Ersatzgelder in Ausgleichsmaßnahmen. Aber der Kreis und die Kommunen müssen dafür schnell sein
Die Windkraft wird Wittgensteins Landschaft verändern. Der Eingriff in die Natur und in das Landschaftsbild wird massiv sein. Um diesen Eingriff zumindest teilweise ausgleichen zu können, müssen die Windkraftunternehmen wie bei anderen Baumaßnahmen auch sogenannte Ersatzgelder zahlen. Einen festen Betrag gibt es nicht. Weil die Einzelbeträge je Anlage in Relation zum unterschiedlichen Wert der jeweils umliegenden Landschaft stehen, werden unterschiedliche Beträge fällig, das zeigen zwei Beispiele für Standorte in Bad Berleburg. So wurde für eine bestimmte Anlage am Hermeskopf beispielsweise mit rund 54.345 Euro der geringste Wert angesetzt. Für eine andere im Bereich Paulsgrund wird der Höchstbetrag 154.380 Euro angesetzt.
Geschätzt 15 Millionen Euro
Die Ausgleichsleistungen lagen Anfang Januar 2023 also zwischen häufig 50.000 und mehr als 150.000 Euro pro Windrad. Allein für die 140 bis 170 Windkraftanlegen, die in Bad Berleburg, Bad Laasphe und Erndtebrück insgesamt aufgestellt werden, können Millionenbeträge zusammenkommen. Geht man im Mittel von 100.000 Euro pro Windrad und 150 Anlagen aus, wären es 15 Millionen Euro in den kommenden Jahren. Verwaltet werden diese Ersatzgelder über die Untere Landschaftsbehörde des Kreises Siegen-Wittgenstein, die mit dem Geld Ausgleichsmaßnahme im Naturschutz finanziert.
Ersatzgeld-Konzept des Kreises
Die untere Naturschutzbehörde des Kreises hat ein Konzept für die Verwendung der Ersatzgelder erarbeitet. Damit soll sichergestellt werden, dass eine Vielzahl sinnvoller Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege ermöglicht wird. Mit diesem konzeptionellen Ansatz soll ein ökologischer Mehrwert für die Region Siegen-Wittgenstein und eine schnellere Umsetzung erreicht werden.
Grundlage könnte die nahezu flächendeckenden Landschaftsplanung sein. Nur für Hilchenbach liegt dieser Plan noch nicht vor. Neben dem Landschaftsplan sollen aber auch alle weiteren dem Naturschutz und der Landschaftspflege dienenden Maßnahmen und Projekte mit Ersatzgeldern unterstützt oder ermöglicht werden, wenn sie den aus den Naturschutzgesetzen (BNatSchG, LNatSchG NRW) abzuleitenden Vorgaben entsprechen und von der unteren Naturschutzbehörde und der Biologischen Station Siegen-Wittgenstein positiv beurteilt werden.
Förderanträge können neben den Kommunen auch private Grundstückseigentümer oder Vereine stellen.
Beim Kreis ist man auf Anfrage dieser Redaktion noch sehr zurückhaltend, was die Summen angeht, „weil die Zahlung des Ersatzgeldes erst mit dem Beginn der Bauarbeiten zu Errichtung des Turms einer Windenergieanlage zu leisten ist. Derzeit sind zwar schon einige Genehmigungen für die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen erteilt, allerdings ist nicht bekannt, ob die Anlage tatsächlich und gegebenenfalls wann errichtet werden sollen. Daneben sind sehr viele positive immissionsschutzrechtliche Vorbescheide erteilt worden, die aber noch nicht zur Errichtung von Windkraftanlagen berechtigen. Dies ist nur nach Erteilung einer vollumfänglichen Genehmigung möglich, wobei dem Kreis keine Kenntnisse darüber vorliegen, ob und für welche Windkraftanlagen und wann solche Genehmigungen tatsächlich beantragt werden sollen.“
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Und für Bad Berleburg, Bad Laasphe und Erndtebrück gibt es auch noch ein, zwei weitere Probleme: Es ist „keine zwingende Voraussetzung“, dass Ersatzgelder auch in der Kommune eingesetzt werden, in der der Eingriff stattgefunden hat. Die gesetzliche Regelung im Bundesnaturschutzgesetz ist da offen. Ersatzgelder sind „möglichst in dem betroffenen Naturraum“ zu verwenden. Das Landesnaturschutzgesetz NRW legt fest, dass die Ersatzgelder an den Kreis zu zahlen sind, in dem der Eingriff stattfindet, und „spätestens nach vier Jahren auch dort einzusetzen, sofern nicht fachliche Gründe entgegenstehen“.
Nur vier Jahre Zeit
Außerdem ist gesetzlich geregelt, dass Gelder, die nicht für Ersatzmaßnahmen in den betroffenen Naturräumen eingesetzt worden sind, nach einer bestimmten Zeit an „die zuständige nächsthöhere Naturschutzbehörde weiterzuleiten sind, die dann eine zweckentsprechende Verwendung veranlasst“, erläutert die Pressestelle des Kreises auf Nachfrage dieser Redaktion. Übersetzt heißt das, alles, was nicht verbraucht wird, fließt an die Bezirksregierung Arnsberg und weiter an das Land NRW. Je nach Bundesland sind die Fristen verschieden. In NRW sind es vier Jahre, die nach Eingang eines Ersatzgeldes für die zweckgebundene Verwendung bleiben.
Damit genau das nicht passiert, müssen bereits Anträge für geeignete Maßnahmen in den Schubladen der Kommunen liegen. In Bad Berleburg beispielsweise haben die großen Fraktionen von CDU und SPD das Rathaus aufgefordert, Pläne für den Geldsegen zu machen. Noch im Oktober 2010 hatte die Stadt Bad Berleburg erklärt „schon etliche Vorschläge bei der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises eingereicht“ zu haben, „um die bisherigen Gelder ortsnah einzusetzen. Hierzu zählt insbesondere auch der Bereich der Odeborn-Renaturierung über die Wasserrahmenrichtlinie. Neben den kurzfristig angedachten Maßnahmen zur Odeborn-Renaturierung sind noch weitere Maßnahmen auch auf land- und forstwirtschaftlichen Flächen sowie im Artenschutz denkbar“, berichtete Dezernent Christoph Koch.
Und der Kreis Siegen-Wittgenstein hat ein „Konzept zur zielorientierten Verwendung der Ersatzgelder durch die Untere Naturschutzbehörde“ erarbeitet, das am 2. Dezember 2024 im Umweltausschuss des Kreises vorgestellt werden soll.