Bad Berleburg. Rundum-Pflege: Ein Blick hinter die Kulissen der Intensivpflege-Wohngemeinschaft in der alten Baumrainklinik Bad Berleburg.

Was, wenn ein Mensch plötzlich intensiv-pflegebedürftig wird? Sei es durch eine schwere Erkrankung oder einem schweren Unfall? Wenn das Leben plötzlich auf den Kopf gestellt ist? Immerhin ist Pflegebedürftigkeit keine Frage des Alters. Die Zahl der Pflegebedürftigen ist in den vergangenen Jahren gestiegen, das zeigen unter anderem die Auswertungen des Statistischen Bundesamtes. Demnach waren bereits im Dezember 2021 4,96 Millionen Menschen in Deutschland pflegebedürftig - im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes (SGB XI). Und auch der Bereich der außerklinischen Intensivpflege und Beatmung habe in den vergangenen Jahren eine dynamische Entwicklung erfahren, wie der Pflege-Report 2022 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) - ein 313 Seiten umfassendes Werk - zeigt. „Mittlerweile gehört neben der Versorgung im häuslichen Umfeld oder in stationären Pflegeeinrichtungen auch die Versorgung in Wohngruppen oder anderen Versorgungsarrangements dazu, sodass nicht mehr allein von der häuslichen, sondern der außerklinischen Intensivpflege gesprochen wird“, heißt es dort. Auch in Wittgenstein sind in den vergangenen Jahren sogenannte Intensivpflege-WGs entstanden - neben der WG des Pflegedienstes PK Care in der Berleburger Hochstraße, eröffnete im Oktober 2022 die 365 Grad Intensivpflege eine weitere. Im Berleburger Ausschuss für Gesundheit und Tourismus stellte das Team jetzt seine Arbeit vor.

Bereits Anfang 2019 wurden erste Hinweise laut, dass in der ehemaligen Baumrainklinik Plätze für eine Intensivpflege und Beatmung eingerichtet werden sollen. Seit eineinhalb Jahren befindet sich dort nun die 365 Grad Intensivpflege. Insgesamt zwölf Patienten könnten dort gemeinsam in der WG leben. „Das ist das Maximum, was in einer solchen Wohngemeinschaft versorgt werden darf“, erklärt Dana Wetzel vom Case Management der Opseo-Gruppe - ein deutschlandweiter Verbund von spezialisierten Intensivpflegediensten. Fünf Unternehmen gehören der Gruppe, die ihren Hauptsitz in Remscheid hat, mittlerweile an - das größte davon ist laut Wetzel die 365 Grad Intensivpflege. Insgesamt 1400 Menschen beschäftigt die Gruppe in ganz NRW - 13 von ihnen am Standort Bad Berleburg. Ein Standort, für den sich das Unternehmen bewusst entschieden habe. „Wir haben geschaut, wo der Bedarf für Intensivpflege-Wohngemeinschaften am größten ist - und wo man eine gute Anbindung an Notfalldienste und medizinische Einrichtungen hat“, so Wetzel. Und die habe man in Bad Berleburg - nicht nur durch die direkte Nähe zur Vamed Akutklinik und Vamed Rehaklinik. „Auch das Kreisklinikum oder die Lungenfachklinik in Schmallenberg sind ganz in der Nähe.“

Viele Vorteile am Standort

Zudem, so Wetzel, habe man eine gute Anbindung an Therapiemöglichkeiten. „Das ist besonders wichtig, da die Therapien auch in der WG weitergehen. Wir kooperieren dabei mit regionalen Therapeuten. Es ist wichtig, dass wir den Menschen dort gemeinsam wieder ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen können“, sagt die Case Managerin. „Und ein Bewohner, der aus Wittgenstein kommt, fühlt sich in Wittgenstein natürlich wohler, als in einer Großstadt mehrere Kilometer weit weg.“ Ebenfalls berücksichtigt habe man die Themen Barrierefreiheit und mögliche Anpassungen „für Personen mit Mobilitätseinschränkungen oder Behinderungen“. Aber auch die Qualität der Einrichtung im Vergleich zu anderen in der Region sowie die Kosten für die Miete der Immobilie spielten im Vorfeld eine Rolle.

Seit Oktober 2022 gibt es die 365 Grad Intensivpflege in der ehemaligen Baumrainklinik in Bad Berleburg. Der Eingang befindet sich auf der anderen Seite des Gebäudes.
Seit Oktober 2022 gibt es die 365 Grad Intensivpflege in der ehemaligen Baumrainklinik in Bad Berleburg. Der Eingang befindet sich auf der anderen Seite des Gebäudes. © WP | Ramona Richter

Doch wie viele Bewohner leben dort derzeit? Das interessierte auch die Ausschussmitglieder. „Aktuell leben dort sieben Bewohner“, so Wetzel. Jeder von ihnen habe ein Einzelzimmer mit Bad und Balkon. „Zudem gibt es einen Gemeinschaftsraum mit Küche und eine große Dachterasse“, so Wetzel zur Ausstattung der Intensivpflege-WG. „Ein weiterer wichtiger Punkt für Besucher und Mitarbeiter sind die Parkplätze - die gibt es direkt vor der Haustür.“ Und nicht nur das: Auch der Weg in die Natur zur Erholung sei am Standort in Berleburg gegeben. „Wir befinden uns hier in einer ländlichen Region, die den Bewohnern Ruhe und Erholung in der Natur ermöglichen.“ Während sich die WG in Berleburg an Erwachsene, die auf eine Intensivpflege angewiesen sind, konzentriert, gibt es in Siegen eine weitere WG für Kinder.

Personal bleibt ein wichtiges Thema

Was die Betreuung in Berleburg betrifft, so gibt es derzeit, wie bereits beschrieben, 13 Pflegekräfte für sieben Bewohner. Eine häusliche 1:1-Betreuung wie an anderen Standorten sei in Berleburg derzeit jedoch nicht möglich. „In ganz NRW betreuen wir aktuell auf diese Weise 21 Personen. Für eine 1:1 Betreuung bedarf es fünf Vollzeitstellen. Das bekommen wir derzeit hier in Berleburg nicht hin“, so Wetzel, die unter anderem auch auf das Thema „Personal“ zu sprechen kommt. „Personalmangel ist heutzutage fast überall ein Thema“, sagt sie. Noch aber könne man dies gut kompensieren - unter anderem durch die Vernetzung der verschiedenen Standorte. „So können Mitarbeiter als Springer vorrübergehend beispielsweise in Berleburg arbeiten. Für viele ist das Modell attraktiv.“ Zudem arbeitet das Unternehmen mit der Perspektiva academy zusammen, um dem Personalmangel entgegenwirken zu können. „Personal ist für uns neben unseren Patienten ein sehr wichtiger Punkt“, so Wetzel im Ausschuss für Gesundheit und Tourismus. Apropos Tourismus: „Wenn man nach Wittgenstein kommt und durch die Region fährt, fühlt es sich schon ein wenig wie Urlaub an“, so Dana Wetzel.

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