Bad Berleburg. Bad Berleburgerin findet, dass sie zu lange auf eine MRT-Untersuchung warten musste und deshalb Wochen lang unter Schmerzen litt.
Fünf schwere Monate liegen hinter ihr und auch heute ist der schwere Unfall mit seinen Folgen noch das bestimmende Thema für Brunhilde Gerhardt. Auch wenn sie inzwischen ihre Schulter wieder „einigermaßen gut“ bewegen kann, ärgert sie sich doch darüber, dass die Diagnose nicht schneller gestellt und ihre erfolgreiche Behandlung früher zustanden gekommen ist.
„Ich bin wie in Zeitlupe gefallen“, erinnert sich Brunhilde Gerhardt an ihren Unfall am 5. November 2020. Damals ist die 79-jährige mit ihrem E-Bike im Hopplerbach bei Berghausen unterwegs. An einer steilen Steigung muss die Bad Berleburgerin trotz E-Unterstützung absteigen und macht einen Schritt zu Seite. Dabei verliert sie das Gleichgewicht, fällt und das schwere E-Bike stürzt auf die Seniorin. Mit Mühe und Not kann sich Brunhilde Gerhardt aufrappeln. Vor allem die rechte Schulter hat es erwischt. Die ehemalige Krankenschwester hat eine böse Vorahnung: „Mein erster Gedanke war: Da ist was gerissen.“
Ein Martyrium beginnt
Weil sie ihr Handy nicht bei sich hat, bleibt der 79-jährigen nichts anders übrig, als das Fahrrad aufzuheben und über Berghausen zurück nach Bad Berleburg zu fahren. „Zu Hause bin ich dann vor Schmerzen erst mal zusammengebrochen“, berichtet sie im Gespräch und spricht auch über ihre Angst den Arm nie mehr richtig bewegen zu können. „Am nächsten Morgen habe ich dann im Krankenhaus angerufen“, sagt Gerhardt. An ihrer alten Arbeitsstätte wird sie am 6. November in der Notaufnahme zunächst behandelt. Später untersucht auch der Orthopäde und Unfallchirurg Dr. Christian Pilkahn die Seniorin und ordnet eine Röntgenuntersuchung an. Die ergibt, dass nichts gebrochen ist. „Ich habe dem Arzt gesagt, dass es etwas gerissen ist und um ein MRT gebeten“, erinnert sich Gerhardt. Weil die Patientin den Arm noch bewegen und heben kann, schließen die behandelnden Ärzte dies aber zunächst aus. Die Patientin wird mit einer Bandage und Schmerzmedikamenten nach Hause entlassen. Für Brunhilde Gerhardt beginnt ein Martyrium. Sie fühlt sich von den Medizinern nicht ernst genommen.
Drei Wochen Schmerzen
Fast drei Wochen leidet die 79-jährige unter Schmerzen, allerdings auch weil sie keine Medikamente nehmen möchte, wie die ehemalige Krankenschwester sagt. Brunhilde Gerhardt hat einen anderen Kritikpunkt. Sie hatte Dr. Pilkahn bereits am 6. November um eine Untersuchung im Magnet-Resonanz-Tomografen (MRT) gebeten. Diesen Wunsch wiederholt sie am 25. November bei einer erneuten Untersuchung im Krankenhaus. Einen Termin für ein MRT erhält Brunhilde Gerhardt in Bad Berleburg zunächst für den 19. Januar. „Das sind ja fast zwei Monate“, ärgert sich die Seniorin. „Ich kann nicht noch einmal so lange warten“, sagt sie. Das Krankenhaus gibt ihr Adressen von anderen Kliniken mit entsprechender Untersuchungstechnik. „Ich habe‘ gesagt, den Zettel brauche ich nicht“, berichtet Gerhardt und macht sich selbst auf die Suche nach einem Termin an einem anderen MRT-Standort und bekommt ihn am 11. Dezember im Marienkrankenhaus in Siegen.
Keine Indikation für ein MRT
Der Geschäftsführer der Vamed Akutklinik, Elmar Knoche, äußert sich zum Fall Brunhilde Gerhardt und beantwortet die Fragen der Redaktion. 1Warum hat es bei der ersten Vorstellung keine MRT-Untersuchung gegeben?Unser Team hat die Kritik von Frau Gerhardt zum Anlass genommen, den Fall aufzuarbeiten und die Behandlung sorgfältig zu prüfen – sie verlief in allen Punkten leitliniengerecht. Frau Gerhardt hat uns von unserer Schweigepflicht entbunden, daher werden wir ihre Fragen beantworten. Dennoch halten wir es nicht für angemessen, den Krankheitsverlauf einer Patientin in der Öffentlichkeit zu thematisieren und hätten gern persönlich mit Frau Gerhardt gesprochen. Brunhilde Gerhardt erhielt bei uns nicht sofort eine MRT-Untersuchung, da sich bei der ersten Untersuchung weder aus dem klinischen Kontext noch aus der körperlichen Untersuchung eine entsprechende Indikation ergeben hat. Frau Gerhardt konnte ihren Arm beispielsweise über den Kopf heben, so dass – nach radiologischem Ausschluss einer Fraktur – eine Schulterprellung diagnostiziert wurde.2Unter welchen Voraussetzungen wird eine MRT-Untersuchung gemacht?Eine MRT-Untersuchung wird dann verordnet, wenn Patienten bei der körperlichen Untersuchung beispielsweise Anzeichen für Nervenschäden oder einen Schaden an den Bändern zeigen. Für eine MRT-Untersuchung gibt es nur wenige Notfallindikationen, darunter beispielsweise akute neurologische Ausfälle oder eine Querschnittslähmung.3Wie lange ist die übliche Wartezeit auf eine solche Untersuchung in Bad Berleburg?In der Regel beträgt die Wartezeit sechs Wochen, damit liegen wir in einem normalen zeitlichen Rahmen. Unser MRT ist täglich durchgängig verplant. Akute Notfälle, wie wir sie beschrieben haben, werden dabei immer mit höchster Priorität behandelt. Diese Indikation war bei Frau Gerhardt nicht gegeben. Ambulante Patientinnen und Patienten erhalten von uns eine Übersicht aller radiologischen Praxen bzw. Ambulanzen im Umkreis, so dass sie sich dort zusätzlich nach kurzfristigen Terminen erkundigen können. Diese sind möglich, wenn andere Patienten ihren Termin kurzfristig absagen. 4Wäre für die Behandlung von Frau Gerhardt eine andere Behandlungsmethode/Operationsmethode infrage gekommen, wenn sie zeitnah nach dem Unfall beispielsweise mit einem Rettungswagen als Notfall ins Krankenhaus gekommen wäre?Nein, die Behandlung von Frau Gerhardt wäre ebenso verlaufen, wenn Sie mit dem RTW in die Klinik gekommen wäre. Auch die inverse Schulterprothese war aufgrund einer Gelenkarthrose sowie der zerstörten Bänder und Sehnen in unseren Augen die bestmögliche Behandlung für Frau Gerhardt.
„Ich bin extra um 3.30 Uhr aufgestanden, um mich fertig zu machen und mein Sohn hat mich um 5 Uhr nach Siegen gefahren, damit wir rechtzeitig da waren.“ Vor Ort ergibt sich ein klares Bild von massiven Schäden in der Schulter. „Das sie Schmerzen haben, das sieht man“, heißt es im Siegener Krankenhaus.
Nur eine Frage bleibt
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Mit den Aufnahmen in der Tasche kehrt Brunhilde Gerhardt nach Bad Berleburg zu Dr. Pilkahn zurück. „Als der die Bilder gesehen hat, hat er nur gesagt: Das sieht ja gar nicht gut aus. Da ist nichts mehr ganz“. Die Folge ist eine Operation im Krankenhaus in Bad Berleburg. Brunhilde Gerhardt erhält a, 28. Dezember eine Vollprothese in der Schulter. Nun wendet sich für die 79-jährige alles zum Guten: „Die Behandlung war super. Der Operateur Dr. Pardis Parham war super“, sagt die Bad Berleburgerin und berichtet wie ihr das Team im Operationssaal die Angst genommen hat. Auch anschließend sei alles gut gewesen. Gerhardt schwärmt von der Pflege und dem Housekeeping im Krankenhaus. „Das sind sehr hilfsbereite Menschen“, sagt Gerhardt und will sich ganz besonders bei Veronique bedanken, die die Privatstation betreut.
Auch die Rehamaßnahme in Bad Berleburg sei gut gewesen. Immerhin kennen alle Brunhilde Gerhardt dort, weil die ehemalige Krankenschwester sich dort bis zur Corona-Pandemie als „Grüne Dame“ in der ehrenamtlichen Patientenbetreuung engagiert hat. Nur eine Frage bleibt: „Warum habe ich nicht schneller eine MRT-Untersuchung bekommen?“