Wittgenstein. Ab Januar 2025 ändert sich die Grundsteuer, die Immobilienbesitzer zahlen. Für die Reform werden Daten benötigt, die die Bürger liefern müssen.

Sicher: Mit seinem Steuerberater hat Michael Kroh aus Dotzlar „schon einmal darüber gesprochen – aber nur grob“. Gemeint ist die Reform der Grundsteuer, die alle Grundstückseigentümer in Wittgenstein betrifft, denn: Sie müssen noch im Laufe dieses Jahres Daten sammeln, mit deren Hilfe das Siegener Finanzamt die Steuer bis 2025 neu berechnen kann.

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„Ich vermute mal, dass die Grundsteuer steigt“, sagt der Versicherungsfachmann mit Blick auf die beiden Häuser, die ihm und seinem Bruder gemeinsam gehören. „Diese Häuser haben wir komplett saniert, aus- und umgebaut, um den Mietern möglichst wenig Nebenkosten aufbürden zu müssen. Außerdem sind große Grundstücke dabei. Da wissen wir gar nicht, was da noch auf uns zukommt.“

Die Daten-Beschaffung

Mit den Details der Daten-Beschaffung und -Übermittlung ans Finanzamt hat sich Kroh noch gar nicht beschäftigt – zumal Letzteres komplett digital über das Online-Finanzamt ELSTER (www.elster.de) laufen soll, genutzt schon von vielen Bürgerinnen und Bürgern für ihre Einkommensteuer-Erklärung. „Das muss ich dann mit dem Steuerberater machen“, schätzt Kroh „Der sollte wissen, wie es geht.“

Welche Daten brauche ich überhaupt für meine Erklärung dem Finanzamt gegenüber? „Für Wohngrundstücke sind unter anderem folgende Angaben erforderlich“, erläutert auf Anfrage unserer Redaktion Christiane Pfender-Stracke, Leiterin des Siegener Finanzamts: „Grundstücksfläche, Grundstücksart, Wohnfläche und Baujahr des Gebäudes“.

Die Feststellungserklärung

Eine sogenannte Feststellungserklärung mit diesen Daten müsse dann ab dem 1. Juli, spätestens jedoch bis zum 31. Oktober 2022 digital via Online-Finanzamt eingereicht werden. Wer dort noch kein eigenes Benutzerkonto, also einen eigenen Zugang habe, so Pfender-Stracke, könne sich bereits jetzt unter www.elster.de registrieren.

Die Feststellungserklärung könne im Übrigen „auch über den Zugang von nahen Angehörigen abgegeben werden“, so die Amtsleiterin. Und: „Eine digitale Abgabe kann auch über andere Software-Anbieter erfolgen, wenn diese es anbieten.“ Papiervordrucke könnten zwar beim Finanzamt angefordert werden, jedoch nur „in besonderen Ausnahmefällen“. Das Einreichen von Belegen sei „grundsätzlich nicht vorgesehen“.

Ursula Belz Ulla Belz - Ortsvorsteherin Bad Berleburg. 
Ursula Belz Ulla Belz - Ortsvorsteherin Bad Berleburg.  © Privat | Privat

„Ältere Mitmenschen sollten sich Hilfe in der jüngeren Verwandtschaft suchen oder im Bekanntenkreis, in der Nachbarschaft“, rät Ursula Belz, Ortsvorsteherin in Bad Berleburg. Schließlich gehe es „um sensible Angaben, bei denen am Ende ja auch alles stimmen muss“. Und Jüngere sollten sich vielleicht untereinander helfen.

Die Mahnung

Was passiert eigentlich, wenn man als Grundstückseigentümer die Daten nicht rechtzeitig angibt? „Wenn der Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht mitgeteilt werden, wird an die Abgabe der Erklärung erinnert beziehungsweise gemahnt“, so Christiane Pfender-Stracke weiter. Sei „dies erfolglos, hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen“.

Die drei Bescheide

Auf der Basis der übermittelten Daten werden die Grundstückseigentümer erhalten wie bisher drei Bescheide erhalten: den Grundsteuerwert-Bescheid und den Grundsteuermess-Bescheid des Finanzamts sowie den Grundsteuer-Bescheid der Gemeinde. Aber: „Erst aus dem Grundsteuer-Bescheid der Gemeinde ergibt sich die Zahlungsaufforderung ab dem 1. Januar 2025“, so Pfender-Stracke. Die Grundsteuer berechne sich auch zukünftig in drei Schritten: Grundsteuerwert x Steuermesszahl x Hebesatz.

Steuer höher oder niedriger?

Die bange Frage vieler Eigentümer: Wie werden sich die Grundsteuern vor Ort mit der Reform für mich entwickeln? Eher nach unten oder gar nach oben?

So werden die Bürger über Steuerreform informiert

Die Finanzverwaltung NRW wolle „die Grundsteuerreform maximal bürgerfreundlich umsetzen und die betroffenen Eigentümerinnen und Eigentümer bei der Übermittlung der Daten – wie zum Beispiel des Aktenzeichens, der Grundstücksart und der Grundstücksfläche – unterstützen“, betont Christiane Pfender-Stracke, Leiterin des Finanzamts Siegen. „Dazu werden den Eigentümerinnen und Eigentümern von Wohngrundstücken und Betrieben der Land- und Forstwirtschaft ab Mai alle Informationen und Daten, die der Finanzverwaltung verfügbar sind, in einem individuellen Informationsschreiben zur Verfügung gestellt. Die Daten können nach Prüfung auf Vollständigkeit und Richtigkeit in die Feststellungserklärung übertragen werden.“Darüber hinaus werde es „weitere Unterstützungsmaßnahmen“ geben, so Pfender-Stracke, „wie zum Beispiel eine zentrale Internetseite www.grundsteuer.nrw.de und ab April eine Telefon-Hotline in allen nordrhein-westfälischen Finanzämtern“.

„Ziel der Grundsteuerreform in NRW und auch für die Stadt Bad Berleburg ist eine aufkommensneutrale Umsetzung“, betont Patrick Willkommen, im Bad Berleburger Rathaus Leiter der Abteilung Finanzen. Und das bedeute, „dass in Summe derselbe Gesamtbetrag bei den Steuerpflichtigen erhoben wird und in den städtischen Haushalt fließt wie nach der alten Bewertung“. Im Laufe des Jahres 2024 sollen die Finanzämter, die ja dann „über die alten und neuen Messbeträge aller Objekte verfügen werden“, so Willkommen, den Kommunen den sogenannten aufkommensneutralen Hebesatz mitteilen – als Basis für jenen Hebesatz, den jede Stadt oder Gemeinde für die Grundsteuer B selbst politisch festlegen kann. Er liegt in Bad Berleburg derzeit bei 495 Prozent. Willkommen: „Sollten sich also beispielsweise in Summe die Messbeträge für alle Steuerobjekte erhöhen, wäre der Hebesatz zum 1. Januar 2025 entsprechend zu senken“ – aufkommensneutral.

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Dennoch könne es „auch bei gleichbleibendem Gesamt-Grundsteuer-Aufkommen durchaus der Fall sein, dass Steuerpflichtige nach der Reform zu höheren Grundsteuern herangezogen werden, weil die Bewertung ihres Grundbesitzes aufgrund des sehr lange zurückliegenden, aber bis heute noch angewandten Hauptfeststellungszeitpunktes auf den 1. Januar 1964 nicht mehr den aktuellen Gegebenheiten entspricht“, sagt Bad Laasphes Stadtkämmerer Manfred Zode. „Ebenso können sich – bei Objekten, die aktuell bewertet sind – nach Ermittlung des ab 2025 anzuwendenden Hebesatzes womöglich Minderungen bei der Grundsteuer ergeben.“

Verweis ans Finanzamt

Grundstückseigentümer Michael Kroh hat eher inoffiziell von der Grundsteuer-Reform erfahren – und davon, dass er dafür Daten an das Finanzamt liefern soll. Die Wittgensteiner Rathäuser wollen ihre Eigentümer nicht offiziell über die anstehende Daten-Erhebung informieren. Vielmehr verweisen sie unisono an das Siegener Finanzamt, das sich mit einer Aufforderung ohnehin an die Zielgruppe wende. So überlegt die Stadt Bad Berleburg, Internet-Seiten der Finanzverwaltung zum Thema auf der eigenen städtischen Homepage zu verlinken.