Siegerland. Siegen investiert riesige Summe in Kitas und mehr Betreuungsplätze - aber was bringen 55 Millionen Euro, wenn Personal fehlt? „Wir stoßen an unsere Grenzen“

Die Stadt Siegen investiert aktuell 55 Millionen Euro in die Kindertageseinrichtungen. Zum Kindergartenjahr 2025/2026 sollen zusätzliche Kita-Plätze geschaffen werden. Damit würden insgesamt 3376 Plätze für Kinder ab vier Monaten bis zum Einschulungsalter in Siegen zur Verfügung stehen. Davon wären 2955 Kita-Plätze für Jungen und Mädchen im Alter ab drei Jahren. Das entspräche einer Betreuungsquote von 96,44 Prozent. Die Betreuungsquote für U3-Kinder soll nach Plan auf etwa 45,4 Prozent steigen und würde damit den Höchstwert der vergangenen Jahre erreichen. Gleichzeitig bleiben die Elternbeiträge „nach wie vor auf einem im landesweiten Vergleich sehr niedrigen Niveau“, wird Bürgermeister Steffen Mues in einer Mitteilung zitiert.

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Die Zahlen und Daten der Kita-Planung werden im Jugendhilfeausschuss politisch beraten, am 26. Februar entscheidet der Siegener Rat. Eigentlich gute Nachrichten für Familien mit Kindern, doch was bedeuten die zusätzlich geschafften Kita-Plätze für Erzieherinnen und Erzieher sowie für die Träger, vor allem in Hinblick auf den Fachkräftemangel in Kindergärten und Kindertageseinrichtungen?

Kita-Träger in Siegen: Personalmangel ist ein großes Problem - „stoßen an unsere Grenzen“

Der Fachkräftemangel in Kitas ist nach wie vor ein großes Problem, das auch die Siegerländer Kommunen maßgeblich betrifft. Eine zentrale Herausforderung für die Träger der Kindergärten und Kindertageseinrichtungen ist es, weiterhin ausreichend Kräfte für den Kita-Bereich zu gewinnen und diese vor allem langfristig zu halten. Die hohe Belastung der Erzieherinnen und Erzieher, geringe Bezahlung und unzureichende Wertschätzung des Berufs münden seit Jahren in einen Mangel an ausgebildeten Fachkräften. „Ein weiterer wesentlicher Faktor, der die Situation verschärft, ist die unzureichende Finanzierung des KiTa-Systems“, teilen DRK und AWO Kreisverband Siegen-Wittgenstein in einem gemeinsamen Statement als Teil der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (AGW) mit. Obwohl die Anforderungen und der Bedarf an Betreuungsplätzen – damit einhergehend auch der Bedarf an qualitativem Betreuungspersonal – stetig wachsen, seien die finanziellen Mittel der Wohlfahrtsverbände im Kreis Siegen-Wittgenstein nicht ausreichend, um etwa erforderliche Verbesserungen der Arbeitsbedingungen umzusetzen.

„Der Personalmangel ist ein großes Problem – schon seit Jahren.“

Oliver Berg,
Verwaltungsleiter Kreiskirchenamt Siegen-Wittgenstein

Ein ähnliches Statement kommt auch vom evangelischen Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein auf Anfrage: „Der Personalmangel ist ein großes Problem – schon seit Jahren. Besonders dann, wenn weitere Umstände wie zum Beispiel Krankheitswellen auftreten. Dann haben selbst wir als großer Träger von Kindertageseinrichtungen erhebliche Probleme“, so Verwaltungsleiter Oliver Berg. Es bestehe die Gefahr, dass sich dieser Fachkräftemangel auch auf die Qualität der Betreuung in den Kitas im Siegerland auswirke. „Es müssen ausreichend geeignete Personalkräfte in der Kita sein, um die gesetzlichen Bestimmungen zur Aufsichtspflicht zu erfüllen.“ Ein Mangel an Fachpersonal führe dazu, dass kaum noch ein verlässliches und qualitatives Bildungs- und Betreuungsangebot auf die Beine gestellt werden könne. In den Kitas im Siegerland ist diese Stufe noch nicht erreicht, aktuell gelinge es durch das Engagement der Beteiligten, das hohe Betreuungsniveau aufrechtzuerhalten. „Allerdings stoßen wir an unsere Grenzen“, berichtet die AGW. „Die Gefahr, dass die Qualität langfristig leidet, ist daher nicht von der Hand zu weisen.“

Kitas in Siegen und Umland: Müssen Betreuungszeiten reduziert werden?

Im November 2024 plante die NRW-Landesregierung im Rahmen des Haushaltsentwurfes 2025, erhebliche Einsparungen im Sozialbereich vorzunehmen. Insgesamt sollten knapp 83 Millionen Euro eingespart werden, von den Kürzungen betroffen gewesen wären auch maßgeblich die Kitas. Nach großen Protesten in Düsseldorf, an denen sich viele Erzieherinnen und Erzieher aus dem Siegerland beteiligten, rückte die Landesregierung von ihrem ursprünglichen Entwurf ab. Eine derartige Einsparung im sozialen Bereich hätte „eine weitere Verschlechterung der ohnehin kaum auskömmlichen Refinanzierung des Landes mit nicht absehbaren Konsequenzen in der Trägerschaft“ nach sich gezogen. „Der Haushaltsentwurf, wie er im Herbst letzten Jahres für 2025 von der Landesregierung geplant wurde, sah nicht vor, die bereits vorherrschende Unterfinanzierung der Kitas aufzufangen“.

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Der ursprüngliche Sparplan hätte damit möglicherweise dramatische Auswirkungen gehabt. Durch eine nicht ausreichende Finanzierung kann in den Kitas nicht mehr als die Mindestausstattung an Personal gewährleistet werden, selbst wenn sich der Fachkräftemangel entspannen sollte. Das hätte zur Folge, dass bei weiteren Personalausfällen „eine Einschränkung in der Betreuung unumgänglich sei“, heißt es von Seiten der AGW. Wenn weniger Personal vorhanden ist, kann der Betreuungsschlüssel, das Verhältnis von Kindern zu Fachkräften, nicht eingehalten werden. Um die Qualität der Betreuung zu sichern, müssten Einrichtungen deshalb die Öffnungs- und Betreuungszeiten reduzieren. „Dies wäre eine Option, auf den Mangel zu reagieren. Derzeit setzen wir alles daran, dies nach Möglichkeit zu vermeiden“, versichert Oliver Berg vom evangelischen Kirchenkreis.

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