Netphen. Eigene Autokennzeichen für kleinere Städte: Wie die Fahrzeugzulassungsverordnung in die Netphener Stellenplan-Debatte gerät.
Die Mitteilung, die der für Ordnung und Bürgerbüro zuständige Fachbereichsleiter Manuel Wüst hatte, verschlug dem Hauptausschuss zunächst die Sprache: Prof. Dr. Ralf Bochert vom Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre und Destinationsmanagement an der Hochschule Heilbronn hat die Stadt Netphen, wie 319 andere Städte in Deutschland, angeschrieben, um sie für ein eigenes Autokennzeichen zu interessieren. Fahrzeughalter in Netphen könnten sich demnach für ein „NPH“ an Stelle des „SI“ entscheiden.
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Schon 2012 waren die alten Kennzeichen, die mit kommunalen Neugliederungen untergegangen waren, wieder zugelassen worden – seitdem fahren im Kreis Siegen-Wittgenstein auch Autos mit BLB-Kennzeichen. Eine weitere Änderung der Fahrzeugzulassungsverordnung, zu der das Bundesverkehrsministerium sich bereits wohlwollend geäußert hat, soll das eigene Kennnzeichen nun für alle Kommunen mit mehr als 20.000 Einwohnern ermöglichen. Die Netphener Verwaltungsspitze, so Bürgermeister Paul Wagener, halte ja nichts davon – „aber wenn Sie das wünschen...“ Tatsächlich ist die Initiative fern vom Aprilscherz. Lennestadt (LEN) mache „massiv Werbung“, berichtete der Bürgermeister. Von Kreuztal (KRE) hat man noch nichts gehört.
„Dass ihr euch mit so einem Scheiß beschäftigt“, stöhnte SPD-Fraktionschef Lothar Kämpfer. Womöglich war der Zeitpunkt tatsächlich etwas ungünstig: Denn in derselben Sitzung wollte die Verwaltung grünes Licht für sechs zusätzliche Stellen haben – darunter erstmals auch eine Stelle für einen freigestellten Personalrat, weil die Zahl der Beschäftigten nun über 200 beträgt und damit der entsprechende Anspruch ausgelöst wird.
Braucht Netphen Manager für Klima und Energie?
Nicht der Personalrat, sondern die neuen Stellen für Energiemanagement und Klimaschutzmanagement lösten Diskussionsbedarf aus. „Was soll diese Stelle uns weiterhelfen?“, fragte Alexandra Wunderlich (CDU), als es um den Energiemanager ging. „Wir fragen uns, was wir mit der Stelle anfangen soll“, mit dem Klimaschutzmanager nämlich: „Was soll der hier machen?“ Die CDU-Sprecherin gab die Antwort gleich mit: „Der kostet einen Haufen Geld und macht Vorschläge, die wir nicht bezahlen können.“
„Der kostet einen Haufen Geld und macht Vorschläge, die wir nicht bezahlen können.“
Lothar Kämpfer (SPD) begrüßte dagegen den Vorschlag für den Klimaschutzmanager: „Wir freuen uns, dass die Verwaltung das Thema endlich angeht.“ Silvia Glomski (Grüne) mahnte indes zur Vorsicht – man wisse ja nicht, wie sich das politische Berlin und damit die Fördermittel entwickelten. Klaus-Peter Wilhelm (UWG) hatte eine Idee: Beide Stellen zusammenlegen, den höheren Zuschuss für den Klimaschutzmanager (90 Prozent) in Anspruch nehmen und den gleich das Energiemanagement (Zuschuss: 70 Prozent) miterledigen lassen. Das werde auffallen, wandte Heike Büdenbender, Leiterin der Zentralen Verwaltung, ein: „Dann können wir die Fördermittel gleich mit Zinsen zurückzahlen.“
Hausmeister für Flüchtlingsunterkünfte: „Kein Job für jeden“
„Die Verwaltung füllt sich immer mehr mit Managern“, stellte Manfred Heinz (SPD) fest. Die SPD habe keinen Energiemanager gefordert, sondern ein Energiemanagement, „eigentlich eine Aufgabe für den Immobilienservice“. Um Heizungen richtig einzustellen, bedürfe es keines Hochschulstudiums („Die haben wir schon bei der Kreisverwaltung sitzen“), sondern eher einer handwerklichen Ausbildung. Wie sie Hausmeister haben: Dass eine vierte Hausmeisterstelle für die Gemeinschaftsunterkünfte geschaffen werden soll, war zwar unstrittig. Der richtige Mann dafür (Heike Büdenbender: „Kein Job, der für geeignet ist“) macht die Arbeit auch schon, fehlt dafür jedoch beim Bauhof.
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Ob da gleich eine neue Stelle her müsse oder ob nicht stattdessen Bewohner in den Flüchtlingsunterkünften („Die langweilen sich zu Tode“) den Bauhof unterstützen könnten, fragte Jörg Roth (fraktionslos). So unverbindlich geht das wohl nicht, winkte die Fachbereichsleiterin ab: Da spielen Arbeitsschutz und Qualifikation eine Rolle, und wenn der Einsatz regelmäßig wird, sehr schnell auch der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst. „Nur fürs Rasenmähen?“ , fragte Roth ungläubig.
Netphen muss Pflicht zur hauptberuflichen Feuerwache fürchten
Stadtbrandinspektor Sebastian Reh brachte ein anderes Beispiel, warum Verwaltung nicht einfach ist: Die Bezirksregierung hat der Stadt auferlegt, von den 223 „brandverhütungsschaupflichtigen“ Gebäuden jährlich 86 unter die Lupe zu nehmen. Bisher beauftragt die Stadt dafür nebenberuflich tätige Fachleute, die allerdings erst nach Feierabend Zeit haben. „Aber nach 17 Uhr ist bei der Telekom niemand mehr.“ Nicht 86, sondern nur eine bis zwölf Brandschauen pro Jahr hat die Stadt geschafft. „Wir sind angezählt“, sagte Sebastian Reh. Die Bezirksregierung könnte der Stadt auferlegen, eine Feuerwache hauptamtlich zu besetzen, mit neun Personen rund um die Uhr. Da soll der Brandschutztechniker, den sich die Stadt mit Gebühren der Gebäudeeigentümer bezahlen lassen kann, die billigere Lösung sein.
Abstimmen mochte der Hauptausschuss über den Stellenplan nicht, das macht nächste Woche der Rat. Dann auch über den „Objektbetreuer“, der das Reinigungspersonal der Stadt und der beauftragten Fremdfirmen überwachen soll. „Vielleicht sollte man sich dann eher mal über einen anderen Dienstleister Gedanken machen“, regte Lothar Kämpfer (SPD) an.
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